BGH Urteil v. - VIa ZR 275/21

Haftung des Fahrzeugherstellers in einem sog. Dieselfall: Vorliegen einer "demnächst" zugestellten Klage; Erbringung aller Mitwirkungshandlungen für eine ordnungsgemäße Klagezustellung; Restschadensersatzanspruch des geschädigten Käufers nach Verjährung des Anspruchs wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung bei Erwerb des Fahrzeugs durch den Händler unabhängig von einer Bestellung des Geschädigten

Leitsatz

1a. Bei der Prüfung, ob die Klage "demnächst" zugestellt worden ist, sind bis zum Fristablauf eingetretene Versäumnisse des Klägers in die für die Bewertung als unmaßgebliche Verzögerung bedeutsame Frist nicht mit einzurechnen (Anschluss an , NJW 2016, 568 Rn. 11; Urteil vom - V ZR 103/16, NJW-RR 2018, 461 Rn. 6 und Urteil vom - V ZR 34/18, NJW-RR 2019, 976 Rn. 13).

1b. Hat der Kläger alle von ihm geforderten Mitwirkungshandlungen für eine ordnungsgemäße Klagezustellung erbracht, insbesondere den Gerichtskostenvorschuss eingezahlt, sind er und sein Prozessbevollmächtigter im Weiteren grundsätzlich nicht mehr gehalten, das gerichtliche Vorgehen zu kontrollieren und durch Nachfragen auf die beschleunigte Zustellung hinzuwirken (Anschluss an , BGHZ 168, 306 Rn. 20 f. und Urteil vom - II ZR 169/18, juris Rn. 10).

2. Der Hersteller eines Dieselfahrzeugs mit einer eingebauten Prüfstanderkennungssoftware hat aus dem Kaufvertrag zwischen dem Händler und dem Geschädigten nichts erlangt und nach Verjährung des Anspruchs aus § 826 BGB nichts nach § 852 Satz 1 BGB herauszugeben, wenn der Händler das Fahrzeug unabhängig von einer Bestellung des Geschädigten vor dem Weiterverkauf auf eigene Kosten und eigenes (Absatz-)Risiko erworben hat.

Gesetze: § 167 ZPO, § 195 BGB, § 204 Abs 1 Nr 1 BGB, § 826 BGB, § 852 S 1 BGB

Instanzenzug: Az: I-12 U 8/21vorgehend LG Mönchengladbach Az: 6 O 475/18

Tatbestand

1Der Kläger nimmt die Beklagte als Herstellerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs und des dort eingebauten Dieselmotors wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Zusammenhang mit der Abgasrückführung auf Schadensersatz in Anspruch.

2Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom von einem Händler einen VW Golf Cabriolet Blue Motion 1,6 l TDI als Neufahrzeug zu einem Kaufpreis von 27.700 €. In das Fahrzeug ist ein Motor des Typs EA 189 eingebaut. Die Software für die Steuerung dieses Motors sah die Erkennung eines Fahrzeugbetriebs im Prüfstand sowie einen besonderen, mit geringeren Stickoxidemissionen verbundenen Betriebsmodus für diesen Fall vor. Das Kraftfahrt-Bundesamt bewertete diese Steuerung später als unzulässige Abschalteinrichtung und gab der Beklagten im Oktober 2015 auf, die Abschalteinrichtung zu beseitigen. Nach einem Rückrufschreiben des Händlers vom wurde bei dem Fahrzeug am ein Software-Update aufgespielt.

3Der Kläger hat am per Telefax und im Original am Klage eingereicht. Am ist eine Vorschussrechnung, gerichtet an seinen Prozessbevollmächtigten, erstellt worden, deren Zugang der Kläger bestritten hat. Weder der Kläger noch sein Prozessbevollmächtigter haben in der ersten Jahreshälfte 2019 Nachfrage nach dem Verbleib der Vorschussrechnung gehalten. Der Kläger hat lediglich mit Schriftsatz vom eine Reduktion seines Zahlungsantrags vorgenommen. Am ist eine Vorschussrechnung an den Kläger persönlich gestellt worden. Der Vorschuss ist am einbezahlt worden. Danach sind die Akten weggelegt worden. Mit Schriftsatz vom hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers angefragt, wann mit einer Terminierung zu rechnen sei, bislang fehle eine Bestätigung der Klagezustellung an die Beklagte. Nach Überprüfung des Zahlungseingangs durch das Landgericht ist die Klage der Beklagten am zugestellt worden.

