Schweigen des verweigerungsberechtigten Zeugen: Zulässigkeit der Prüfung und Bewertung der Gründe des Aussageverhaltens des Zeugen
Gesetze: § 52 Abs 1 StPO, § 261 StPO
Instanzenzug: Az: 2060 Js 36378/14 jug Ks
Tenor
Die Revisionen der Angeklagten gegen das werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
1. Die in der Beweiswürdigung des Landgerichts enthaltene Erwägung, die den Angeklagten S. entlastenden Angaben seines Bruders B. S. seien nicht glaubhaft, weil dieser sie erst zu einem Zeitpunkt gemacht habe, als der Angeklagte bereits mehrere Monate in Haft gewesen sei, begegnet grundsätzlich rechtlichen Bedenken. Der unbefangene Gebrauch des Schweigerechts gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO wäre nicht gewährleistet, wenn ein verweigerungsberechtigter Zeuge die Prüfung und Bewertung der Gründe für sein Aussageverhalten befürchten müsste. Deshalb dürfen weder aus der durchgehenden noch aus der nur anfänglichen Zeugnisverweigerung dem Angeklagten nachteilige Schlüsse gezogen werden. Letzterem steht es gleich, wenn es ein zur Zeugnisverweigerung Berechtigter - wie hier - zunächst unterlässt, von sich aus Angaben zu machen. Einer Würdigung zugänglich ist allein das nur teilweise Schweigen des Zeugen zur Sache (st. Rspr.; vgl. nur , NStZ 2014, 415 mwN). Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil indes nicht. Das Landgericht hat die Angaben des Bruders des Angeklagten (und dessen Cousins) auch deshalb für unglaubhaft angesehen, weil diese im Widerspruch zu Angaben der beiden Angeklagten standen, der Zeuge B. S. bekundete, es habe von niemandem Tritte gegeben, was ebenfalls den Angaben des Angeklagten S. sowie den des Mitangeklagten A. widersprach, und er seine Angaben während der Vernehmung geändert hatte.
2. Die im Schriftsatz des Verteidigers des Angeklagten S. vom enthaltenen Einzelangriffe gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts bleiben ohne Erfolg. Die Beweiswürdigung ist auch im Übrigen im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Insoweit gilt:
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Diesem obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung hat sich darauf zu beschränken, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind, was in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall ist, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überhöhte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; vgl. zuletzt , juris Rn. 16 mwN). Daran gemessen unterliegt die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Revisionsangriffe erschöpfen sich im Wesentlichen in dem im Revisionsverfahren unbeachtlichen Versuch, die erhobenen Beweise anders als der Tatrichter zu würdigen. Dies kann dem Rechtsmittel regelmäßig und auch vorliegend nicht zum Erfolg verhelfen.
Der Senat ist - anders als die Revision des Angeklagten S. meint - nicht gehindert, im Beschlusswege gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu entscheiden. Dessen Voraussetzungen liegen vor; im Übrigen hat der Schriftsatz des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Si. vom nach dem Inhalt der Verfahrensakten und des Senatsheftes dem Generalbundesanwalt vor der Zuleitung seiner Antragsschrift vom an den Senat vorgelegen.
Becker Hubert Schäfer
Mayer Spaniol
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:120116B3STR462.15.0
Fundstelle(n):
SAAAI-15361