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OFD Hannover - S 7233 - 9 - StH 443 S 7233 - 6 - StO 354

§ 12 UStG Umsatzsteuersatz bei Pferdepension und -training

A. Allgemeines

Leistungen, die Pferdepensionen und -trainer z. B. aufgrund Pferdeeinstellungsverträgen gegenüber Besitzem von Reit- und Rennpferden erbringen, unterliegen dem ermäßigten Steuersatz, wenn die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG für das Halten von Vieh (Pensionsviehhaltung) vorliegen. Eine begünstigte einheitliche Leistung liegt vor, wenn der Pensionsbetrieb verpflichtet ist, folgende Leistungsbestandteile zu erbringen:

  1. Unterbringung (Unterstellung),

  2. Füttern und Tränken sowie

  3. Pflege

des Pferdes.

B. Definition des Pflegebegriffs

Abgrenzungsfragen zum Merkmal ”Pflege” sind nach den Bedürfnissen des Pferdes zu beurteilen. Dieses Merkmal ist nur dann erfüllt, wenn der Pensionsbetrieb verpflichtet ist, bestimmte Mindestleistungen zu erbringen.

Abzustellen ist auf das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse. Es kommt darauf an, dass der Unternehmer im Ergebnis für den ordnungsgemäßen Zustand eines Tieres einzustehen hat. Es ist unschädlich, wenn einzelne Pflegeleistungen zeitweise durch den Tierbesitzer ausgeführt werden und der Pensionsbetrieb dann nicht selbst tätig wird. Es muss jedoch die ständige Leistungsbereitschaft des Unternehmers gegeben sein, die vereinbarten Leistungen jederzeit auch ohne Aufforderung durch den Tierbesitzer zu erfüllen. Der Unternehmer muss hierzu über die erforderliche Organisationsstruktur und geeignetes Personal in hinreichendem Umfang verfügen.

Zur Pflege gehören folgende Leistungen:

  1. Bewegen des Pferdes

    Nur das der Gesunderhaltung des Tieres dienende Bewegen fällt unter den Pflegebegriff. Eine Pflegeleistung des Pensionsbetriebs liegt nur dann vor, wenn dieser verpflichtet ist, das Tier zu bewegen. Es ist hierfür ausreichend, das Tier aus der Box auf eine Weide zu bringen, wo es sich selbst bewegen kann (Weidegang).

    Nicht unter das Bewegen des Pferdes zur Gesunderhaltung des Tieres fällt der Beritt (siehe weiter unten).

  2. Gewährleistung des Gesundheitszustandes des Tieres durch Kontrolle ggf. eigenverantwortliche Veranlassung tierärztlicher Maßnahmen.

  3. Reinigung

    Zur Reinigung gehören das zur Verfügungstellen einer sauberen Box (Reinigen der Boxenwände) durch den Pensionsinhaber sowie das Reinigen der Tiere.

  4. Ausmisten des Einstellplatzes

  5. Einstreuen des Einstellplatzes

Nicht zur Pflege gehören folgende Leistungselemente:

  • Beritt

    Der Beritt stellt eine sportliche Betätigung durch den Reiter oder Pensionsinhaber dar; er ist für die Pflege nicht erforderlich. Beritt ist sportliche Betätigung, das Bewegen geht sozusagen im Beritt unter.

    Vom Pensionsinhaber erbrachter Beritt stellt - ggf. neben der begünstigten Pflegeleistung - immer eine eigenständige sonstige Hauptleistung dar, die dem allgemeinen Steuersatz unterliegt.

  • Benutzung der Reitbahn

    Diese Leistung hat mit dem Halten von Vieh nichts zu tun, sie ist dem Reiten durch den Pferdebesitzer zuzuordnen und nicht Bestandteil einer Pflegeleistung.

    Insoweit liegt eine unselbstständige Nebenleistung zur Hauptleistung vor (zur Beurteilung der Hauptleistung als Vermietung, Betreuung oder Halten von Vieh siehe Abschnitt C.).

  • Ausbildung und Training

    Die Ausbildung und das Training der Pferde durch geschultes Personal stellen immer selbstständige Sonderleistungen dar, die nicht zur einheitlichen Leistung ”Pensionsviehhaltung” gehören und dem allgemeinen Steuersatz unterliegen. Wird ein Pauschalentgelt gezahlt, ist dieses im Schätzungswege aufzuteilen (z. B. anhand der Kosten nach dem Lohnanteil für das zur Ausbildung und zum Training der Pferde eingesetzte geschulte Personal.