4Der Kläger hat mit seiner Klage erstinstanzlich Zahlung, zweitinstanzlich mit dem dann so bezeichneten Hauptantrag zu I. zuletzt noch in Höhe von 17.288,92 € zuzüglich Prozesszinsen und Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs begehrt. Weiter hat er - in der Berufungsinstanz so bezeichnet: mit dem Hauptantrag zu II. - die Feststellung des Annahmeverzugs beantragt und zu 1. und 2. Hilfsanträge gestellt. Zweitinstanzlich hat er mit den Anträgen zu a) "in Bezug auf den Restschadensersatz" seinen reduzierten Zahlungsantrag wiederholt, zu b) die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung von Auskunft begehrt und zu c) nach Auskunftserteilung die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung verlangt. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen, das Berufungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Hauptanträge zu I. und II. so wie in der Berufungsinstanz bezeichnet weiter, wobei er für den Fall der Verjährung des Anspruchs aus §§ 826, 31 BGB sein Begehren auf Restschadensersatz nach § 852 BGB wie formuliert in seinem Antrag zu a) als von seinem Hauptantrag zu I. umfasst ansieht.

Gründe

A.

5Das angefochtene Urteil unterliegt aufgrund der Zulassung durch das Berufungsgericht im Umfang des Revisionsangriffs - Hauptantrag zu I. mit dem Antrag zu a) und Hauptantrag zu II. - der umfassenden revisionsrechtlichen Nachprüfung.

6Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält keine Beschränkung der Revisionszulassung. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar anerkannt, dass sich eine Eingrenzung der Zulassung der Revision auch aus den Entscheidungsgründen ergeben kann. Nach dem Grundsatz der Rechtsmittelklarheit müssen die Parteien allerdings zweifelsfrei erkennen können, welches Rechtsmittel für sie in Betracht kommt und unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist. Die bloße Angabe des Grundes für die Zulassung der Revision reicht nicht, um von einer nur beschränkten Zulassung des Rechtsmittels auszugehen (vgl. , NJW-RR 2021, 1350 Rn. 5 mwN).

7Das Berufungsgericht hat in den Gründen ausgeführt, ob und in welcher Höhe dem Käufer eines Neufahrzeugs, in das ein von der Beklagten hergestellter Motor vom Typ EA 189 eingebaut sei, nach Verjährung des Schadensersatzanspruchs aus §§ 826, 31 BGB ein Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB zustehe, sei in der Rechtsprechung umstritten, so dass die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordere. Ob aber § 852 Satz 1 BGB überhaupt und unter welchen Voraussetzungen zur Anwendung kommt, nachdem ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 826 BGB verjährt ist, und ob die Beklagte etwas im Sinne dieser Regelung auf Kosten des Klägers erlangt hat, lässt sich nicht losgelöst vom Anspruchsgrund des § 826 BGB beantworten. Eine Beschränkung der Revision allein auf die Auslegung des § 852 Satz 1 BGB wäre - sofern gewollt - mithin jedenfalls unwirksam, so dass die Revision als insgesamt zugelassen zu behandeln ist (vgl. VIa ZR 8/21, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, Rn. 18-21).

B.

