Zulassung zum Aufstieg in die Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes
Leitsatz
Welcher Schulabschluss Voraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes ist, ist nach dem zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Recht zu beurteilen.
Gesetze: Art 33 Abs 2 GG, § 3 Abs 1 SG, § 17 Abs 1 S 1 WBO, § 21 Abs 2 S 1 WBO, § 17 Abs 1 S 1 Nr 1 SLV 2021, § 21 Abs 1 S 1 Nr 1 SLV 2021
Tatbestand
1Der Antragsteller strebt den Wechsel in die Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes an.
2Der ... geborene Antragsteller hat nach dem Hauptschulabschluss eine Ausbildung zum technischen Zeichner absolviert. Nach freiwilligem Wehrdienst ... bewarb er sich im August 2018 für eine Wiedereinstellung in die Laufbahngruppe der Unteroffiziere als Soldat auf Zeit. Daraufhin unterzog er sich am einer Eignungsfeststellung beim Karrierecenter III. Der Ergebnisbericht der Eignungsfeststellung hielt fest: "Für die Laufbahn der Mannschaften geeignet."
3Im April 2019 wurde er im Dienstgrad eines Gefreiten in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem Dezember 2030 enden. Mit Wirkung vom Januar 2021 wurde er zum Stabsgefreiten und mit Wirkung vom zum Oberstabsgefreiten befördert. Er wird aktuell als ... verwendet.
4Mit Bewerbersofortmeldung vom beantragte der Antragsteller den Wechsel in die Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes als ...feldwebel (...) oder ...feldwebel (...). In dem Antrag erklärte er auch, bereits an einer Eignungsfeststellung im Dezember 2018 teilgenommen zu haben, in der die Eignung "T2" vergeben worden sei.
5Der Disziplinarvorgesetzte des Antragstellers befürwortete den Antrag am . In einer Stellungnahme begründete er diese Einschätzung unter dem wie folgt:
"OGef ... ist seit dem als Wiedereinsteller im ... Er ist ein lebenserfahrener, engagierter und hochmotivierter Soldat, der ihm übertragene Aufträge stets zur vollen Zufriedenheit seiner Vorgesetzten erfüllt. Innerhalb kürzester Zeit hat sich der Soldat zu einem wichtigen Bestandteil im ... entwickelt. Dies zeigt sich auch in der Bereitschaft Aufträge über die Rahmendienstzeit hinaus zum Abschluss zu bringen. Für einen Wechsel in die Laufbahn der Unteroffiziere mit Portepee halte ich ihn für besonders gut geeignet."
6Ein erster ablehnender Bescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom wurde auf Beschwerde des Antragstellers vom durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr unter dem aufgehoben, weil eine Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten nicht eingeholt worden sei. Das Beschwerdeverfahren wurde daraufhin durch das Bundesministerium der Verteidigung mit Bescheid vom insoweit eingestellt, im Übrigen aber als unzulässig zurückgewiesen.
7Auf ein Schreiben des Antragstellers vom ließ das Karrierecenter die Eignungsfeststellung vom durch den Psychologischen Dienst des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr überprüfen, hielt aber an dem Ergebnis fest, was dem Antragsteller mit Schreiben vom mitgeteilt wurde.
8Mit Bescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom wurde eine Beschwerde des Antragstellers vom gegen die Eignungsfeststellung vom als verfristet zurückgewiesen.
9Unter dem erklärte der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte, dass sich zum Antrag auf Laufbahnwechsel keine neueren Erkenntnisse ergeben hätten und er auf die Abgabe einer Stellungnahme verzichte.
10Unter dem wurde der Antrag auf Laufbahnwechsel daraufhin ein zweites Mal abgelehnt. Auf die Beschwerde des Antragstellers vom wurde aber auch dieser Bescheid durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr mit Bescheid vom aufgehoben. Eine Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten sei zwar eingeholt, dem Antragsteller aber nicht eröffnet worden. Mit Bescheid vom stellte das Bundesministerium der Verteidigung auch dieses Beschwerdeverfahren ein, soweit der Ablehnungsbescheid aufgehoben worden war und wies die Beschwerde im Übrigen als unzulässig zurück.
11Unter dem erklärte der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte, dass sich zum Antrag auf Laufbahnwechsel keine neueren Erkenntnisse ergeben hätten und er auf die Abgabe einer Stellungnahme verzichte. Diese Stellungnahme wurde dem Antragsteller am selben Tage ausgehändigt.