  • Revisionsverfahren V R 38/02

    Das FG Düsseldorf hat mit Urteil vom - 5 K 2483/00 U (EFG 2002 S. 1411) entschieden, dass ein dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterfallendes ”Halten von Vieh” i. S. des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG nur dann vorliegt, wenn sich der Pferdepensionsbetreiber neben der Unterbringung und Fütterung auch zur umfassenden Pflege der untergestellten Pferde verpflichtet.

    Das FG Düsseldorf ist der Auffassung, dass Pferdepensionsumsätze nur dann ermäßigt zu besteuern sind, wenn die artgerechte Haltung der Tiere auch ohne eigene Betreuungsleistungen der Pferdebesitzer jederzeit gewährleistet ist.

    Falls nach den Einstellungsverträgen die Pferdepensionsbetreiber zu diesen Pflegeleistungen verpflichtet sind, ist es demnach unschädlich, dass die Pferdebesitzer gelegentlich oder auch regelmäßig selbst das Putzen, Striegeln und Bewegen der Pferde vornehmen.

    Dies gilt allerdings nur, wenn sich die Leistung des Pferdepensionsbetreibers auf die erwähnten Leistungen der Unterbringung. Fütterung und Pflege beschränkt.

    Wird daneben noch zur Ausübung des Reitsports die Benutzung von Reitanlagen gestattet, liegt kein steuerbegünstigtes ”Halten von Vieh” mehr vor, sondern eine einheitliche Leistung eigener Art (Leistungspaket zur Ausübung des Reitsports), die dem allgemeinen Steuersatz unterliegt (entgegen der unter Tz. 2.3 vertretenen Auffassung!).

    Das Urteil ist revisionsbefangen (Az. des BFH: V R 38/02). Auf die FG-Entscheidung gestützte Rechtsbehelfe ruhen gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO bis zur Entscheidung des BFH. Aussetzung der Vollziehung ist hingegen nicht zu gewähren.

C. Umsatzsteuerliche Beurteilung der Leistungen des Pensionsinhabers

Je nach vertraglicher Gestaltung und Leistungsumfang des Pensionsbetriebs können dessen Gesamtleistungen umsatzsteuerlich wie folgt zu beurteilen sein:

  1. Vermietungsleistung

    Ist nur die reine Unterbringung vereinbart (nur Leistung zu A.1.) liegt steuerfreie Vermietung einer Box vor (§ 4 Nr. 12 a UStG), wenn eine bestimmte Grundstücksfläche unter Ausschluss anderer überlassen wird.

  2. Betreuungs-/Verwahrungsleistung

    Sind nur Unterbringung und Füttern/Tränken vereinbart (Leistungen zu A.1. und A.2.) liegen steuerbare Betreuungs-/Verwahrungsleistungen vor, die insgesamt nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG begünstigt sind, weil keine Pflege erbracht wird (allgemeiner Steuersatz). Das Gleiche gilt, wenn nur einige der in Abschnitt B. Nrn. 1. bis 5. genannten Leistungen ausgeführt werden.

  3. Halten von Vieh

    Hat der Pensionsbetrieb Unterbringungs-, Fütterungs- und Pflegeleistungen zu erbringen (vollständige Leistungen gemäß Abschnitt A.1. bis A.3.), liegt begünstigtes Halten von Vieh i. S. von § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG vor.

D. Beispiele

Beispiel 1:

Die Pferdepension P bietet Pferdebesitzern zwei Verträge zur Wahl an:

1. Pferdeeinstellungsvertrag zu einem Pensionspreis von monatlich 500,--DM.

Leistungen der P:

  • Vermietung einer Box (ohne Anspruch auf bestimmten Platz),

  • Ausmisten der Boxen und Versorgung mit frischem Stroh,

  • tägliches Füttern und Tränken der Pferde,

  • Kontrolle der Tiere (ggf. Anforderung eines Tierarztes oder Benachrichtigung des Eigentümers über Besonderheiten) und

  • Benutzung der Reitbahn im Freien, der Reithalle sowie der vorhandenen Einrichtung, wie z. B. Wasch- und Schmiedeplatz, Solarium und Sattelkammer.

Die Pferdebesitzer sind täglich 1 bis 2 Stunden zur aktiven Mitarbeit verpflichtet und müssen die Tiere u. a. selbst bewegen, reiten und striegeln.

