Erbschaftsteuer | Erbfall nach italienischem Recht (BFH)
Erwirbt ein inländischer Erbe nach
italienischem Erbrecht, entsteht inländische Erbschaftsteuer mit dem Zeitpunkt
des Todes des Erblassers und nicht erst mit der nach italienischem Recht
notwendigen Annahme der Erbschaft durch den Erben (; veröffentlicht am
).
Hintergrund: Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG tritt Steuerpflicht für den gesamten Vermögensanfall (unbeschränkte Steuerpflicht) in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ErbStG ein, wenn u.a. der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) ein Inländer ist. Als Inländer gelten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG u.a. natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Sachverhalt: Geklagt hatte eine Erbin, welche ausschließlich die italienische Staatsangehörigkeit besitzt. Nachdem ihr Vater im Ausland verstorben war, wurde sie durch Annahme der Erbschaft Miterbin. Zum Todeszeitpunkt hatte sie einen deutschen Wohnsitz. Als sie - einige Monate später - die Annahme der Erbschaft erklärte, hatte sie ihren inländischen Wohnsitz aufgegeben und war ins Ausland verzogen.
Der Nachlass bestand im Wesentlichen aus Immobilien im Ausland sowie Guthaben und Wertpapieren bei ausländischen Banken.
Die Klägerin teilte dies dem FA mit, vertrat aber die Auffassung, das Erbe unterfalle nicht der deutschen Erbschaftsteuer, da das italienische Recht nicht vorsehe, dass eine Erbschaft automatisch dem gesetzlichen Erben zufalle, sondern eine ausdrückliche Annahme der Erbschaft notwendig sei.
Das FA besteuerte die Erbschaft mit dem Argument, dass die Klägerin unbeschränkt steuerpflichtig sei, weil sie zum Todestag einen Wohnsitz im Inland gehabt habe und damit der inländischen Steuerpflicht unterliege. Der Zeitpunkt der Annahme der Erbschaft nach italienischem Recht spiele daher keine Rolle.
In ihrer Klage vertrat die Klägerin weiterhin die Auffassung, der Erbfall sei nicht in Deutschland steuerpflichtig. Das FG hat die Klage in diesem Streitpunkt abgewiesen (). (siehe hierzu unsere Online-Nachricht v. 20.1.2020)
Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen:
Vollzieht sich ein Erwerb von Todes wegen nach ausländischem Zivilrecht, kann er im Inland der Erbschaftsteuer unterliegen, soweit der Vermögensanfall in seiner wirtschaftlichen Bedeutung einem durch das ErbStG erfassten Erwerb gleichkommt (vgl. , Rz. 20 bis 23).
Für den Erwerb eines Erben nach italienischem Erbrecht entsteht inländische Erbschaftsteuer mit dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers und nicht erst mit der Annahme durch den Erben. Für diese Beurteilung kann Text und Inhalt der maßgebenden Vorschriften des italienischen Zivilgesetzbuches (Codice Civile - CC -) zugrunde gelegt werden. Die diesbezüglichen Feststellungen des FG reichen aus und sind für sich genommen auch nicht angegriffen.
Der Erbschaftserwerb nach Art. 456 ff. CC ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 ErbStG steuerbar. Er ist als Erbanfall i. S. des § 1922 BGB zu qualifizieren. Entstehungszeitpunkt der Steuer ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Tod des Erblassers. Die Annahme der Erbschaft nach italienischem Recht ist nicht als aufschiebende Bedingung entsprechend § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Alternative 1ErbStG i. V. mit § 158 Abs. 1 BGB zu qualifizieren, sondern als rückwirkendes Ereignis entsprechend § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.
Nach diesen Maßstäben hat das FG zu Recht erkannt, dass die Annahmeerklärungen der Klägerin bezüglich des Nachlasses ihres Vaters auf dessen Todestag zurückwirkten und die Erbschaftsteuer an jenem Tage entstanden ist. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin noch unbeschränkt steuerpflichtig, da sie zumindest ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte. Die Bewertung des Nachlasses sowie die weiteren Parameter der Besteuerung stehen nicht im Streit.
Anmerkung von Prof. Dr. Matthias Loose, Richter im II. Senat des BFH:
Der Erbe unterliegt mit seinem gesamten Vermögensanfall in Deutschland der Erbschaftsteuer, wenn er im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer ein Inländer ist. Inländer sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die Steuer entsteht nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG grundsätzlich mit dem Tode des Erblassers, jedoch für den Erwerb unter einer aufschiebenden Bedingung erst mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung. Darauf kam es im Streitfall an, denn die Erbin hatte im Zeitpunkt des Todes ihren Wohnsitz in Deutschland, im Zeitpunkt des Anfalls der Erbschaft ihres in Italien verstorbenen Vaters jedoch ihren Wohnsitz nach Malta verlegt.
Bei einem Erbfall wird nach italienischem Erbrecht erst mit der Annahme durch den oder die Erben die Erbfolge im Zeitpunkt des Todes am Ort des letzten Domizils des Verstorbenen eröffnet. Wegen der erforderlichen Annahme tritt der Erwerb – anders als in Deutschland – nicht kraft Gesetzes ein. Die Annahme bewirkt jedoch auch keinen Erwerb kraft Rechtsgeschäfts. Entstehungszeitpunkt der Steuer ist daher auch nach italienischem Recht der Tod des Erblassers. Die Annahme der Erbschaft ist nämlich nicht als aufschiebende Bedingung, sondern als rückwirkendes Ereignis zu werten. Dies hat der BFH nun klargestellt. Im Ergebnis kommt es daher darauf an, wo die Erbin im Zeitpunkt des Todes ihres Vaters ihren Wohnsitz hatte. Das war unstreitig Deutschland.
Quelle: ; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
QAAAI-59207