8Die Revision hat, soweit sie das Berufungsurteil zur Überprüfung durch den Senat stellt, in vollem Umfang Erfolg. Sie führt, soweit der Angriff der Revision reicht, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

9Das Berufungsgericht hat - soweit im Revisionsverfahren noch von Belang - ausgeführt:

10Ursprünglich habe dem Kläger gegen die Beklagte wegen des Inverkehrbringens des Fahrzeugs, in das ein Motor mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung eingebaut sei, dem Grunde nach zwar ein Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB zugestanden. Doch stehe der Durchsetzung des Anspruchs die Einrede der Verjährung entgegen (§ 214 BGB). Die dreijährige Verjährungsfrist aus § 195 BGB habe jedenfalls mit Ablauf des Jahres 2016 zu laufen begonnen und mit Ablauf des Jahres 2019 geendet. Durch das Rückrufschreiben vom habe der Kläger Kenntnis von der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom sogenannten Dieselskandal sowie der Beklagten als Anspruchsgegnerin erlangt. Jedenfalls im Jahr 2016 sei die Klageerhebung auch erfolgversprechend und zumutbar gewesen.

11Der Ablauf der Verjährungsfrist sei nicht nach §§ 209, 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB rechtzeitig gehemmt worden. Die Zustellung der Klage am habe nicht gemäß § 167 ZPO auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung Ende Dezember 2018 zurückgewirkt. Der Kläger habe durch nachlässiges Verhalten zu einer nicht bloß geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen. Indem er zwischen der Einreichung der Klageschrift Ende Dezember 2018 und dem Erhalt der Vorschussrechnung am untätig geblieben sei, habe der Kläger die Zustellung der Klage schuldhaft erheblich verzögert. Selbst wenn auf den Zeitpunkt der Einzahlung des Vorschusses abzustellen sei, habe sich der Kläger nachlässig verhalten. Der Kläger habe erst mehr als acht Monate nach Einzahlung des Vorschusses nachgefragt, warum das Gericht die Zustellung der Klage nicht bestätigt habe. Dies sei zu spät gewesen. Eine solche Nachfrage müsse binnen angemessener Frist gehalten werden und dürfe zu keiner erheblichen Verzögerung führen. Nach Verjährung des Anspruchs aus §§ 826, 31 BGB stehe dem Kläger auch ein Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB nicht zu, weil die Beklagte durch den Verkauf des Fahrzeugs an den Kläger nichts erlangt habe.

II.

12Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

131. Als frei von Rechtsfehlern erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe (vorbehaltlich der Durchsetzbarkeit trotz der erhobenen Verjährungseinrede) gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB auf Erstattung des Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Herausgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs (vgl. , BGHZ 225, 316 Rn. 12 ff.; zuletzt VIa ZR 8/21, zVb, Rn. 24 ff.).

142. Nach den von ihm getroffenen Feststellungen rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, dieser Schadensersatzanspruch aus §§ 823, 31 BGB sei verjährt.

15a) Im Revisionsverfahren ist zugunsten des Klägers davon auszugehen, die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB hätten erst im Jahr 2016 vorgelegen, so dass die Verjährung des Anspruchs aus §§ 826, 31 BGB nicht vor Ablauf des eingetreten sei.

16b) Auf dieser Grundlage hält die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe die bis zum Ablauf des laufende Verjährungsfrist nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch Erhebung der Klage rechtzeitig gehemmt, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Zwar ist die Klage der Beklagten erst am zugestellt worden (§ 253 Abs. 1 ZPO). Diese Zustellung wirkte aber, sofern die Verjährungsfrist bis einschließlich lief, gemäß § 167 ZPO auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage Ende Dezember 2018 zurück.

17aa) Nach § 167 ZPO treten die Wirkungen der Zustellung bereits mit Eingang der Klage ein, wenn die Zustellung "demnächst" erfolgt. Dabei ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Begriff "demnächst" im Sinne dieser Vorschrift im Wege einer wertenden Betrachtung auszulegen. Es darf nicht auf eine rein zeitliche Betrachtungsweise abgestellt werden. Vielmehr sollen, weil die Klage von Amts wegen zuzustellen ist, die Parteien vor Nachteilen durch Verzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs bewahrt werden, denn diese Verzögerungen können von ihnen nicht beeinflusst werden. Es gibt deshalb keine absolute zeitliche Grenze, nach deren Überschreitung eine Zustellung nicht mehr als "demnächst" anzusehen ist. Dies gilt auch dann, wenn es zu mehrmonatigen Verzögerungen kommt. Denn Verzögerungen im Zustellungsverfahren, die durch eine fehlerhafte Sachbehandlung des Gerichts verursacht sind, muss sich die Partei, der die Fristwahrung obliegt, grundsätzlich nicht zurechnen lassen (, NJW 2021, 1598 Rn. 18 mwN).

