BGH Beschluss v. - 1 StR 122/16

Lohnsteuerhinterziehung durch Nichtabgabe von Lohnsteueranmeldungen und Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen: Auswirkungen der unzutreffenden Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses

Gesetze: § 370 Abs 1 Nr 2 AO, § 52 StGB, § 53 StGB, § 266a Abs 1 StGB, § 266a Abs 2 Nr 2 StGB

Instanzenzug: Az: 4 KLs 2050 Js 63238/14

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Soweit das Landgericht „zu Gunsten des Angeklagten“ (UA S. 6) hinsichtlich der durch Nichtabgabe von Lohnsteueranmeldungen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begangenen Steuerhinterziehungen von lediglich einer Unterlassungstat jährlich ausgegangen ist, hält dies rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Gemäß § 41a Abs. 2 Satz 1 EStG ist der Lohnsteuer-Anmeldezeit-raum grundsätzlich der Kalendermonat. Wenn die Lohnsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 1.080 Euro (im Tatzeitraum 2009 – 2013: 1.000 Euro), aber nicht mehr als 4.000 Euro betragen hat, ist das Kalendervierteljahr der Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum (§ 41a Abs. 2 Satz 2 1. HS EStG). Lediglich dann, wenn die Lohnsteuer für das vergangene Kalenderjahr nicht mehr als 1.080 Euro (im Tatzeitraum: 1.000 Euro) betragen hat, ist der Lohnsteueranmeldungszeitraum das Kalenderjahr (§ 41a Abs. 2 Satz 2 2. HS EStG). Da diese Grenzen im Tatzeitraum jeweils überschritten wurden, hätte der Angeklagte jeweils monatliche Lohnsteueranmeldungen abgeben müssen. Die Nichtabgabe jeder einzelnen dieser Lohnsteueranmeldungen stellt eine eigenständige Steuerhinterziehung des Angeklagten durch Unterlassen dar (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO). Das Landgericht hätte deshalb die Besteuerungsgrundlagen für die jeweiligen monatlichen Anmeldezeiträume– soweit erforderlich durch Schätzung (vgl. dazu , NStZ 2010, 635 sowie Jäger in Klein, AO, 12. Aufl., § 370 Rn. 98 mwN) – ermitteln und die verkürzte Lohnsteuer errechnen müssen.
Der Senat schließt jedoch aus, dass sich die rechtsfehlerhafte Zusammenfassung mehrerer Unterlassungstaten zu jährlich einer Tat zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Denn die unzutreffende Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses beeinflusst den materiellen Unrechts- und Schuldgehalt der Taten insgesamt nicht (vgl. , BVerfGK 3, 20; BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 440/14, Rn. 5, NStZ-RR 2015, 113 und vom – 2 StR 507/13; jeweils mwN). Das Landgericht hat auch für keine der Steuerhinterziehungen wegen Verkürzung von Steuern in großem Ausmaß gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO die Strafe dem Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO für besonders schwere Fälle entnommen.
2. Der Umstand, dass das Landgericht bei gleichzeitigem Vorenthalten von Arbeitgeberbeiträgen nach § 266a Abs. 1 StGB und Arbeitnehmerbeiträgen nach § 266a Abs. 2 Nr. 2 StGB entgegen der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 76/15 Rn. 15, wistra 2015, 393 und vom – 1 StR 111/10, wistra 2010, 408) nicht von einer einheitlichen Tat, sondern von Tateinheit ausgegangen ist, beschwert den Angeklagten ebenfalls nicht. Denn die zusätzliche Verwirklichung von § 266a Abs. 2 Nr. 2 StGB durfte im Rahmen des Schuldumfangs Berücksichtigung finden (vgl. BGH aaO).

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:210416B1STR122.16.0

Fundstelle(n):
AO-StB 2017 S. 102 Nr. 4
VAAAI-15710