12Mit Bescheid vom , dem Antragsteller ausgehändigt am , lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr den Antrag auf Laufbahnwechsel ein drittes Mal ab. Der Antragsteller habe im Rahmen seiner Einstellung an einer allgemeinen Eignungsfeststellung beim Karrierecenter Bundeswehr III teilgenommen, bei der er die Eignung für die angestrebte Feldwebellaufbahn nicht habe nachweisen können. Das Ergebnis der Eignungsfeststellung gelte grundsätzlich zwei Jahre. Eine vorzeitige Einladung zu einer erneuten Eignungsfeststellung sei frühestens nach sechs Monaten möglich, wenn sich signifikante Erkenntnisse über eine positive Leistungs- und Persönlichkeitsentwicklung ergäben. Dies sei aber nicht der Fall.
13Hiergegen beschwerte sich der Antragsteller mit am beim Disziplinarvorgesetzten eingegangenen Schriftsatz vom . Die Stellungnahme seines Disziplinarvorgesetzten vom zeige seine signifikante positive Leistungs- und Persönlichkeitsentwicklung. Die Einschätzung des Karrierecenters beruhe nur auf einem Test und einem zehnminütigen Gespräch. Seine Bewerbung sei fehlerhaft bearbeitet worden. Das Ergebnis der Eignungsfeststellung laufe am aus, so dass eine neue Prüfung erforderlich werde. Durch die falsche Einschätzung des Karrierecenters und des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr werde er beruflich und dienstlich benachteiligt.
14Mit Bescheid vom , dem Antragsteller ausgehändigt am , wies das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde zurück. Er erfülle zwar die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 SLV. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 SLV setze der Laufbahnwechsel aber auch die entsprechende Eignung voraus, die ihm fehle. Der Dienstherr habe im gesetzlichen Rahmen nach militärischer Zweckmäßigkeit ein Verfahren zur Eignungsfeststellung geregelt. Der Test habe bei ihm zu einem negativen Ergebnis geführt. Es komme auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr an. Fehler beim Zustandekommen des Testergebnisses seien nicht konkret vorgetragen.
15Hiergegen hat der Antragsteller mit am selben Tage beim Bundesministerium der Verteidigung eingegangenen Schriftsatz vom , die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom dem Senat vorgelegt.
16Der Antragsteller macht geltend, die Konkretisierung seiner Anträge sei zulässig. Andernfalls seien die ursprünglich gestellten Anträge zu bescheiden. Für das Bestehen seines Anspruchs müsse es wie im Prüfungs- und Berufszulassungsrecht auf den Zeitpunkt ankommen, in dem er ihn außergerichtlich geltend gemacht habe. Dies ergebe sich auch aus dem Gedanken der Folgenbeseitigungslast. Auch bei Betroffenheit Dritter seien nur Rechtsänderungen zu seinem Vorteil zu berücksichtigen. Er erfülle alle Anforderungen aus § 19 Abs. 1 Satz 1 SLV a.F. Als lex specialis regele diese Norm die Zulassung zur Feldwebellaufbahn abschließend. Auf eine Eignungsprüfung komme es hiernach nicht an. § 6 SLV a.F. regele nur einen Mindeststandard für die Auswahl unter mehreren Bewerbern, um die es hier nicht gehe. Selbst wenn § 6 SLV a.F. nicht verdrängt werde, stehe seine Befähigung für die Feldwebellaufbahn im Hinblick auf die Stellungnahme seines Disziplinarvorgesetzten vom 17./ und die Einschätzung des nächsthöheren Vorgesetzten vom