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FinMin NRW - S 2440

Änderung des nordrhein-westfälischen Kirchensteuergesetzes; Einführung des besonderen Kirchgelds

Durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Erhebung von KiSt im Land Nordrhein-Westfalen v. (GV. NRW S. 103) ist das nordrhein-westfälische Kirchensteuergesetz (KiStG NRW) aktualisiert und an zwischenzeitlich eingetretene Änderungen des EStG (z. B. § 51a EStG) angepasst worden. Darüber hinaus wird den nordrhein-westfälischen Kirchen als wesentliche Neuerung die Möglichkeit eröffnet, eine weitere Art der KiSt in Form des besonderen Kirchgelds zu erheben.

Das besondere Kirchgeld kann nach § 4 Abs. 1 Nr. 5 KiStG NRW n. F. von kistpfl. Personen erhoben werden, deren Ehegatte nicht kistpfl. ist, d. h. keiner steuererhebenden Religionsgemeinschaft angehört. Zu einer Festsetzung des besonderen Kirchgelds kommt es dann, wenn das Kirchenmitglied der nicht oder wenig(er) verdienende Ehegatte ist, während der nicht der Kirche angehörende Ehegatte die Einkünfte entweder allein oder ganz überwiegend bezogen hat. Da in diesen Fällen keine oder nur eine gering, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unzureichend berücksichtigende KiSt als Zuschlag zur ESt (LSt) anfällt, können die Kirchen als Ausgleich das besondere Kirchgeld erheben. Die Einzelheiten dazu regeln die Kirchen gemäß §§ 1 und 2 KiStG NRW im Rahmen des ihnen zustehenden Steuererhebungsrechtes selbst in ihren eigenen Steuerordnungen und jährlichen Hebesatzbeschlüssen. Die Verwaltung des besonderen Kirchgelds kann nach § 9 KiStG NRW n. F. auf Antrag der Kirchen den FÄ übertragen werden.

Von dieser Möglichkeit der Steuererhebung machen ab dem Steuerjahr (Kj) 2001 zunächst nur die drei Evangelischen Landeskirchen (Evangelische Kirche im Rheinland, Evangelische Kirche von Westfalen, Lippische Landeskirche) Gebrauch. Durch die Vierte Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Erhebung von KiSt im Land Nordrhein-Westfalen v. (Anlage 1) ist den nordrhein-westfälischen FÄ die Verwaltung des besonderen Kirchgelds mit Wirkung v. für die drei Evangelischen Landeskirchen übertragen worden. Für die Verwaltung durch die FÄ gilt im Einzelnen Folgendes:

1. Kirchgeldpflicht

Das besondere Kirchgeld wird nur im Fall der Zusammenveranlagung zur ESt (§§ 26, 26b EStG) erhoben, sofern ein Ehegatte der Evangelischen Kirche (Schlüsselzahl 1) und der andere Ehegatte keiner steuererhebenden Religionsgemeinschaft (Schlüsselzahl 9) angehört. Es wird nicht erhoben, wenn die Ehegatten getrennt (nach § 26a EStG) oder besonders (nach § 26c EStG) zur ESt zu veranlagen sind.

Die Pflicht zur Zahlung eines besonderen Kirchgelds begründet keinen eigenen Veranlagungstatbestand; eine Festsetzung erfolgt nur, wenn eine Zusammenveranlagung zur ESt (Pflicht- oder Antragsveranlagung) bereits aus anderen Gründen durchzuführen ist.

2. Bemessungsgrundlage und Höhe des besonderen Kirchgelds

Das besondere Kirchgeld wird nach Maßgabe einer gestaffelten Steuertabelle erhoben, die von den kirchlichen Organen durch Kirchensteuerbeschluss für das jeweilige Steuerjahr (Kj) festgelegt wird. Es bemisst sich nachdem zu versteuernden Einkommen der Ehegatten, das sich bei entsprechender Anwendung des § 51a Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG ergibt. Danach ist das zu versteuernde Einkommen ggf. noch um die Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG zu vermindern und um die steuerfreien Halbeinkünfte i. S. des § 3 Nr. 40 EStG abzüglich der darauf entfallenden BA oder WK zu erhöhen.

