BGH Beschluss v. - 3 StR 464/21

Betäubungsmittelhandel: Fassung der Urteilsformel

Gesetze: § 29 Abs 1 S 1 Nr 1 BtMG, § 30a Abs 2 Nr 2 BtMG, § 260 Abs 4 StPO

Instanzenzug: LG Duisburg Az: 32 KLs 3/20

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "unerlaubten" Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 23 Fällen sowie wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln "in nicht geringer Menge" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Es hat ferner die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 181.950,00 € angeordnet.

2Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

31. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat im Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt. Auch die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken.

4Jedoch ist die Urteilsformel auf der Grundlage der zutreffenden rechtlichen Würdigung der Taten durch das Landgericht neu zu fassen. Hinsichtlich des abgeurteilten Delikts des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) ist die ausdrückliche Bezeichnung als "unerlaubt" entbehrlich, da Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz ausschließlich den unerlaubten Umgang mit den dort genannten Stoffen betreffen (vgl. , juris Rn. 3 mwN). Auch bedarf es zur rechtlichen Bezeichnung eines Verbrechens nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG des Zusatzes "in nicht geringer Menge" nicht, da der Qualifikationstatbestand des bewaffneten Handeltreibens stets voraussetzt, dass die Tat eine solche Menge betrifft (, juris Rn. 2 mwN). Darüber hinaus empfiehlt es sich, das im Vergleich zu den anderen verwirklichten Tatbeständen schwerste Delikt - wie nunmehr geschehen - an den Beginn des Schuldspruchs zu stellen (s. , juris Rn. 2 mwN).

52. Die durch das Landgericht getroffene Einziehungsentscheidung hält rechtlicher Nachprüfung nur stand, soweit sie in Höhe von 147.751,50 € angeordnet worden ist. Hinsichtlich des darüberhinausgehenden Betrages tragen die Feststellungen sie nicht.

6Nach den Feststellungen betrieb der Angeklagte Handel mit Marihuana unterschiedlicher Qualität ("Haze" mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 15 % beziehungsweise "Outdoor Marihuana" mit einem solchen von mindestens 5 %). Für "Haze" erlöste er 6.000 € pro Kilogramm, für "Outdoor Marihuana" 3.300 €. Die Hälfte der in den Fällen II.1 bis 24 der Urteilsgründe gehandelten Gesamtmenge, die das Landgericht mit 43 Kilogramm errechnet hat, sei guter ("Haze"), die andere Hälfte schlechter Qualität ("Outdoor Marihuana") gewesen. Während die Strafkammer in den Fällen II.1 bis 6, II.10 und II.24 Feststellungen zu der Qualität der jeweiligen Betäubungsmittel hat treffen können, ist ihr dies hinsichtlich der Handelsmengen in den Fällen II.7 bis 8, II.11 bis 23 nicht möglich gewesen. In der rechtlichen Würdigung und bei der Strafzumessung hat das Landgericht deshalb in diesen Fällen zu Gunsten des Angeklagten angenommen, er habe mit Marihuana schlechter Qualität gehandelt.

7Als rechtsfehlerhaft zu Ungunsten des Angeklagten erweist sich indes die durch das Landgericht vorgenommene pauschale Betrachtung bei der Bestimmung des Wertes von Taterträgen. Insoweit hat die Strafkammer eine Berechnung anhand der Gesamtmenge der in allen Fällen gehandelten Betäubungsmittel (43 Kilogramm) angestellt und ist davon ausgegangen, die Hälfte sei als gute Qualität für 6.000 €, der Rest für 3.300 € pro Kilogramm veräußert worden, ohne in Bezug auf die einzelnen Taten die jeweiligen Verkaufserlöse zu bestimmen. Der Wert von Taterträgen ist indes tatbezogen festzusetzen; auch einer etwaigen "Verrechnung" durch das Revisionsgericht stünde das mit Blick auf die jeweilige Tat zu prüfende Verschlechterungsverbot nach § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO entgegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 82/20, juris Rn. 11; vom - 2 StR 20/21, juris Rn. 5 jeweils mwN).

8Der Senat setzt in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Wert der einzuziehenden Taterträge selbst auf insgesamt 147.751,50 € fest. Nachdem auszuschließen ist, dass zu den Wirkstoffgehalten der in den Fällen II.7 bis 8, II.11 bis 23 gehandelten Betäubungsmittel weitere Feststellungen getroffen werden können, ist in diesen Fällen zu Gunsten des Angeklagten von schlechter Qualität und damit einem Verkaufserlös von 3.300 € pro Kilogramm auszugehen. Unter Zugrundelegung der durch die Strafkammer weitgehend rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu den Handelsmengen und der in den Fällen II.1 bis 6, II.10 und II.24 festgestellten Wirkstoffmengen ergeben sich folgende Werte: Fall II.1: 6.600 €, Fälle II.2 und 3: jeweils 3.300 €, Fall II.4: 6.000 €, Fall II.5: 12.000 €, Fall II.6: 12.000 €, Fälle II.7 bis 9: jeweils 3.300 €, Fall II.10 bis 12: jeweils 6.600 €, Fälle II.13 bis 18: jeweils 3.300 €, Fälle II.19 bis 23: jeweils 9.900 € und Fall II.24: 5.551,50 €. Abweichend von der Berechnung der Strafkammer bemisst sich im Fall II.24 die Verkaufsmenge auf 925,25 Gramm. Denn die festgestellte Einkaufsmenge von vier Kilogramm abzüglich des anlässlich der Durchsuchung sichergestellten und damit noch nicht veräußerten Marihuanas von 3.074,75 Gramm ergibt eine in den Handel gelangte Menge von 925,25 Gramm guter Qualität, nicht einem Kilogramm, wie durch das Landgericht angenommen.

93. Angesichts des geringen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:250122B3STR464.21.0

Fundstelle(n):
BAAAI-59452