18Der Partei sind jedoch solche nicht nur geringfügigen Verzögerungen zurechenbar, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter (§ 85 Abs. 2 ZPO) bei gewissenhafter Prozessführung hätten vermeiden können. Verzögerungen sind mithin dann zurechenbar, wenn die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter durch nachlässiges - auch leicht fahrlässiges - Verhalten zu einer nicht bloß geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen haben. Maßgeblich ist hierbei, um wie viele Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit verzögert hat. Dem Zustellungsveranlasser zuzurechnende Verzögerungen von bis zu vierzehn Tagen, gerechnet vom Tag des Ablaufs der Verjährungsfrist, sind regelmäßig geringfügig und bleiben deshalb außer Betracht (, NJW 2021, 1598 Rn. 19 mwN). Wird eine Klage bereits vor Ablauf einer durch Zustellung zu wahrenden Frist eingereicht, die Klage aber erst nach Ablauf der Frist zugestellt, sind bis zum Fristablauf eingetretene Versäumnisse nicht mit einzurechnen, weil eine Partei die ihr eingeräumte Frist bis zum letzten Tag ausnutzen darf (, NJW 2016, 568 Rn. 11; Urteil vom - V ZR 103/16, NJW-RR 2018, 461 Rn. 6; Urteil vom - V ZR 34/18, NJW-RR 2019, 976 Rn. 13).

19bb) Danach ist die Klage - den Ablauf der Verjährungsfrist mit dem Ende des Jahres 2019 angenommen - noch rechtzeitig zugestellt worden.

20Mit Verzögerungen verbundene Versäumnisse des Klägers im Laufe des Jahres 2019 bei der Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses waren bedeutungslos, weil der Kläger den Gerichtskostenvorschuss noch innerhalb des Jahres 2019 und damit rechtzeitig eingezahlt hat.

21Verzögerungen im Zustellungsverfahren ab dem , die durch eine fehlerhafte Sachbehandlung des Gerichts verursacht worden sind, hindern ebenfalls nicht die Annahme, die Klage sei noch "demnächst" zugestellt worden. Hat der Kläger alle von ihm geforderten Mitwirkungshandlungen für eine ordnungsgemäße Klagezustellung erbracht, insbesondere den Gerichtskostenvorschuss eingezahlt, sind er und sein Prozessbevollmächtigter im Weiteren grundsätzlich nicht mehr gehalten, das gerichtliche Vorgehen zu kontrollieren und durch Nachfragen auf die beschleunigte Zustellung hinzuwirken (, BGHZ 168, 306 Rn. 20 f.; Urteil vom - II ZR 169/18, juris Rn. 10). Die vom Berufungsgericht zur Begründung seiner Ansicht herangezogene Entscheidung des I. Zivilsenats (Urteil vom - I ZR 237/03, NJW-RR 2006, 1436 Rn. 18) belegt die von ihm vertretene Ansicht nicht, weil der der Entscheidung des I. Zivilsenats zugrundeliegende Sachverhalt anders gelagert ist als der Streitfall (vgl. aaO). Nach den referierten Feststellungen des dortigen Berufungsgerichts hatte der Antragsteller des Mahnverfahrens vor der Zustellung noch Beanstandungen des Mahngerichts zu beheben und war von ihm im Übrigen nicht dargetan worden, wie es zur weiteren Verzögerung der Zustellung gekommen war ( aaO Rn. 25).

III.

22Die Entscheidung des Berufungsgerichts unterliegt mithin im Umfang des Revisionsangriffs der Aufhebung (§ 562 ZPO), weil sie sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO).