fest. Wegen der Stellungnahme des Kompaniechefs habe der Bataillonskommandeur auf eine gesonderte Stellungnahme verzichtet und damit die Einschätzung des Kompaniechefs, der Antragsteller sei für den Laufbahnwechsel geeignet, bestätigt. Mangels einer dienstlichen Beurteilung rücke die Stellungnahme des Kompaniechefs an deren Stelle. Sie enthalte signifikante Erkenntnisse über seine positive Leistungs- und Persönlichkeitsbeurteilung. Nr. 203, 204 und 207 ZDv A-1340/50 seien wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG nichtig. Der Ergebnisbericht zur Eignungsfeststellung vom könne ihm nicht entgegengehalten werden. Er verhalte sich nicht zu seiner Befähigung für die Zulassung zur Feldwebellaufbahn. Hierfür müsse er nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SLV im Dienst beurteilt werden. Schon nach der Überschrift des Ergebnisberichts sei dieser nur auf die Eignung für Mannschaftsdienstgrade und Dienstgrade von Unteroffizieren ohne Portepee bezogen und sage nichts über die Eignung für die Feldwebellaufbahn aus. Jedenfalls sei die Feststellung nicht schlüssig und nachvollziehbar und durch die spätere Beurteilung des Kompaniechefs vom 17./ verdrängt und widerlegt. Angesichts seiner selbständigen Tätigkeiten vom Mai 2015 bis März 2018 sei die Einschätzung seines Planungsverhaltens und Führungspotentials nicht nachvollziehbar. Dass sein Planungsverhalten besser sei, habe er als ...soldat in ... bewiesen. Von seiner höheren Sprachkompetenz hätten sich militärische Vorgesetzte im ...zug überzeugen können. Die Stellungnahme seines Kompaniechefs vom widerlege die Bewertung des Eignungsberichts in den Punkten Entwicklungspotential, Sozialkompetenz, Leistungsmotivation und Gewissenhaftigkeit. Im Lichte dieser Stellungnahme sei er in den genannten Kriterien sowie in den Kriterien psychische Belastbarkeit, Verhaltensstabilität und Bewältigungsverhalten mit gut zu bewerten. Gut oder vollbefriedigend sei seine Eignung in den Bereichen Planungsverhalten und Führungspotential. Englischkenntnisse würden für die Feldwebellaufbahn keine Rolle spielen. Die Eignungsfeststellung sei zudem wegen Verstoßes gegen § 19 SLV unwirksam. Aus der Stellungnahme des Disziplinarvorgesetzten vom 17./ ergäben sich signifikante Erkenntnisse über die positive Leistungs- und Persönlichkeitsentwicklung des Antragstellers. Die Bereichsvorschrift C1-1420/13-1300 sei wegen Verstoß gegen höherrangiges Recht nicht anwendbar. Ihre Nr. 316 verstoße gegen das Verbot der Altersdiskriminierung nach der Richtlinie 2000/78/EG und § 7 AGG i.V.m. §§ 1, 2, 5, 10, 24 AGG. Die Nummer 201 der Bereichsvorschrift C1-1355/0-5020 verstoße gegen § 19 SLV. Da es sich um unterschiedliche Laufbahnen handele, impliziere die Nichteignung für die Laufbahn der Unteroffiziere ohne Portepee zudem nicht eine Nichteignung für die Feldwebellaufbahn. Die Feststellung vom könne nichts über einen dienstlichen Laufbahnwechsel aussagen, weil sie erfolgt sei, als er noch gar nicht Soldat gewesen sei. Der Eignungsbericht sei vom Empfängerhorizont eines Mannschaftssoldaten zu interpretieren und damit nicht auf die Eignung für die Feldwebellaufbahn bezogen. Die negative Eignungsfeststellung sei zudem nicht bestandskräftig geworden, weil sie mangels Bekanntgabe nicht wirksam geworden sei.