Die ab 2001 anzuwendende Kirchgeldtabelle ist als Anlage 2 beigefügt.

Das besondere Kirchgeld und eine KiSt als Zuschlag zur ESt dürfen nicht nebeneinander festgesetzt werden (§ 4 Abs. 4 Satz 2 KiStG NRW n. F.). Entfällt auf den kirchenangehörigen Ehegatten aufgrund eigener Einkünfte eine KiSt als Zuschlag zur ESt, so findet eine Vergleichsberechnung zwischen dem besonderen Kirchgeld und der Zuschlagsteuer statt; der höhere Betrag wird festgesetzt.

Das besondere Kirchgeld ermäßigt sich um evtl. Beitragszahlungen, die der nicht kistpfl. Ehegatte als Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft, die keine KiSt erhebt (vgl. hierzu EStGK NRW § 10 EStG 5.800), nachweislich entrichtet hat (§ 4 Abs. 4 Satz 3 KiStG NRW n. F.). Der Nachweis ist für jeden VZ nach R 101 Abs. 1 EStR durch Vorlage einer entsprechenden Empfangsbestätigung der Religionsgemeinschaft zu führen.

Beispiel:

Das nach Maßgabe des § 51a Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG ermittelte zu versteuernde Einkommen der zusammen veranlagten Ehegatten beträgt für den VZ 2001 385 000 DM. Der Ehemann ist Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Freikirche (z. B. Baptistengemeinde), an die er im Jahr 2001 Beiträge nach R 101 Abs. 1 EStR in Höhe von insgesamt 2 900 DM geleistet hat. Die Ehefrau ist evangelisch; aufgrund eigener Einkünfte entfällt auf sie eine KiSt als Zuschlag zur ESt von 330 DM.


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Kirchgeldberechnung
Kirchgeld lt. Tabelle
3 720 DM
abzgl. Freikirchenbeitrag
2 900 DM
festzusetzendes Kirchgeld
820 DM
KiSt als Zuschlag zur ESt
festzusetzende KiSt (Zuschlagsteuer)
330 DM
Ergebnis

Der höhere Betrag (820 DM Kirchgeld) wird festgesetzt.

(Wären keine freikirchlichen Beiträge anzurechnen, wäre ein besonderes Kirchgeld von 3 720 DM festzusetzen).

Auf das besondere Kirchgeld wird eine vom kistpl. Ehegatten ggf. im LSt-Abzugsverfahren gezahlte KiLSt angerechnet.

Liegen die Voraussetzungen für die Erhebung des besonderen Kirchgelds nicht während des ganzen Kj vor, wird für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für die Erhebung bestanden haben, gemäß § 5 Abs. 2 KiStG NRW n. F. je ein Zwölftel des jährlichen Kirchgelds festgesetzt.

3. Vorauszahlungen

Auf das besondere Kirchgeld sind Vorauszahlungen zu leisten. Eine Festsetzung erfolgt nur im Zusammenhang mit der Festsetzung (Anpassung) von ESt-Vorauszahlungen. Die Vorauszahlungen auf das besondere Kirchgeld sind gleichzeitig mit den Vorauszahlungen auf die ESt zu entrichten.

4. Rechtsbehelfsverfahren

Dem kistpfl. Ehegatten steht gegen die Heranziehung zum besonderen Kirchgeld als außergerichtlicher Rechtsbehelf der Einspruch zu. Er ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids bei der in der Kirchensteuerordnung bezeichneten kirchlichen Stelle einzulegen. Über den Einspruch entscheidet die in der Kirchensteuerordnung genannte kirchliche Stelle. Es ist der Finanzrechtsweg gegeben, die Vorschriften der FGO finden Anwendung.

