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Online-Nachricht - Donnerstag, 07.04.2022

Umsatzsteuer | Steuerbefreiung für private Krankenhäuser ohne Zulassung nach § 108 SGB V (EuGH)

Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die vorsieht, dass die von einem privaten Krankenhaus erbrachten Heilbehandlungen dann von der Mehrwertsteuer befreit sind, wenn dieses Krankenhaus infolge der Aufnahme in den Krankenhausplan eines Landes oder infolge des Abschlusses von Versorgungsverträgen mit den gesetzlichen Kranken- oder Ersatzkassen nach den nationalen Vorschriften über die allgemeine Krankenversicherung zugelassen ist, und damit dazu führt, dass vergleichbare private Krankenhäuser, die gleichartige Leistungen unter Bedingungen erbringen, die mit den Bedingungen für Einrichtungen des öffentlichen Rechts in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, in Bezug auf die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung unterschiedlich behandelt werden ( C‑228/20).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Das Niedersächsische FG hat dem EuGH in einem Vorabentscheidungsersuchen diverse Fragen zur Umsatzsteuerbefreiung von Krankenhausleistungen vorgelegt, die die Klägerin in den Jahren 2009 bis 2012 erbracht hat. Das FA vertrat die Auffassung, dass für die von der Klägerin vor dem erbrachten Leistungen keine Umsatzsteuerbefreiung in Frage komme, da die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt kein zugelassenes Krankenhaus gewesen sei.

Daraufhin hat das Niedersächsische FG das Verfahren mit Beschluss v. - 5 K 256/17 ausgesetzt und dem EuGH die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

  1. Ist § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG vereinbar mit Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL, soweit die Steuerbefreiung für Krankenhäuser, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, daran geknüpft wird, dass die Krankenhäuser nach § 108 Sozialgesetzbuch (SGB) V zugelassen sind?

  2. Wenn Frage 1. zu verneinen ist: Unter welchen Voraussetzungen sind Krankenhausbehandlungen durch Krankenhäuser des privaten Rechts mit Krankenhausbehandlungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts ”in sozialer Hinsicht vergleichbar“ im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL?

Hierzu führten die Richter des EuGH weiter aus:

  • Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die vorsieht, dass die von einem privaten Krankenhaus erbrachten Heilbehandlungen dann von der Mehrwertsteuer befreit sind, wenn dieses Krankenhaus infolge der Aufnahme in den Krankenhausplan eines Landes oder infolge des Abschlusses von Versorgungsverträgen mit den gesetzlichen Kranken- oder Ersatzkassen nach den nationalen Vorschriften über die allgemeine Krankenversicherung zugelassen ist, und damit dazu führt, dass vergleichbare private Krankenhäuser, die gleichartige Leistungen unter Bedingungen erbringen, die mit den Bedingungen für Einrichtungen des öffentlichen Rechts in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, in Bezug auf die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung unterschiedlich behandelt werden.

  • Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats bei der Feststellung, ob Heilbehandlungen, die von einem privaten Krankenhaus erbracht werden, unter Bedingungen durchgeführt beziehungsweise bewirkt werden, die mit den Bedingungen für Einrichtungen des öffentlichen Rechts in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, die für Leistungen von öffentlich-rechtlichen Krankenhäusern geltenden regulatorischen Bedingungen sowie - sofern sie auch auf öffentlich-rechtliche Krankenhäuser anwendbar sind - Indikatoren der Leistungsfähigkeit dieses privaten Krankenhauses in Sachen Personal, Räumlichkeiten und Ausstattung sowie der Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung berücksichtigen können, wenn mit diesen Bedingungen und Indikatoren das Ziel verfolgt wird, die Kosten der Heilbehandlungen zu senken und den Einzelnen eine qualitativ hochwertige Behandlung zugänglicher zu machen.

  • Ebenfalls berücksichtigt werden können die Modalitäten der Berechnung der Tagessätze sowie die Kostenübernahme für die von dem betreffenden Krankenhaus des privaten Rechts erbrachten Leistungen im Rahmen des Systems der sozialen Sicherheit oder im Rahmen von mit Behörden geschlossenen Vereinbarungen dergestalt, dass die zulasten des Patienten gehenden Kosten den Kosten nahekommen, die der Patient eines öffentlich-rechtlichen Krankenhauses für gleichartige Leistungen trägt.

Hinweis:

Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des EuGH veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: EuGH online (il)

Fundstelle(n):
NAAAI-59273