Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen und Rückzahlung von Nennkapital durch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften
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Zu der Frage der Anerkennung einer Einlagenrückgewähr aus Drittstaaten-Kapitalgesellschaften hat der BFH in mehreren Entscheidungen Stellung genommen.
Zur Rechtslage vor Einführung des § 27 Absatz 8 KStG hat der BFH mit den Urteilen vom , I R 117/08, BStBl 2022 II S. 254, und vom , VIII R 73/13, BStBl 2022 II S. 271, entschieden, dass im Fall einer Drittstaaten-Kapitalgesellschaft eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr vorliegen kann, sofern unter Heranziehung des einschlägigen ausländischen Handels- und Gesellschaftsrechts von einer Rückzahlung aus einer Kapitalrücklage bzw. von der Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen auszugehen sei.
Im Urteil vom , VIII R 47/13, BStBl 2022 II S. 263, hat der BFH für die Rechtslage nach Einführung des § 27 Absatz 8 KStG entschieden, dass eine Einlagenrückgewähr auch von einer Gesellschaft getätigt werden kann, die in einem Drittstaat ansässig ist und für die kein steuerliches Einlagekonto nach § 27 KStG geführt wird. Diese Auffassung hat der BFH mit Urteil vom , I R 15/16, BStBl 2022 II S. 266, bestätigt und in Fortentwicklung seiner Rechtsprechung entschieden, dass zwar die Höhe des ausschüttbaren Gewinns einer Drittstaatengesellschaft nach dem jeweiligen ausländischen Handels- und Gesellschaftsrecht zu ermitteln ist, seine Verwendung und damit auch die (nachrangige) Rückgewähr von Einlagen jedoch der gesetzlichen Verwendungsfiktion des § 27 Absatz 1 Satz 3 und 5 KStG unterliegt. Da im Körperschaftsteuergesetz für die Einlagenrückgewähr von Drittstaaten-Gesellschaften kein gesondertes Feststellungsverfahren vorgesehen ist, können die damit zusammenhängenden Fragen nur im Rahmen der jeweiligen Festsetzungsverfahren der Gesellschafter geklärt werden.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind diese Rechtsprechungsgrundsätze wie folgt anzuwenden:
I. Drittstaaten
Leistungen einer Körperschaft oder Personenvereinigung, die im Zeitpunkt der Leistung nicht im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) Anwendung findet, der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, sind nach den folgenden Grundsätzen zu beurteilen. Hierbei sind folgende Fälle der Einlagenrückgewähr zu unterscheiden:
1. Nennkapitalrückzahlungen
Für Fälle der Nennkapitalrückzahlung ist § 7 Absatz 2 KapErhStG anzuwenden. Das tatsächliche Vorliegen einer Nennkapitalrückzahlung ist durch geeignete Unterlagen (insbesondere den Beschluss über die Nennkapitalherabsetzung und -rückzahlung) nachzuweisen.
Eine in einem Drittstaat ansässige Kapitalgesellschaft wird im Jahr 2010 von dem inländischen Alleingesellschafter A gegen Bareinlage von 1.000 (Nennkapital 600, Kapitalrücklage 400) gegründet. Im Jahr 2012 hat die Gesellschaft ihr Nennkapital durch Umwandlung der Kapitalrücklage um 400 erhöht. In den Jahren 2014 und 2018 wird das Nennkapital jeweils um 200 herabgesetzt und im jeweiligen Jahr an A ausgekehrt.
Die steuerliche Behandlung der Nennkapitalrückzahlungen beim Gesellschafter richtet sich nach § 7 Absatz 2 KapErhStG. Danach gilt nur die innerhalb der Fünfjahresfrist erfolgte Nennkapitalauskehrung im Jahr 2014 beim inländischen Gesellschafter als Einkünfte nach § 20 Absatz 1 Nummer 1 EStG. Die Rückzahlung von Nennkapital im Jahr 2018 ist nicht steuerbar und führt zu einer Minderung der Anschaffungskosten der Beteiligung des A.
2. Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen
Die Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen kann als Einlagenrückgewähr im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 3 EStG zu qualifizieren sein.
Die Höhe des ausschüttbaren Gewinns, das gezeichnete Kapital und die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen (z.B. Kapitalrücklage) sind aus der ausländischen Handelsbilanz abzuleiten, die dem Jahr der Leistung an den Anteilseigner vorausgeht. Eine nach deutschem Recht aufgestellte Handelsbilanz sowie eine Überleitungsrechnung ins deutsche Steuerrecht in analoger Anwendung des § 60 Absatz 2 EStDV ist nicht erforderlich.
a) Ermittlung der Einlagenrückgewähr der Höhe nach
Es findet die Verwendungsreihenfolge des § 27 Absatz 1 Satz 3 und 5 KStG entsprechende Anwendung. Ein Direktzugriff auf den Betrag der Einlagen ist nicht zulässig.
b) Erforderliche Unterlagen und Nachweise
Vom Anteilseigner sind für die Feststellung einer Einlagenrückgewähr folgende Angaben und Unterlagen in deutscher Sprache vorzulegen:
Nachweis über die unbeschränkte Steuerpflicht der ausschüttenden Körperschaft oder Personenvereinigung in einem Drittstaat für den beantragten Zeitraum,
Höhe der Beteiligung des inländischen Anteilseigners,
Beschlüsse und Nachweise über die geleistete Ausschüttung,
ausländische Bilanz der die Leistung erbringenden Gesellschaft.
