BGH Urteil v. - VIII ZR 25/12

Wohnraummietvertrag: Duldungsanspruch des Vermieters auf Anschluss einer Wohnung an die Zentralheizung

Gesetze: § 554 Abs 2 BGB

Instanzenzug: Az: 63 S 203/11 Urteilvorgehend AG Berlin-Mitte Az: 11 C 212/10

Tatbestand

1Die Beklagte mietete im Jahr 1989 vom Rechtsvorgänger des Klägers eine Wohnung in Berlin Mitte an, die damals mit einem Einzelofen und einem G.   -Heizgerät ausgestattet war. Im Jahr 1991 baute sie im Einverständnis mit dem damaligen Vermieter auf eigene Kosten eine Gasetagenheizung ein.

2Mit Schreiben vom erbat der Kläger von der Beklagten vergeblich die Duldung des Anschlusses ihrer Wohnung an die im Gebäude inzwischen vorhandene Zentralheizung. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Gründe

3Die Revision hat Erfolg.

I.

4Das Berufungsgericht (LG Berlin, GE 2012, 270) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

5Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch darauf, den Anschluss ihrer Wohnung an die Zentralheizung zu dulden. Es handele sich dabei um eine Modernisierung im Sinne des § 554 Abs. 2 BGB, weil die Wohnung der Beklagten seitens des Vermieters nur mit Einzelöfen ausgestattet sei. Der Umstand, dass die Beklagte die Wohnung aufgrund einer entsprechenden Modernisierungsvereinbarung mit dem Rechtsvorgänger des Klägers mit einer Gasetagenheizung ausgestattet habe, bleibe außer Betracht, weil vom Mieter geschaffene Modernisierungen im Rahmen des § 554 Abs. 2 BGB nicht berücksichtigt werden dürften; anderenfalls hätte es der Mieter in der Hand, eine Modernisierung des Vermieters durch eigene Investitionen zu blockieren.

6Die Beklagte könne auch nicht geltend machen, dass die Modernisierung für sie mit Rücksicht auf die zu erwartende Mieterhöhung eine unzumutbare Härte darstelle, denn die Wohnung werde durch den Anschluss an die Zentralheizung lediglich in einen allgemein üblichen Zustand versetzt (§ 554 Abs. 2 Satz 4 BGB). Ausgangspunkt für die Beurteilung sei auch hier der für die Bemessung der Miete maßgebliche Zustand, mithin der vom Vermieter zur Verfügung gestellte Zustand mit Einzelöfen.

II.

7Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte, den Anschluss ihrer Wohnung an die Zentralheizung zu dulden, nicht bejaht werden.

8Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, kommt es für die Beurteilung der Frage, ob vom Vermieter geplante bauliche Maßnahmen als Verbesserung der Mietsache im Sinne des § 554 Abs. 2 BGB anzusehen sind, auf den gegenwärtigen Zustand der Mietsache einschließlich der vom Mieter rechtmäßig vorgenommenen Verbesserungen an; lediglich vom Mieter vertragswidrig vorgenommene Veränderungen bleiben außer Betracht (Senatsurteil vom - VIII ZR 110/11, WuM 2012, 448 Rn. 13).

9Dieser Maßstab gilt auch für die Beurteilung der Frage, ob eine Härtefallprüfung nach § 554 Abs. 2 Satz 4 BGB unterbleibt, weil die Mietsache durch die vom Vermieter beabsichtigte Maßnahme lediglich in einen Zustand versetzt wird, wie er allgemein üblich ist; auch insoweit ist der gegenwärtige Zustand einschließlich vom Mieter rechtmäßig vorgenommener Veränderungen zugrunde zu legen.

10Die in § 554 Abs. 2 Satz 4 BGB vorgesehene Ausnahme von der Härtefallprüfung soll im Interesse der Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse verhindern, dass eine Modernisierung, mit der lediglich ein allgemein üblicher Standard erreicht wird, im Hinblick auf persönliche Härtegründe des Mieters unterbleibt. Diese Zielsetzung verbietet es, einen vom Mieter rechtmäßig geschaffenen Zustand, der diesem Standard bereits entspricht, außer Acht zu lassen. Ein Ausschluss der Härtefallprüfung nach § 554 Abs. 2 BGB kann deshalb nicht damit begründet werden, dass die früher vorhandenen Einzelöfen dem heutigen allgemein üblichen Zustand nicht entsprechen. Gegenüber der bereits vorhandenen Gasetagenheizung stellt die inzwischen eingebaute Zentralheizung keine Wohnwertverbesserung dar, denn in der Regel ist eine Gasetagenheizung, deren Einstellung der Mieter allein regeln kann, zumindest ebenso komfortabel wie eine Zentralheizung. Es kann daher nicht angenommen werden, dass erst mit dem Anschluss der Wohnung der Beklagten an die Zentralheizung ein allgemein üblicher Wohnstandard erreicht würde.

III.

11Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 2 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - vor dem Hintergrund der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob der Anschluss der Wohnung der Beklagten an die Zentralheizung zu einer Einsparung von Energie führt und ob in ihrer Person ein Härtegrund im Sinne des § 554 Abs. 2 Satz 2 BGB vorliegt. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Ball                              Dr. Milger                              Dr. Achilles

           Dr. Schneider                            Dr. Bünger

Fundstelle(n):
DAAAI-35519