5. Automationsunterstützung

Das besondere Kirchgeld und die Vorauszahlungen auf das besondere Kirchgeld sind keine eigenständigen Annexsteuern zur ESt, sondern werden als Teil der KiSt maschinell festgesetzt und erhoben. Die Ermittlung des besonderen Kirchgelds geht aus dem Berechnungsteil des Steuerbescheids hervor. Besondere Anweisungsgrundsätze sind bei der maschinellen Bearbeitung nicht zu beachten; lediglich die Beiträge des nicht kistpfl. Ehegatten, die dieser als Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft, die keine KiSt erhebt, ggf. entrichtet hat (vgl. hierzu vorstehend unter Nr. 2), sind zu Kz 30.27 anzuweisen. Die entsprechenden Programmleistungen werden voraussichtlich zum DE freigegeben.

6. Sonderausgabenabzug

Das besondere Kirchgeld ist eine KiSt und deshalb als SA nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG abzugsfähig.

Anlage 1


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Vierte Verordnung
zur Durchführung des Gesetzes über die Erhebung von Kirchensteuern
im Land Nordrhein-Wesfalen v. [1]

§ 1

Die Verwaltung des besonderen Kirchgelds i. S. des § 4 Abs. 1 Nr. 5 des Gesetzes über die Erhebung von KiSt im Land Nordrhein-Westfalen (KiStG) i. d. F. der Bekanntmachung v. (GV NRW S. 438), zuletzt geändert durch Gesetz v. (GV NRW S. 103), das die Evangelischen Landeskirchen im Gebiet von Nordrhein-Westfalen erheben, wird den FÄ übertragen, soweit das besondere Kirchgeld von zur ESt veranlagten Personen zu erheben ist, für die das Besteuerungsrecht den Evangelischen Landeskirchen zusteht.

§ 2

(1) Diese Verordnung tritt mit Wirkung v. in Kraft. Sie ist erstmals für die Festsetzung des besonderen Kirchgelds einschließlich der Festsetzung von Vorauszahlungen auf das besondere Kirchgeld für das Steuerjahr (Kj) 2001 anzuwenden.

(2) Die Verordnung wird erlassen

a) von dem Ministerpräsidenten und dem FinMin gemeinsam im Benehmen mit der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Lippischen Landeskirche aufgrund des § 18 Abs. 1 KiStG,

b) vom FinMin aufgrund des § 18 Abs. 2 KiStG.

Anlage 2


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Steuertabelle für das besondere Kirchgeld ab dem Steuerjahr (Kj) 2001

Bemessungsgrundlage
(zu versteuerndes Einkommen
der Ehegatten [2]
Bemessungsgrundlage und
Kirchgeld
in Euro ab 2002
Stufe
DM
Kirchgeld
in DM
Euro
Kirchgeld
in Euro
1
  60 000 -   74 999
   180
  30 000 -   37 499
     96
2
  75 000 -   99 999
   300
  37 500 -   49 999
   156
3
100 000 - 124 999
   540
  50 000 -   62 499
   276
4
125 000 - 149 999
   780
  62 500 -   74 999
   396
5
150 000 - 174 999
1 080
 75 000 -   87 499
   540
6
175 000 - 199 999
1 380
  87 500 -   99 999
   696
7
200 000 - 249 999
1 680
100 000 - 124 999
   840
8
250 000 - 299 999
2 400
125 000 - 149 999
1 200
9
300 000 - 349 999
3 120
150 000 - 174 999
1 560
10
350 000 - 399 999
3 720
175 000 - 199 999
1 860
11
400 000 - 499 999
4 440
200 000 - 249 999
2 220
12
500 000 - 599 999
5 880
250 000 - 299 999
2 940
13
ab 600 000
7 200
ab 300 000
3 600

FinMin NRW v. - S 2440

Fundstelle(n):
TAAAA-85993

1vgl. BStBl 2001 I S. 625

2ggf. nach Maßgabe des § 51a Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG korrigiert.