Neben diesen Unterlagen können im Einzelfall weitere Angaben, Unterlagen oder Nachweise angefordert werden.
Eine Umrechnung der Leistungen in Euro erfolgt im Zeitpunkt der tatsächlichen Durchführung auf Ebene der ausschüttenden Gesellschaft. Die Leistungen in ausländischer Währung sind mit dem Mittelwert des Devisengeldkurses auf den Stichtag des Abflusses bzw. Abgangs zu bewerten.
II. EWR-Staaten
Auf Körperschaften oder Personenvereinigungen, die im Zeitpunkt der Leistung in einem Staat, auf den das EWR-Abkommen Anwendung findet, der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen (EWR-Körperschaften), finden grundsätzlich die Regelungen des § 27 Abs. 8 KStG Anwendung.
Auf Leistungen einer EWR-Körperschaft sind die oben dargestellten Grundsätze entsprechend anzuwenden, wenn die Körperschaft oder Personenvereinigung selbst keinen wirksamen
Antrag zur Feststellung der jeweiligen Leistung als Einlagenrückgewähr nach § 27 Abs. 8 KStG gestellt hat.
III. Anwendung
Dieses Schreiben findet in allen noch offenen Fällen Anwendung.
Zusatz der OFD Frankfurt/M.:
Nach § 27 Abs. 8 KStG können Körperschaften aus EU-Mitgliedstaaten einen Antrag auf gesonderte Feststellung einer Einlagenrückgewähr stellen. Für Körperschaften aus EWR-Staaten, die nicht zugleich Mitgliedstaaten der EU sind (Island, Liechtenstein und Norwegen), wurde mit ebenfalls die Möglichkeit eröffnet, einen Antrag nach § 27 Abs. 8 KStG zu stellen.
Im vorliegenden BMF-Schreiben wird unter Punkt „II. EWR-Staaten“ die Möglichkeit eröffnet, dass Gesellschafter von Körperschaften aus EWR-Staaten – wie Gesellschafter von Drittstaaten-Kapitalgesellschaften – eine Einlagenrückgewähr im Rahmen ihres Veranlagungsverfahrens nachweisen können, wenn die EWR-Körperschaft selbst keinen Antrag gestellt hat. Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR) ist als Wirtschaftsraum eine vertiefte Freihandelszone zwischen der EU und den drei Ländern Island, Liechtenstein und Norwegen. Daher sind auch alle EUMitgliedstaaten zugleich EWR-Staaten.
Das vorliegende BMF-Schreiben eröffnet jedoch nicht die Möglichkeit, dass auch Gesellschafter von EU-Gesellschaften, wenn diese keinen Antrag nach § 27 Abs. 8 KStG gestellt haben, selbst eine Einlagenrückgewähr nachweisen können.
Die Finanzverwaltung regelt im vorliegenden BMF-Schreiben Konstellationen, für die keine gesetzlichen Regelungen bestehen, aber ein Regelungsbedürfnis besteht. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass eine individuelle Nachweismöglichkeit einer Einlagenrückgewähr für Gesellschafter von EU-Gesellschaften, wenn diese Gesellschaften keinen Antrag nach § 27 Abs. 8 KStG gestellt haben, in diesem Schreiben nicht beabsichtigt ist.
Im Übrigen unterscheidet das BMF-Schreiben unter I. im ersten Absatz drei Ländergruppen: Inländische Gesellschaften, EU-Gesellschaften und EWR-Gesellschaften. Diese Unterteilung erstreckt sich folglich bei den EWR-Gesellschaften nur auf Gesellschaften in Staaten, die nicht zur EU gehören. Wenn im BMF-Schreiben unter II. auf EWR-Staaten abstellt wird, sind nur Staaten gemeint, die keine EU-Staaten sind.
Inhaltlich gleichlautend
BMF v. - IV C 2 - S 2836/20/10001: 002
OFD Frankfurt/M. v. - S 2836 A -
2 - St 519
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2022 I Seite 647
DB 2022 S. 1105 Nr. 18
DStR 2022 S. 841 Nr. 17
EStB 2022 S. 303 Nr. 8
GStB 2022 S. 15 Nr. 5
GmbH-StB 2022 S. 212 Nr. 7
IStR 2022 S. 475 Nr. 13
WPg 2022 S. 701 Nr. 12
NAAAI-60228