Online-Nachricht - Donnerstag, 21.04.2022

Verfahrensrecht / Umsatzsteuer | Organträger als Erstattungsberechtigter (BFH)

Es kommt nicht darauf an, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt worden ist, sondern nur darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, so wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem FA gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte. Dies gilt auch im Fall einer vermeintlichen Organschaft (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 AO derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags.

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über den Erstattungsanspruch eines vermeintlichen Organträgers in Bezug auf Umsatzsteuervorauszahlungen, die von einem Konto der vermeintlichen Organgesellschaft eingezogen worden sind.

In den Jahren 2004 bis 2008 hatte die Klägerin, eine GbR, wesentliche Betriebsgrundlagen an die GmbH vermietet. Sowohl die Klägerin als auch das FA hatten damals angenommen, dass zwischen der Klägerin und der GmbH eine umsatzsteuerliche Organschaft i. S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bestehe, mit der Klägerin als Organträgerin und der GmbH als Organgesellschaft. Die für die Jahre 2004 bis 2008 für die Klägerin nach § 18 UStG berechneten und übermittelten Vorauszahlungen waren jeweils von einem Konto der GmbH im Wege des Lastschriftverfahrens beglichen worden. Für dieses Konto hatte die GmbH dem FA unter der Steuernummer der Klägerin eine Einzugsermächtigung erteilt.

2008 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin vertrat nunmehr die Auffassung, mangels organisatorischer Eingliederung habe in den Jahren ab 2004 keine umsatzsteuerliche Organschaft mit der GmbH bestanden.

Der BFH führte aus:

  • Erstattungsberechtigt i. S. von § 37 Abs. 2 Satz 1 AO ist derjenige, auf dessen Rechnung und nicht auf dessen Kosten eine Zahlung bewirkt worden ist.

  • Die Beteiligten sind im Zeitpunkt der jeweiligen Zahlung davon ausgegangen, dass allein die Klägerin Steuerschuldnerin der Umsatzsteuer war, die auf den Umsätzen der GmbH beruhte, und entsprechend dieser vermeintlichen Rechtslage sind die streitigen Umsatzsteuerzahlungen durch Einziehung auch geleistet worden. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG hatte die GmbH dem FA unter der Steuernummer der Klägerin eine Einzugsermächtigung erteilt und aufgrund dieser Ermächtigung zog das FA die streitigen Beträge mit der Fälligkeit der jeweiligen Umsatzsteuerschuld vom Konto der GmbH ein. Die sich an diese Feststellungen anschließende, nicht mit Verfahrensrügen angegriffene Würdigung des FG, die eingezogenen Beträge seien nach dem für das FA erkennbaren Willen der GmbH "auf die Steuerschulden der Klägerin geleistet" bzw. "zur Tilgung der gegenüber der Klägerin formell festgesetzten Umsatzsteuerschulden erbracht" worden, ist nicht nur möglich, sondern naheliegend.

  • Der Umstand, dass nach § 73 Satz 1 AO eine Organgesellschaft für solche Steuern des Organträgers haftet, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist, rechtfertigt entgegen der Auffassung des FA kein anderes Ergebnis.

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Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
BAAAI-60083