Umsatzsteuerliche Beurteilung:

P erbringt eine einheitliche Betreuungsleistung, die insgesamt steuerbar ist. Die Überlassung der Reitbahn, der Reithalle und der übrigen Einrichtungen stellen unselbstständige Nebenleistungen dar.

Die Leistung der P unterliegt dem allgemeinen Steuersatz. Es liegt kein begünstigtes Halten von Vieh vor, da die Pferde nicht von P sondern von ihren Besitzem gepflegt werden (kein Bewegen und Reinigen der Tiere durch P).

2. Pferdeeinstellungsvertrag zu einem Pensionspreis von monatlich 1.000.-- DM

Leistungen der P:

  • Leistungskatalog wie im 1. Vertrag,

zusätzlich:

  • tägliches Bewegen der Tiere, Striegeln und Auskratzen der Hufe (der Pferdebesitzer muss nicht zur Versorgung seines Tieres beitragen) sowie

  • Ausbildung und Training durch geschultes Personal.

Umsatzsteuerliche Beurteilung:

Da zur Leistung der P nunmehr auch die Pflege der Tiere gehört (alle Leistungsmerkmale gemäß Abschnitt B. Nrn. 1. bis 5. erfüllt), liegen sämtliche Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG vor, die Pensionsviehhaltung unterliegt dem ermäßigten Steuersatz. Ausbildung und Training unterliegen als selbstständige Leistungen dem allgemeinen Steuersatz.

Beispiel 2:

T ist selbstständiger Pferdetrainer; er darf aufgrund besonderer Vereinbarungen mit einem Reiterverein 20 Pferdeboxen, eine Sattelkammer und einen Büroraum nutzen sowie bei Bedarf auch die Trainingsbahn, die Grasbahn und die Startmaschine.

Den Pferdebesitzern bietet T folgende Leistungen an:

  • Trainingsleistung einschließlich Füttern, Tränken und Pflege 33,-- DM/täglich

  • Unterbringung 90,-- DM monatlich

  • Stalldungentsorgung 30,-- DM monatlich

  • Bahngebühren 25,-- DM monatlich

  • Transport zu den Rennen

Die Leistungen zu 2. und 4. werden vertraglich unmittelbar zwischen dem Reiterverein und dem jeweiligen Pferdebesitzer vereinbart und erbracht.

Umsatzsteuerliche Beurteilung:

Da die Unterbringung der Pferde nicht durch T, sondern unmittelbar durch den Reiterverein erfolgt, kann die Leistung des T gegenüber dem Pferdebesitzer mangels selbst erbrachter Unterbringungsleistung nicht als begünstigtes Halten von Vieh i. S. des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG angesehen werden. T erbringt folgende selbstständige Leistungen:

  • Training,

  • Füttern, Tränken und Pflege der Tiere sowie

  • Transport zu den Rennen.

Diese unterliegen jeweils dem allgemeinen Steuersatz.

Abwandlung des Beispiels 2:

Die Leistungen zu 2. bis 4. werden unmittelbar zwischen T und dem Pferdebesitzer vereinbart. T bedient sich zur Durchführung der Arbeiten des Reitervereins; er berechnet seinen Kunden lediglich die ihm vom Verein in Rechnung gestellten Beträge weiter.

Umsatzsteuerliche Beurteilung:

Da T die Leistungen zu 2. bis 4. selbst schuldet und auch in eigenem Namen und auf eigene Rechnung gegenüber seinen Kunden abrechnet, erbringt er auch die Unterbringungsleistung. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG für die Annahme des Haltens von Vieh liegen vor, wenn von T alle Leistungen nach Abschn. B. Nrn. 1. bis 5. erbracht werden).

Die Leistung des T ist begünstigt, soweit Halten von Vieh vorliegt. Darüber hinaus erbrachte Trainings- und Transportleistungen sind eigenständig zu beurteilen; sie stellen weitere, nicht begünstigte Hauptleistungen dar.

E. Mustervertrag der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V.

Ein Mustervertrag ist auszugsweise in der Anlage zu dieser Karteikarte abgedruckt. Auch wenn nicht alle für die Annahme einer Pflege in Teil B. genannten Leistungen vorgesehen sind (z. B. ist das Reinigen der Tiere nicht als Pflichtleistung des Pensionsbetriebs vereinbart), ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse doch eine begünstigte Pensionsviehhaltung anzunehmen.

OFD Hannover v. - S 7233 - 9 - StH 443 S 7233 - 6 - StO 354

Fundstelle(n):
CAAAA-82153