Sozialgerichtsverfahren - Vertretungszwang bei von einem Menschen mit Behinderung geführten Verfahren vor dem BSG
Gesetze: § 73 Abs 4 SGG, § 178a Abs 4 S 1 SGG
Instanzenzug: SG Frankfurt Az: S 4 R 405/18 Gerichtsbescheidvorgehend Hessisches Landessozialgericht Az: L 2 R 174/20 Urteilvorgehend Az: B 5 R 299/21 B Beschluss
Gründe
1Der Senat hat mit Beschluss vom die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen als unzulässig verworfen, weil sie nicht durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt worden ist. Dagegen hat der Kläger mit einem ebenfalls von ihm selbst unterzeichneten Schreiben vom Anhörungsrüge erhoben und ua geltend gemacht, er habe einen Antrag auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist gestellt. Dem sei der Senat nicht nachgekommen. Der Beschluss sei zu früh ergangen, ohne dass eine gesetzeskonforme Begründung hätte eingereicht werden können. Auch habe der Senat seine Ausführungen dazu ignoriert, aus welchen Gründen er die Nichtzulassungsbeschwerde ohne Prozessbevollmächtigten eingereicht habe. Unter Beachtung der Menschenwürde und seiner Schwerbehinderung dürfe kein Vertretungszwang bestehen. Mit weiterem privatschriftlichem Schreiben vom hat der Kläger zusätzliche Ausführungen zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gemacht.
2Die Anhörungsrüge ist bereits deshalb unzulässig, weil sie - wie schon die Nichtzulassungsbeschwerde - nicht formgerecht durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten erhoben worden ist (§ 73 Abs 4 SGG). Die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an Verfahren vor dem BSG wird durch die Verpflichtung zur Beteiligung eines fachkundigen Prozessvertreters auch nicht in unzumutbarer Weise erschwert. Der Vertretungszwang soll vielmehr sicherstellen, dass das Verfahren in dritter Instanz, das der Gesetzgeber zur ausschließlich rechtlichen Überprüfung der vorinstanzlichen Entscheidungen in erster Linie im öffentlichen Interesse (Wahrung der Rechtseinheit und Fortbildung des Rechts) eröffnet hat, von einer fachkundigen Person mit qualifizierten Kenntnissen des Rechts verantwortlich geführt wird (vgl - SozR 4-1500 § 73 Nr 11 RdNr 6 mwN). Die Verpflichtung nach § 73 Abs 4 Satz 1 SGG gilt auch für Anhörungsrügen (vgl - juris RdNr 16).
3Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Düring Gasser Körner
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2022:210122BB5R4021C0
Fundstelle(n):
FAAAI-59656