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Online-Nachricht - Donnerstag, 07.04.2022

Erbschaftsteuer | Vermögen eines anglo-amerikanischen Trusts als Nachlassvermögen des Errichters (BFH)

Hat sich der Errichter einer ausländischen Vermögensmasse solche umfassenden Herrschaftsbefugnisse über das Vermögen vorbehalten, dass die Vermögensmasse ihm gegenüber darüber nicht tatsächlich und frei verfügen kann, bleibt dieses Vermögen solches des Errichters (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Kläger ist Miterbe zu ½ nach seiner verstorbenen Mutter (Erblasserin), die im Inland wohnhaft war. Nach Eingang der Erbschaftsteuererklärung setzte das FA Erbschaftsteuer fest. Nicht Gegenstand der Erklärung und der Bescheide war ein Trust, der im Jahr 1997 nach den gesetzlichen Vorschriften von Guernsey errichtet worden war. Gründer waren der Kläger sowie dessen vorverstorbener Bruder, Errichterin die Erblasserin, mit deren Vermögen der Trust auch ausgestattet wurde. Die Trustmanagerin hatte ihren Sitz auf Guernsey. Die Errichterin behielt sich umfassende Weisungs- und Herrschaftsbefugnisse vor. Als die Errichterin verstarb, entstand zwischen dem Finanzamt und dem Kläger Streit darüber, ob für das in den Trust eingebrachte Vermögen Erbschaftsteuer zu entrichten war.

Das FG hat die Klage abgewiesen. Das im Trust angelegte Vermögen sei dem Nachlass zuzurechnen, denn bis zum Ableben der Erblasserin habe es sich nicht um eine verselbständigte Vermögensmasse i. S. des § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 ErbStG gehandelt (). (siehe hierzu auch unsere Online-Nachricht v. 24.07.2019)

Der BFH hat die Revision als begründet angesehen, das FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen:

  • Hat sich der Errichter der Vermögensmasse derart umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Vermögen vorbehalten, dass die Vermögensmasse ihm gegenüber über das Vermögen nicht tatsächlich und frei verfügen kann, bleibt dieses Vermögen solches des Errichters und steht einem eigenen Bankguthaben gleich.

  • Die Frage, ob wirksam Herrschaftsbefugnisse vorbehalten wurden, ist auf Grundlage derjenigen Rechtsordnung zu beurteilen, die die Rechtsverhältnisse der Vermögensmasse bestimmt. Dasselbe gilt für die Frage, ob mit dem Tod des Errichters diese Befugnisse fortbestehen oder ob sie erlöschen und so der Errichter bzw. dessen Erbe die Rechtszuständigkeit am Vermögen zugunsten der dadurch intransparent werdenden Vermögensmasse selbst verliert (vgl. dazu im Einzelnen , Rz. 24 f.).

  • Die Ermittlung ausländischen Rechts, dem die Vermögensmasse unterliegt, ist Aufgabe des FG als Tatsacheninstanz. In welchem Umfang das FG das ausländische Recht ermittelt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen und ist von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig; der Vortrag der Beteiligten ist zu berücksichtigen.

  • Der BFH vermag auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht abschließend zu entscheiden, ob das Vermögen des Trusts zum Nachlass der Erblasserin und damit zur Hälfte zum steuerpflichtigen Erwerb des Klägers gehörte und sich die Entscheidung deshalb im Ergebnis als richtig erweist.

  • Soweit das Recht von Guernsey die Rechtsverhältnisse des Trusts bestimmt, hat das FG weder festgestellt, unter welchen Voraussetzungen nach dieser Rechtsordnung dem Errichter, hier der Erblasserin, wirksam Herrschaftsbefugnisse vorbehalten werden, noch, ob unter diesem Recht etwaige fortbestehende Herrschaftsbefugnisse mit dem Tod des Errichters fortbestehen oder erlöschen. Das FG hat sich darauf beschränkt, die Gründungsurkunde des Trusts auszulegen, ohne irgendeinen Bezug zu der den Trust bestimmenden Rechtsordnung herzustellen. Es hat auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Herrschaftsbefugnisse und damit die Transparenz des Trusts den Tod der Erblasserin überdauert haben und infolgedessen das im Trust vorhandene Vermögen vererbt werden konnte. Diese Feststellungen wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben und auf dieser Grundlage erneut über die Zugehörigkeit des Trust-Vermögens zum Nachlass entscheiden.

  • Sollte sich im zweiten Rechtsgang herausstellen, dass die Erbschaft des Klägers auch das hälftige Vermögen des Trusts umfasste, ist dieses nach Maßgabe von § 12 ErbStG so zu bewerten wie alle anderen Nachlassgegenstände. Das gilt auch für Anteile an Kapitalgesellschaften.

Anmerkung von Prof. Dr. Matthias Loose, Richter im II. Senat des BFH:

Der BFH hatte bereits in der Vergangenheit entschieden, dass das Vermögen einer intransparenten, wirksam gegründeten und rechtlich selbständigen Stiftung dem Stifter nicht mehr zuzurechnen ist. Der Tod des Stifters ist in einem solchen Fall erbschaftsteuerrechtlich nicht von Bedeutung. Hat sich der Stifter jedoch umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Vermögen der ausländischen Stiftung vorbehalten, so dass die Stiftung gehindert ist, über das ihr übertragene Vermögen dem Stifter gegenüber tatsächlich und frei zu verfügen, ist das Vermögen weiterhin dem Stifter zuzurechnen. Jetzt hat der BFH klargestellt, dass dieselben Grundsätze auch für Vermögensmassen ausländischen Rechts einschließlich anglo-amerikanischer Trusts gelten.

Hat sich der Errichter der Vermögensmasse also umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Vermögen vorbehalten, dass die Vermögensmasse ihm gegenüber über das Vermögen nicht tatsächlich und frei verfügen kann, bleibt dieses Vermögen solches des Errichters und steht einem eigenen Bankguthaben gleich. Beim Tode des Errichters fällt das Vermögen dann in den Nachlass, es sei denn, ab dem Tode des Errichters darf die Vermögensmasse gegenüber dem oder den Erben frei über ihr Vermögen verfügen. Ob wirksam Herrschaftsbefugnisse vorbehalten wurden und/oder diese im Zeitpunkt des Todes erloschen sind, ist auf Grundlage der Rechtsordnung zu beurteilen, die die Rechtsverhältnisse der Vermögensmasse bestimmt, also nach ausländischem Recht. Das Finanzgericht muss das maßgebende ausländische Recht und den zugrundeliegenden Sachverhalt unter Beachtung der erweiterten Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen von Amts wegen ermitteln.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
RAAAI-59211