17Der Antragsteller beantragt,
1. den Ablehnungsbescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom in der Gestalt des Beschwerdebescheides des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr (gemeint: Bundesministeriums der Verteidigung) vom aufzuheben,
2. hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller zur Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes (...feldwebel im Uniformträgerbereich ... für eine Verpflichtungszeit von zumindest 13 Jahren) zuzulassen,
hilfsweise wiederum dazu, die Antragsgegnerin zu verpflichten, über den Antrag des Antragstellers auf Zulassung zur Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes (...feldwebel im Uniformträgerbereich ... für eine Verpflichtungszeit von zumindest 13 Jahren) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
18Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
19Der Antrag sei teilweise unzulässig, insoweit es an der Identität mit dem Vorverfahren fehle. Der Antragsteller habe nur die Zulassung zur Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes in einzelnen konkreten Verwendungen und für eine bestimmte Weiterverpflichtungszeit beantragt. Die im gerichtlichen Verfahren vorgenommene Antragsänderung sei unzulässig. Für die konkret beantragten Feldwebelverwendungen sei die Berufsausbildung des Antragstellers nicht verwertbar. Der ... geborene Antragsteller könne bis zum Erreichen der Altersgrenze nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SG die Mindestverpflichtungszeit von 13 Jahren nach Nr. 317 der Bereichsvorschrift C1-1420/13-1300 und erst recht die Regelverpflichtungszeit von 15 Jahren nach Nr. 316 der Bereichsvorschrift C1-1420/13-1300 nicht ableisten. Die gesetzliche Frist werde unter Berücksichtigung seines ursprünglichen Antrages überschritten. Eine Altersdiskriminierung liege nicht vor. Er sei für den Laufbahnwechsel außerdem nicht geeignet. § 19 SLV a.F. regele diesen nicht abschließend. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 SLV a.F. setze der Laufbahnwechsel eine entsprechende Befähigung voraus. Diese sei in einem Verfahren zu bestimmen, dass der Dienstherr nach Maßgabe militärischer Zweckmäßigkeit durch die Allgemeine Regelung (AR) A-1333/16 und die Bereichsvorschrift C1-1355/0-5020 geregelt habe und auch über gesetzliche Zulassungsvoraussetzungen hinaus regeln dürfe. Hiernach sei eine Eignungsuntersuchung in einem Karrierecenter der Bundeswehr erforderlich. Diese habe der Antragsteller am mit negativem Ergebnis für die Feldwebellaufbahn absolviert. Das Ergebnis gelte für zwei Jahre. Frühestens nach sechs Monaten sei eine Wiederholungsprüfung möglich, wenn es signifikante Erkenntnisse über eine positive Leistungs-/Persönlichkeitsentwicklung gebe. Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr habe den nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten zur Stellungnahme aufgefordert. Er habe aber keine neuen Erkenntnisse gesehen und auf eine Stellungnahme verzichtet. Damit sei nicht die Eignung des Antragstellers für den Laufbahnaufstieg, sondern seine Nichteignung bestätigt worden. Der Ergebnisbericht des Eignungsfeststellungsverfahrens sei bestandskräftig geworden. Er impliziere auch die Nichteignung des Antragstellers für die Feldwebellaufbahn. Eine Beurteilung sei nach § 2 SLV, Nr. 203, Nr. 207 ZDv A-1340/50 nicht einzuholen gewesen.
20Mit dem Inkrafttreten von § 21 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SLV n.F. am komme der Antragsteller mangels eines Realschulabschlusses nicht mehr für den Laufbahnaufstieg in Betracht. Dies habe für einen Anspruch auf Neubescheidung Bedeutung. Ungeachtet dessen seien aber auch der Ablehnungsbescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr und der Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung rechtmäßig. Den Ablehnungsbescheid rechtfertige die Bestandskraft der im Zeitpunkt dieser Entscheidung noch geltenden Eignungsfeststellung des Karrierecenters. Der Beschwerdebescheid sei trotz des Ablaufes der Geltungsdauer der Eignungsfeststellung rechtmäßig, weil die Verwendungsdauer von 15 Jahren innerhalb der gesetzlichen Altersgrenze des § 40 Abs. 1 Satz 1 SG nicht abzuleisten gewesen sei. Während der Pandemie gelte nach der Handreichung des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom abweichend von der Bereichsvorschrift C1-1355/0-5020 ein vereinfachtes Eignungsfeststellungsverfahren. Hiernach würden nur noch in eine zivilberufliche Aus- und Weiterbildung einzusteuernde Soldaten auf ihre Ausbildungseignung untersucht. Entschieden würde auf der Grundlage schriftlicher Stellungnahmen von Disziplinarvorgesetzten nach Einbindung der personalbearbeitenden Stelle.
21Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Gründe
22Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
231. Der Antrag ist zulässig. Als die Entscheidung über die Laufbahnzulassung vorbereitende Zwischenentscheidung unterliegen dabei auch die Ergebnisse des Eignungsfeststellungsverfahrens der inzidenten Überprüfung durch das Wehrdienstgericht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 35.18 - juris Rn. 16 und vom - 1 WB 10.19 - juris Rn. 15).
