BGH Beschluss v. - 1 StR 515/14

Sicherungsverwahrung: Bewertung zulässigen Verteidigungsverhaltens; Absehen von der Anordnung trotz bestehender hangbedingter Gefährlichkeit

Gesetze: § 66 Abs 2 StGB vom , § 66 Abs 3 StGB vom

Instanzenzug: LG Regensburg Az: 2 KLs 122 Js 1452/09

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Zwar darf auch nach Rechtskraft des Schuld- und Strafausspruchs zulässiges Verteidigungsverhalten weder hangbegründend noch als Anknüpfungspunkt für die Gefährlichkeit gewertet werden (BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 250/01; NStZ 2001, 595, 596; vom - 1 StR 300/09, NStZ 2010, 270, 271; vom - 1 StR 320/14). Dies hat das Landgericht auch beachtet. Es hat dementsprechend das Vorliegen eines Hangs des Angeklagten und seiner daraus resultierenden erhöhten Gefährlichkeit mit einer sorgfältigen Würdigung der individuell bedeutsamen und weiter wirksamen Bedingungsfaktoren für die Delinquenz begründet, ohne an das Verteidigungsverhalten des Angeklagten anzuknüpfen.
Im Rahmen seiner Ermessensausübung nach § 66 Abs. 2 und 3 Satz 2 StGB aF hat es sodann geprüft, ob die individuelle Entwicklung während der Strafhaft eine Verringerung der Gefährlichkeit aufgrund des Hinzutretens protektiv wirkender Umstände erwarten lässt. Als solche hat es unter anderem mögliche Therapien und deren Erfolgsaussichten erörtert. Im Anschluss an zwei Sachverständige hat es sich davon überzeugt, dass es beim Angeklagten eines komplexen Therapieansatzes bedarf, der jedoch nur bei „echtem" Therapiewillen und damit verbundener Einsicht in die Taten Erfolg verspreche. Da es daran beim Angeklagten fehle, könnten zum "aktuellen Zeitpunkt" die nötigen Voraussetzungen für eine Therapie nicht festgestellt werden, so dass der Erfolg etwaiger therapeutischer Maßnahmen „gegenwärtig völlig offen" sei.
Dies zeigt keine Rechtsfehler auf. Die Wirkungen von im Strafvollzug (möglicherweise) wahrgenommenen Therapieangeboten können im Einzelfall wesentliche gegen die Anordnung der Maßregel sprechende Gesichtspunkte darstellen (vgl. , StV 2011, 276). Ein Absehen von der Anordnung trotz bestehender hangbedingter Gefährlichkeit kommt in Ausübung des in § 66 Abs. 2 und 3 StGB eingeräumten Ermessens aber nur dann in Betracht, wenn bereits zum Zeitpunkt des Urteilserlasses die Erwartung begründet ist, der Täter werde hierdurch eine Haltungsänderung erfahren, so dass für das Ende des Strafvollzugs eine günstige Prognose gestellt werden kann (, NStZ-RR 2012, 272 [Ls.]; Beschluss vom 3 StR 221/11).
Danach hat das Landgericht für seine Ermessensausübung den zutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt und geprüft, ob zumindest konkrete Anhaltspunkte für einen Behandlungserfolg (vgl. auch , NStZ-RR 2005, 337, 338 und vom - 3 StR 466/10, NStZ-RR 2011, 172; Beschluss vom - 2 StR 592/11) vorliegen, dies aber wegen der derzeit schlechten Ausgangsbedingungen für eine Therapie zutreffend verneint.
Rothfuß                                  Cirener                              Radtke
                     Mosbacher                             Fischer

Fundstelle(n):
NAAAI-14009