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Online-Nachricht - Donnerstag, 21.04.2022

Erbschaftsteuer | Kosten für ein Grabdenkmal als Nachlassverbindlichkeiten (BFH)

Zu den Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG können auch Aufwendungen für eine Zweitgrabstätte gehören, wenn die erste Grabstätte nur als vorübergehende Ruhestätte des Verstorbenen bestimmt war (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sind u.a. die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig.

Sachverhalt: Der Kläger ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge der Alleinerbe seines verstorbenen Bruders (Erblasser). Beide sind muslimischen Glaubens. Der Erblasser wurde im Jahr 2017 bestattet. Die vom Kläger getragenen Kosten für das Grabdenkmal dieser Bestattung betrugen 9.300 €.

Das FA setzte Erbschaftsteuer fest. Der Bescheid erging vorläufig i. S. des § 165 Abs. 1 Satz 1 AO hinsichtlich der Erbfallkosten, insbesondere der Kosten für ein Grabdenkmal, da der Kläger voraussichtliche Kosten für ein noch zu errichtendes Mausoleum geltend gemacht hatte.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens, in dem der Kläger unter Vorlage eines Bauvertrags für die Errichtung eines Mausoleums 420.000 € als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen wollte, setzte das FA die Erbschaftsteuer herab. Hierbei ließ es (neben Bestattungskosten und Grabpflegekosten) erstmals Kosten für ein Grabdenkmal i. H. von 9.300 € als Nachlassverbindlichkeit zum Abzug zu. Die Kosten für das Mausoleum berücksichtigte es nicht. Im Übrigen wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück und hob den Vorläufigkeitsvermerk auf.

Die hiergegen gerichtete Klage wies das FG als unbegründet ab ().

Der BFH hat die Revision als begründet angesehen, das FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen:

  • Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass zu den Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG nur die Aufwendungen für das zeitlich zuerst errichtete Grabdenkmal zählen.

  • Allerdings sind Konstellationen denkbar, in denen entweder aufgrund der äußeren Umstände oder aufgrund des insofern maßgeblichen Willens des Verstorbenen hinsichtlich der Art und Weise seiner Bestattung und des Orts der letzten Ruhestätte der Verstorbene zunächst in einem Grab bestattet wird, das lediglich eine provisorische Zwischenlösung darstellt, und im Anschluss Kosten für eine zweite Grabstätte entstehen, in der der Tote die nach seinen Vorstellungen letzte Ruhe findet. Ebenso wie damit zusammenhängende Umbettungskosten von § 1968 BGB ausnahmsweise als vom Erben zu tragende Beerdigungskosten erfasst sind, können Kosten für das von vornherein als endgültige Ruhestätte geplante Grabdenkmal in einem solchen speziellen Fall abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sein, auch wenn es sich um ein zeitlich als zweites errichtetes Grabdenkmal handelt. Voraussetzung ist jedoch, dass bereits bei Errichtung des ersten Grabdenkmals dieses offensichtlich nur als provisorische Übergangslösung angelegt war. Insoweit trägt der Erbe für diese für ihn steuergünstige Ausnahme die Darlegungs- und Feststellungslast.

  • Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sind außerdem nur die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal abzugsfähig. Die Angemessenheit eines Grabdenkmals richtet sich neben dem Umfang des Nachlasses nach der Lebensstellung des Erblassers. Entscheidend ist, was nach den in den Kreisen des Erblassers herrschenden Auffassungen und Gebräuchen zu einer würdigen Bestattung gehört.

  • Ergibt die Würdigung im Einzelfall, dass die nachgewiesenen Kosten für ein Grabdenkmal die Angemessenheit übersteigen, ist der Abzug nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG auf den Teil beschränkt, der den angemessenen Kosten entspricht.

Anmerkung von Prof. Dr. Matthias Loose, Richter im II. Senat des BFH:

Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sind die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal als Nachlassverbindlichkeiten vom steuerpflichtigen Erwerb abzuziehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass dazu nur die Aufwendungen für das zuerst errichtete Grabdenkmal zählen. Kosten, die nach Abschluss der Bestattung und Herrichten des Grabes entstehen, sind weder zivilrechtlich vom Erben zu tragen noch im eigentlichen Sinne Bestattungskosten. Allerdings sind auch Konstellationen denkbar, in denen der Verstorbene zunächst in einem Grab bestattet wird, das lediglich eine provisorische Zwischenlösung darstellen soll. Entstehen dann im Anschluss Kosten für eine zweite, endgültige Grabstätte, können auch diese Kosten abgezogen werden.

Ob das Grabdenkmal angemessen i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG ist, muss das Finanzamt und ggf. das Finanzgericht unter Würdigung aller Tatsachen im Einzelfall ermitteln. Dabei sind sowohl die Lebensstellung des Erblassers, die Höhe des Nachlasses als auch der Wunsch des Verstorbenen nach einer angemessenen Bestattung und einem angemessenen Grabmal zu berücksichtigen. Sind die Kosten höher, kann der Erbe nur den Teil abziehen, der den angemessenen Kosten entspricht. In den allermeisten Fällen werden die Kosten mit dem Ansatz der im Gesetz vorgesehenen Pauschale von 10.300 € abgedeckt sein. Im Einzelfall können die Kosten aber natürlich auch höher sein. Der Erbe muss dann nachzuweisen, dass die Kosten tatsächlich angefallen sind und auch von der Höhe angemessen waren.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
RAAAI-60082