24Zwar weist das Bundesministerium der Verteidigung zutreffend darauf hin, dass Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) die inhaltliche Identität zwischen dem Gegenstand des gerichtlichen Antragsverfahrens und dem des vorgerichtlichen Beschwerdeverfahrens ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 59.13 - Buchholz 450.1 § 23a WBO Nr. 2 Rn. 36, vom - 1 WB 15.17 - juris Rn. 23 und vom - 1 WB 26.18 - juris Rn. 15). Jedoch ist dem Antrag - auch in der im Schriftsatz vom formulierten Fassung - zu entnehmen, dass der Antragsteller sich gegen die Ablehnung seiner Bewerbersofortmeldung vom wenden und den dort gestellten Antrag weiterverfolgen will. Mit diesem Ziel ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zulässig, da dies auch Gegenstand seiner Beschwerde war. Dass ein solcher Antrag - gerichtet auf die Aufhebung des dritten Ablehnungsbescheides vom und des dritten Beschwerdebescheides vom - sowie die Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung, ihn zum Laufbahnaufstieg in einem der beantragten Werdegänge zuzulassen, hilfsweise hierüber unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, gestellt werden soll, ist dem Vorbringen des Antragstellers ohne Weiteres zu entnehmen (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 86 Abs. 3 VwGO). Um eine im Antragsverfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung nicht zulässige Antragsänderung ( 1 WNB 4.18 - Buchholz 449.7 § 19 SBG Nr. 1 Rn. 4) handelt es sich daher nicht.
252. Der Verpflichtungsantrag ist aber auch in der Form des hilfsweise gestellten Neubescheidungsbegehrens unbegründet. Denn der Antragsteller hat nach Maßgabe des im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Rechts infolge einer Änderung der Soldatenlaufbahnverordnung keinen Anspruch auf Zulassung zum Aufstieg in die Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes mehr. Das Bundesministerium der Verteidigung ist daher nicht verpflichtet, den Antragsteller zum Laufbahnaufstieg zuzulassen oder unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über seinen Antrag auf Laufbahnaufstieg zu entscheiden (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 4 WBO). Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf eine isolierte Aufhebung der seinen Anspruch ablehnenden Bescheide.
26a) Als Entscheidung über die Zulassung zu einer höherwertigen Laufbahn unterliegt der Aufstieg von Mannschaften in eine Feldwebellaufbahn dem Grundsatz der Bestenauslese ( 1 WB 10.19 - juris Rn. 18 m.w.N.). Aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG folgt dabei ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der Bewerbern um die Laufbahnzulassung ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in die Bewerberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch den Grundsatz der Bestenauslese gedeckt sind (vgl. 1 WB 8.18 - BVerwGE 164, 290 Rn. 18).
27Gemäß der aufgrund von § 93 Abs. 1 Nr. 2 SG erlassenen Vorschrift des § 19 Abs. 1 SLV in der vor dem geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) können Mannschaften aller Laufbahnen zu einer Laufbahn der Feldwebel zugelassen werden, wenn sie sich in einem Gefreitendienstgrad befinden, eine Hauptschule mit Erfolg besucht oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsstand erworben haben und über einen förderlichen Berufsabschluss verfügen; zugelassen werden kann auch, wer sich in einem Gefreitendienstgrad befindet und das Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Realschule oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsstand besitzt. Gleiches ergibt sich aus Nr. 539 Satz 1 i.V.m. Nr. 531 Punkt 2 und 3 der vom Bundesministerium der Verteidigung aufgrund der Ermächtigung in § 44 SLV a.F. erlassenen Zentralen Dienstvorschrift über "Beförderung, Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten" (ZDv A-1340/49).
28Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SLV in der seit dem geltenden Fassung können Mannschaften aller Laufbahnen, die mindestens den Dienstgrad "Gefreiter" erreicht haben, in eine Laufbahn der Feldwebel aufsteigen, wenn die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SLV erfüllt sind. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SLV kann als Anwärter für die Laufbahn der Feldwebel u.a. des allgemeinen Fachdienstes eingestellt werden, wer mindestens den Realschulabschluss oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsstand besitzt.