23Dass die Revision die Zurückweisung der Berufung betreffend die Abweisung der Anträge zu b) und zu c) nicht angegriffen hat, führt nicht dazu, dass über die Hauptanträge zu I. und zu II. mit dem Antrag zu a) nicht mehr zugunsten des Klägers entschieden werden könnte (vgl. , NJW 1997, 453, 454).

24Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen erlauben auch nicht die Bewertung, dem Kläger sei bereits im Jahr 2015 der Vorwurf der grob fahrlässigen Unkenntnis von der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom sogenannten Dieselskandal zu machen. Entsprechend kann der Senat nicht davon ausgehen, die Verjährungsfrist sei bereits mit dem Ende des Jahres 2015 angelaufen und mit dem abgelaufen und die Verjährung sei wegen der Verzögerungen bei der Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses über fast sieben Monate im Jahr 2019, die mangels einer gebotenen Nachfrage als schuldhaft zu bewerten sind (vgl. , NJW 2021, 1598 Rn. 40 mwN), nicht mehr rechtzeitig gehemmt worden.

IV.

25Die Sache ist daher hinsichtlich des Hauptantrags zu I. mit dem Antrag zu a) und des Hauptantrags zu II. an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Sache ist insoweit schon deshalb nicht zugunsten des Klägers zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zur Höhe des Anspruchs getroffen hat. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

26Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung unter Beachtung der Grundsätze des Urteils des VII. Zivilsenats vom (VII ZR 396/21, juris Rn. 21 ff.) zu dem Ergebnis gelangen, die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hätten bereits im Jahr 2015 vorgelegen, so dass die Verjährungsfrist für den Anspruch aus §§ 826, 31 BGB nicht mehr rechtzeitig gehemmt worden sei, wird es der Frage nachzugehen haben, ob dem Kläger ein Anspruch auf Restschadensersatz nach §§ 826, 852 Satz 1 BGB zusteht. Dabei wird es davon auszugehen haben, dass ein Anspruch nach §§ 826, 852 Satz 1 BGB gegen die Beklagte, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts das Fahrzeug nicht selbst an den Kläger verkauft hat, nur unter den Bedingungen in Betracht kommt, die der Senat in seinem Urteil vom (VIa ZR 57/21, zVb, Rn. 13 f.) dargestellt hat.

27Liegt danach, was im Einzelfall festzustellen Sache des Tatrichters ist, dem Neuwagenkauf eines nach § 826 BGB durch den Fahrzeughersteller Geschädigten bei einem Händler die Bestellung des bereitzustellenden Fahrzeugs durch den Händler bei dem Fahrzeughersteller zugrunde und schließen der Fahrzeughersteller und der Händler einen Kaufvertrag über das Fahrzeug, aufgrund dessen der Fahrzeughersteller gegen den Händler einen Anspruch auf Zahlung des Händlereinkaufspreises erlangt, ist dem Grunde nach ein Anspruch aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB gegeben, weil der schadensauslösende Vertragsschluss zwischen dem Geschädigten und dem Händler einerseits und der Erwerb des Anspruchs auf Zahlung des Händlereinkaufspreises bzw. der Erwerb des Händlereinkaufspreises durch den Fahrzeughersteller andererseits auf derselben, wenn auch mittelbaren Vermögensverschiebung beruhen.

28Sollte der Händler im hier zur Entscheidung gestellten Fall dagegen, was das Berufungsgericht angenommen hat, wozu aber den Parteien nach der höchstrichterlichen Klärung der Entscheidungserheblichkeit dieser Frage noch eine Stellungnahme ermöglicht werden muss, das streitgegenständliche Fahrzeug unabhängig von einer Bestellung des Klägers vor dem Weiterverkauf auf eigene Kosten und eigenes (Absatz-)Risiko erworben haben, fehlt es an dem für §§ 826, 852 Satz 1 BGB erforderlichen Zurechnungszusammenhang. Nach Verjährung des Anspruchs aus §§ 826, 31 BGB bestünde dann auch kein Anspruch aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:210322UVIAZR275.21.0

Fundstelle(n):
NJW 2022 S. 2196 Nr. 30
WM 2022 S. 745 Nr. 15
FAAAI-59173