§ 17 EStG Nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG vor dem Hintergrund gesetzlicher Änderungen im Eigenkapitalersatzrecht; Herabsetzung der Wesentlichkeitsgrenze auf mindestens 10% bzw. mindestens 1%
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich im Jahre 1997 ausführlich mit der Berücksichtigung von eigenkapitalersetzenden Darlehen und Bürgschaften befasst. Ich verweise hierzu auf die Urteile vom (VIII R 16/94 - BStBl 1999 II, S. 339; VIII R 23/93 - BStBl 1999 II, S. 342), vom (VIII R 18/94 - BStBl 1999 II, S. 344) und vom (VIII R 6/96 - BStBl 1999 II, S. 348).
In diesen Urteilen hat sich der BFH immer eng an das Zivilrecht angelehnt und die Bedeutung des Eigenkapitalersatzrechtes für die Beurteilung von Darlehen und Bürgschaften als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG hervorgehoben.
Die im Folgenden beschriebenen, ab 1998 geltenden Neuregelungen des Kapitalersatzrechtes im Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) mit Auswirkungen auf das Aktienrecht sind gerade im Hinblick auf die neue Beteiligungsgrenze von mindestens 1% im § 17 EStG von großer Bedeutung.
I. Kapitalersatzrecht bei der GmbH
Mit zwei Gesetzen, die zivilrechtlich und wirtschaftlich betrachtet eine Erleichterung für Gesellschafter einer GmbH bedeuten, sind steuerrechtlich für den Bereich des § 17 EStG Einschränkungen bei der Berücksichtigung von (nachträglichen) Anschaffungskosten einer GmbH-Beteiligung in Kraft gesetzt worden.
1. Gesellschafter, die nicht Geschäftsführer sind
§ 32a Abs. 3 GmbHG ist mit Wirkung vom durch das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG - BGBl 1998 I, S. 707) um den Satz 2 ergänzt worden.
Darin heißt es, dass die Regeln über den Eigenkapitalersatz nicht für Gesellschafter gelten, die mit 10% oder weniger am Kapital der GmbH beteiligt sind und nicht Geschäftsführer der Gesellschaft sind.
Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 wurde die Wesentlichkeitsgrenze im § 17 EStG auf (mindestens) 10% herabgesetzt. Durch das Steuersenkungsgesetz erfolgte eine weitere Herabsetzung auf (mindestens) 1%. Gesellschafter, die keine Geschäftsführer der Gesellschaft sind und nur mit 10% oder weniger am Kapital der Gesellschaft beteiligt sind, unterliegen mit ihren Finanzierungsmaßnahmen (Darlehen, Bürgschaft) daher nicht dem Eigenkapitalersatzrecht. Sie können daher insoweit keine (nachträglichen) Anschaffungskosten auf ihre Beteiligung geltend machen. Dies gilt darüber hinaus auch für Dritte, die aufgrund eigener Verpflichtungen der Gesellschaft Beträge zuwenden. Auch ihre Finanzierungshilfen können nur als Anschaffungskosten der Beteiligung des Gesellschafters berücksichtigt werden, wenn die Finanzierungshilfen eigenkapitalersetzend sind. Ist also der Gesellschafter, aus dessen Vermögen diese Leistungen wirtschaftlich erfolgen sollen, nicht zu mehr als 10% an der Kapitalgesellschaft beteiligt und ist er kein Geschäftsführer, können derartige Aufwendungen steuerlich nicht berücksichtigt werden. Wegen weiterer Einzelheiten zur Berücksichtigung von Drittaufwand verweise ich auf meine Verfügung vom (S 2244-50-St 122-K).
2. Erwerb von Anteilen zur Überwindung der Gesellschaftskrise
Durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG - BGBl 1998 I, S. 786) ist § 32a Abs. 3 GmbHG um einen Satz 3 ergänzt worden. Hierin heißt es, dass der Erwerb von Anteilen an der Gesellschaft durch einen Darlehensgeber der Gesellschaft in der Krise nicht zur Anwendung der Regeln des Eigenkapitalersatzrechts für seine bisherigen oder neuen Darlehen führt. Es ist dabei erforderlich, dass er die Anteile nur zur Überwindung der Krise der Gesellschaft erworben hat. Diese Regelung ist ab dem anzuwenden.