29Über diese konkret normierten Zulassungsvoraussetzungen hinaus ist der Dienstherr befugt, innerhalb des Rahmens von Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG weitere Kriterien und Verfahren zur Feststellung der Eignung der Bewerber für die Laufbahnzulassung vorzusehen. Deren Festlegung ist grundsätzlich eine Frage militärischer Zweckmäßigkeit, die insoweit keiner inhaltlichen Nachprüfung durch die Wehrdienstgerichte unterliegt (vgl. 1 WB 19.07 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 44 Rn. 30). Insbesondere liegt es in der Personalorganisationshoheit des Bundesministeriums der Verteidigung, ob es in das Zulassungsverfahren zusätzliche Erkenntnisquellen einführt, die neben den verschiedenen Beurteilungsarten und bestimmten fachlichen Prüfungsergebnissen ergänzende prognostische Aussagen über die Eignung der Bewerber für die angestrebte Laufbahn leisten können (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 38.10 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 61 Rn. 40 und vom - 1 WB 48.17 - Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 7 Rn. 29).
30b) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist für einen - auch hier in Rede stehenden - Verpflichtungsantrag grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich ( 1 WB 7.09 - Buchholz 11 Art. 3 Abs. 1 GG Nr. 18 Rn. 25 m.w.N.). Mit einem Verpflichtungs- oder Bescheidungsbegehren kann ein Antragsteller nur dann Erfolg haben, wenn er im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung einen Anspruch auf das Begehrte hat. Ob ein solcher Anspruch besteht, beurteilt sich nach dem materiellen Recht, dem nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen des Anspruchs selbst, sondern auch die Antwort auf die Frage zu entnehmen ist, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen ( 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 46).
31Ist während des Verfahrens eine Rechtsänderung zuungunsten des Antragstellers eingetreten, kommt es darauf an, ob die Neufassung der Norm einen durch das alte Recht etwa begründeten Anspruch beseitigt oder unberührt gelassen hat ( 8 C 17.87 - BVerwGE 84, 157 <160> und vom - 6 C 4.95 - BVerwGE 100, 346 <348>). Dies gilt auch dann, wenn die Verwaltung den Erlass des beantragten Verwaltungsakts rechtswidrig abgelehnt hat, diese Entscheidung aber von einer danach in Kraft getretenen Rechtsänderung gedeckt wird. Auch hier kann das Gericht die Verwaltung nur dann zum Erlass des Verwaltungsaktes oder zur erneuten Entscheidung darüber verurteilen, wenn das neue Recht für diese Fälle die Anwendung des alten Rechts anordnet oder einen Anspruch für derartige Fälle einräumt ( 2 C 11.15 - BVerwGE 156, 180 Rn. 13 f.).
32Auch im Falle eines Verpflichtungs- oder Bescheidungsbegehrens kann das materielle Recht auf einen Zeitpunkt vor der gerichtlichen Entscheidung abstellen, etwa im Falle von Konkurrentenstreitigkeiten um förderliche Dienstposten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 47 und vom - 1 WDS-VR 4.19 - Rn. 29) oder bei Auswahlentscheidungen über den Aufstieg in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes oder des Truppendienstes, die für bestimmte Auswahljahrgänge nach Maßgabe einer Reihung der Bewerber nach Leistungsgesichtspunkten und damit nach Maßgabe eines an einem bestimmten Stichtag durchgeführten Bewerbervergleichs für den konkreten Zeitabschnitt eines Auswahljahres getroffen werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 8.18 - BVerwGE 164, 290 und vom - 1 WDS-VR 13.19 - juris).
33In Bezug auf Kriterien, die einem prognostischen Akt wertender Erkenntnis unterliegen, der nur eingeschränkt gerichtlich nachprüfbar ist und maßstabsbildende Elemente enthält, die der Dienstherr im Hinblick auf den zu besetzenden Dienstposten selbst festlegt, ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung abzustellen. Handelt es sich allerdings um die Frage, ob einem Antrag im Hinblick auf ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal aus Rechtsgründen stattgegeben werden muss oder nicht stattgegeben werden darf, ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung der gerichtlichen Tatsacheninstanz abzustellen (vgl. 2 C 45.03 - BVerwGE 121, 140 <143 f.>).
34c) Hiernach ist für die Entscheidung über die Zulassung zur Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes nach Maßgabe des materiellen Rechts für die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermessensentscheidung des Dienstherrn über die Zulassung auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen. Hat der Antragsteller infolge einer Rechtsänderung keinen Anspruch auf Zulassung mehr, so bleibt sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung - wie hier - ohne Erfolg, auch wenn er im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidungen rechtswidrig abgelehnt worden ist.
