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LSG Berlin-Brandenburg Urteil v. - L 11 SB 205/21

Gesetze: § 152 SGB IX; § 20 SGB I0; § 131 Abs 5 SGG; § 159 Abs 1 Nr 1 SGG

Leitsatz

Leitsatz:

1. Hat das Sozialgericht gestützt auf § 131 Abs. 5 SGG zu Unrecht den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Sache an die Verwaltung zurückverwiesen, ohne eine eigentliche Sachprüfung vorzunehmen, ist Rechtsgrundlage für eine Zurückverweisung § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG.

2. An die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zurückverweisung gemäß § 131 Abs. 5 SGG an die Verwaltung sind strenge Anforderungen zu stellen.

3. Das Einholen eines medizinischen Sachverständigengutachtens für das Gericht ist regelmäßig nicht mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Denn eine solche Ermittlungstätigkeit ist für die alltägliche Arbeit der Sozialgerichte geradezu typisch, weshalb sie auch in § 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG beispielhaft aufgezählt ist.

4. Soweit das Sozialgericht von der Notwendigkeit der Einholung von (mindestens) zwei Sachverständigengutachten ausgeht, ist der Aufwand ebenfalls in der Regel nicht erheblich. Denn der Ermittlungsaufwand ist nicht wesentlich höher als wenn nur ein Gutachten eingeholt wird, zumal die Beweisfragen regelmäßig dieselben sind. Zudem gehört auch die Einholung von mehr als einem Gutachten gleichsam zum „Tagesgeschäft“ im sozialgerichtlichen Verfahren, zumal bestimmte Krankheitskombinationen – etwa orthopädische Leiden und daneben bestehende psychische Leiden in Form einer Schmerzerkrankung – durchaus geläufig sind.

5. Sachdienlichkeit einer Zurückverweisung ist anzunehmen, wenn die Behörde nach ihrer personellen und sachlichen Ausstattung die erforderlichen Ermittlungen inhaltlich besser und schneller durchführen kann als das Gericht und es auch unter übergeordneten Gesichtspunkten sachgerechter ist, die Behörde tätig werden zu lassen.

6. Allerdings bedarf die Berücksichtigung der Belange der Beteiligten, die sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet, bei Verpflichtungsklagen und kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen besonderer Prüfung, weil in diesem Fall das Bedürfnis des Klägers an einer baldigen abschließenden gerichtlichen Entscheidung stärker ist als bei einer reinen Anfechtungsklage. Übergeordnete Gesichtspunkte, die es rechtfertigen, dass der jeweilige Kläger bei Verpflichtungsklagen oder kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen mit der Verzögerung des Rechtsstreits belastet wird, setzen daher in der Regel ein gravierendes Ermittlungsdefizit voraus, das im Interesse der Allgemeinheit an einer funktionierenden Verwaltung nicht mehr hinnehmbar ist.

Fundstelle(n):
MAAAI-60412

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LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 09.03.2022 - L 11 SB 205/21

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