Hat also ein Darlehensgeber vor der Krise der Gesellschaft ein Darlehen gegeben, das keinen eigenkapitalersetzenden Charakter hatte, und wird er in der Krise Gesellschafter mit einer im § 17 EStG geforderten Beteiligungshöhe, so führt dies nicht zur Umqualifikation dieses Darlehens als eigenkapitalersetzend. Gibt dieser Gesellschafter nach Erwerb der Anteile in der Krise weitere Darlehen, werden auch diese Finanzierungshilfen nicht eigenkapitalersetzend, obwohl es sich um in der Krise gegebene Darlehen handelt, die aufgrund der o.g. BFH-Rechtsprechung an sich als nachträgliche Anschaffungskosten auf eine Beteiligung zu behandeln sind. Grund ist hier der fehlende eigenkapitalersetzende Charakter. Insoweit können also auch keine (nachträglichen) Anschaffungskosten nach § 17 EStG berücksichtigt werden.
Dieses sogenannte Sanierungsprivileg gilt nicht für Darlehen, die bereits vor Eintritt der Krise eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt haben. Diese verlieren nicht nachträglich diesen Status. Das Sanierungsprivileg gilt ebenfalls nicht für Gesellschafter, die bereits vor der Krise den Regeln des Eigenkapitalersatzrechtes unterlegen haben, oder Dritte, die ebenfalls dem Kapitalersatzrecht unterlegen haben. Erwerben diese Altgesellschafter oder Dritte in der Krise weitere Anteile, unterliegen sie auch mit Finanzierungsmaßnahmen in der Krise dem Eigenkapitalersatzrecht. In diesen Fällen ändert sich nichts an der steuerlichen Berücksichtigungsfähigkeit von ausgefallenen Darlehen oder sonstigen Finanzierungsmaßnahmen.
II. Kapitalersatzrecht bei Aktiengesellschaften
Das Aktienrecht kennt keine dem § 32a Abs. 3 GmbHG entsprechenden Regelungen. Daher ist bei einer Beteiligung an einer Aktiengesellschaft in aller Regel erst ab einer Beteiligung von mehr als 25% (Sperrminorität) Eigenkapitalersatzrecht anwendbar. Erst ab einer solchen Beteiligung ist ein Gesellschafter ”unternehmerisch” am Grundkapital der Aktiengesellschaft beteiligt, sofern der Aktionär nicht ausnahmsweise bei einer darunter liegenden Beteiligung auf Grund weiterer Umstände (z.B. Konsortialverträge; familiäre Verflechtung unter den Aktionären) einen fortdauernden Einfluss auf die Unternehmensleitung hat und ersichtlich auch ausübt (vgl. BGH WM 1984, S. 625).
Finanzierungsmaßnahmen eines Aktionärs können also erst bei einer solchen Sperrminorität zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung führen. Wie eingangs erwähnt wurde die Beteiligungsgrenze des § 17 EStG schrittweise herabgesetzt. Insbesondere mit Anwendung der neuen Beteiligungsgrenze von (mindestens) 1% kann es bei Beteiligungen an Aktiengesellschaften vermehrt zur Geltendmachung von Finanzierungshilfen im Rahmen des § 17 EStG kommen. Bis zu einer Beteiligungshöhe von 25% bleiben diese Aufwendungen aber steuerlich unberücksichtigt. Sie unterliegen nicht dem Eigenkapitalersatzrecht; der Gesellschafter ist insoweit als Drittgläubiger der Gesellschaft zu behandeln.
OFD Düsseldorf v. - S
2244- 55 - St 122 - K
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NWB EN
1508/2002
LAAAA-85332