35Die hier in Rede stehende Entscheidung stellt nicht auf ein bestimmtes Auswahljahr ab und sie erfolgt auch nicht nach Maßgabe einer Reihung von Bewerbern bezogen auf einen konkreten Stichtag. Die Bewerbersofortmeldung des Antragstellers vom ist nicht auf ein einzelnes Auswahljahr bezogen. Auch der Ablehnungsbescheid vom und der Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom nehmen nicht Bezug auf die Zulassung für ein bestimmtes Auswahljahr oder einen konkreten Stichtag, zu dem für bestimmte Auswahljahre eine Reihung der Bewerber oder die Entscheidung einer Auswahlkonferenz erfolgt. Es handelt sich daher weder um einen zeitgebundenen Anspruch noch um eine Auswahlentscheidung in einer komplexen Konkurrenzsituation.
36§ 51 SLV enthält zwar Übergangsbestimmungen, nach denen für einzelne Entscheidungen nicht auf die aktuelle Fassung der Soldatenlaufbahnverordnung abzustellen ist. Für Entscheidungen über die Zulassung zum Laufbahnaufstieg sind solche Übergangsvorschriften allerdings hiernach nicht vorgesehen. Damit verlangt das materielle Recht eine Entscheidung auf der Grundlage der aktuell geltenden Bestimmungen. Hiernach setzt die Verpflichtung des Dienstherrn, den Antragsteller zum beantragten Laufbahnaufstieg zuzulassen oder hierüber erneut zu entscheiden, voraus, dass der Antragsteller auch nach Maßgabe der aktuell geltenden Soldatenlaufbahnverordnung zum Laufbahnaufstieg zugelassen werden kann. Da das vom Antragsteller unter dem eingeleitete Antragsverfahren mangels einer bestandskräftigen Entscheidung noch nicht abgeschlossen ist, handelt es sich hier um eine - grundsätzlich zulässige - unechte Rückwirkung. Dieser steht im konkreten Fall auch schutzwürdiges Vertrauen des Antragstellers nicht entgegen, da er eine Entscheidung zu seinen Gunsten zu keinem Zeitpunkt erhalten hatte. Dieser Umstand unterscheidet diesen Fall auch von der - vom Antragsteller in Bezug genommenen - Fallkonstellation eines von einem benachteiligten Dritten angefochtenen Verwaltungsaktes mit Doppelwirkung. Ein Antragsteller, der bereits im Besitz eines ihn begünstigenden Verwaltungsaktes ist, hat schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass ihm diese Position auch nach einer Rechtsänderung zu seinen Lasten auf einen Rechtsbehelf eines Dritten hin nicht wieder entzogen werden kann. Hier hatte der Antragsteller aber nie eine Position erlangt, auf deren Bestand er hätte vertrauen können.
37Zwar kommt es für den prognostischen Akt wertender Erkenntnis hinsichtlich der Eignung eines Bewerbers für den Laufbahnaufstieg grundsätzlich auf den Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung an. Dies gilt aber nicht für solche tatbestandlichen Voraussetzungen des Laufbahnaufstieges, die gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar sind und dem Anspruch aus Rechtsgründen entgegen stehen. Daher sind eingetretene Rechtsänderungen in Bezug auf zwingende Voraussetzungen des Laufbahnaufstieges in einer gerichtlichen Tatsacheninstanz - wie hier - zu beachten.
38Etwas anderes folgt entgegen der Einschätzung des Antragstellers auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Folgenbeseitigungslast. Diese wäre zwar im Rahmen der - auch durch § 21 Abs. 1 SLV eröffneten - Ermessensausübung zu berücksichtigen. Ermessen ist allerdings nur dann eröffnet, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Laufbahnzulassung vorliegen. Die Folgenbeseitigungslast hilft nicht über die Nichterfüllung von zwingenden tatbestandlichen Voraussetzungen für den Laufbahnaufstieg - hier die Anforderungen an den Schulabschluss - hinweg.
39d) Hiernach hat der Antragsteller nach Maßgabe des zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Rechts schon deshalb keinen Anspruch auf Zulassung zum Aufstieg in die Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes, weil er mangels eines Realschulabschlusses unstreitig nicht über die formalen Zulassungsvoraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SLV i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 SLV verfügt.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2022:260122B1WB31.21.0
Fundstelle(n):
MAAAI-60639