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OFD Koblenz - S 2333 A – St 423

§ 3 EStG Betriebliche Altersversorgung;

1. Systemumstellung der kirchlichen Versorgungskassen

Die kirchlichen Zusatzversorgungskassen haben im Bereich der Alters- und Hinterbliebenenversorgung zum das bisherige Umlage-Abschnittsdeckungsverfahren durch eine kapitalgedeckte Beitragsfinanzierung abgelöst.

Die Systemumstellung erforderte u. a. die Feststellung der erworbenen Ansprüche (Besitzstandes) der Arbeitnehmer im bisherigen Umlage-Abschnittsdeckungsverfahren zum Umstellungsstichtag . Der Vergleich des ermittelten Besitzstandes der Arbeitnehmer mit dem vorhandenen Vermögen im Zeitpunkt der Systemumstellung ergab eine Deckungslücke. Zur Finanzierung dieser Deckungslücke wird nach der Satzung der kirchlichen Versorgungskassen ein sog. Sanierungsgeld erhoben. Schuldner dieses Sanierungsgeldes sind die einzelnen kirchlichen Arbeitgeber.

Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder sind der Auffassung, dass es sich bei dem Sanierungsgeld um steuerbaren Arbeitslohn handelt, der nach § 40 b EStG mit 20 % pauschal versteuert werden kann. Steuerfreie Sanierungsgelder können nämlich nur zusätzliche Zahlungen des Arbeitgebers sein, die über die im Zeitpunkt der Schließung des alten Gesamtversorgungssystems geltenden Umlagesätze und den zum Erwerb der Neuanwartschaften im Rahmen des Kapitaldeckungsverfahrens vorgesehenen Beitragssatz hinausgehen. Dies ist bei den kirchlichen Versorgungskassen nicht der Fall.

Allerdings hat das Finanzgericht Köln in einem Musterverfahren in dieser Angelegenheit mit Beschluss vom – 5 V 5261/02 – die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem streitigen Sanierungsgeld nicht um steuerbaren Arbeitslohn handelt. Es bestehen daher keine Bedenken, Anträgen kirchlicher Arbeitgeber/Versorgungskassen auf Aussetzung der Vollziehung der Lohnsteuer für das streitige Sanierungsgeld stattzugeben und entsprechende Einspruchsverfahren bis zur Entscheidung im o. g. Musterverfahren gemäß § 363 Abs. 2 AO ruhen zu lassen.

2. Reform der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst

Im öffentlichen Dienst haben sich die Tarifvertragsparteien im November 2001 über eine grundlegende Reform der Zusatzversorgung geeinigt (Tarifvertrag Altersversorgung – ATV –), da dem bisherigen Versorgungssystem massive Ausgabenerhöhungen drohten, insbesondere bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), aber auch bei den Zusatzversorgungskassen im kommunalen Bereich. Das bisherige Versorgungsmodell (Gesamtversorgungsmodell wie bei den Beamten; gesetzliche Rente wird gegengerechnet) wurde zum geschlossen und durch ein Betriebsrentensystem ersetzt. Die Schließung bedeutete, dass alle aktiven Arbeitnehmer in das neue System überführt werden mussten, wobei deren Versorgungsanwartschaften versicherungsmathematisch ermittelt wurden.

Die neue Zusatzversorgung basiert auf einem versicherungsmathematischen Punktemodell, wobei die künftige Finanzierung der laufenden Leistungen weiterhin im Umlageverfahren erfolgen soll. Durch die Schließung des Gesamtversorgungssystems und des Wechsels zum Punktemodell entsteht weiterer Finanzierungsbedarf, der durch die Umlagen nicht gedeckt ist. Dieser Fehlbetrag ist von den Arbeitgebern zusätzlich zur Umlage in Form von sogenannten Sanierungsgeldern (§ 17 ATV) auszugleichen. Die Tarifvertragsparteien gehen in § 17 Abs. 1 Satz 2 ATV von der Steuerfreiheit der Sanierungsgelder aus.

Die Finanzverwaltung hat folgende Erfordernisse für die Steuerfreiheit der Sanierungsgelder aufgestellt:

Zuschüsse zur Deckung des finanziellen Fehlbedarfs stellen nur dann keinen Arbeitslohn dar, wenn die Erhebung nicht im freien Belieben der ZVK steht. Es muss vielmehr objektiv ein Sanierungsbedarf hinsichtlich des alten Systems bestehen und diese Sonderzahlung darf nur dem alten System zugeordnet werden, der Fehlbetrag also nicht lediglich auf die Umstellung der Finanzbasis zurückzuführen sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn das bisherige Versorgungssystem im Ergebnis tatsächlich geschlossen und ein neues Versorgungssystem aufgebaut wird. Hierfür ist erforderlich, dass:

  • eine deutliche Trennung zwischen Bestandsrentnern und Arbeitnehmern-Alt einerseits und Neueinstellungen andererseits sichtbar wird,

  • der finanzielle Fehlbedarf zum Zeitpunkt des Schließung hinsichtlich der Bestandsrentner und der Arbeitnehmer-Alt ermittelt wird und

  • dieser Betrag ausschließlich vom Arbeitgeber als (zusätzlicher) Zuschuss entsprechend dem periodischen Bedarf geleistet wird.

Diese Voraussetzungen sind bei den von der VBL erhobenen Sanierungsgeldern erfüllt. Die steuerliche Behandlung der Sanierungsgelder, die von anderen ZVK des öffentlichen Dienstes erhoben werden, ist derzeit noch ungeklärt (s.o. Kirchliche ZVK).

Die Steuerpflicht der laufenden Umlagen (in der gegenwärtigen Höhe) bleibt hiervon unberührt, d.h. es handelt sich weiterhin um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Darüber hinaus ist zu beachten, dass es für eine Reduzierung der Umlagen keinen Raum gibt, solange ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf in Form von Sanierungsgeldern besteht.

Bei sinkendem Finanzierungsbedarf müssen sich vielmehr zunächst die Sanierungsgelder reduzieren, denn (steuerpflichtige) Umlagezahlungen dürfen nicht durch Sanierungsgelder ersetzt werden.

Allerdings wird es in Zukunft zulässig sein, bei sinkendem Finanzierungsbedarf die Differenz zwischen abgesenktem und dem ursprünglichen Sanierungsgeld zum schrittweisen Aufbau einer Kapitaldeckung einzusetzen. Diese Beiträge sind – soweit sie im Kapitaldeckungsverfahren eingesetzt werden – steuerfrei im Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG.

Darüber hinaus sind steuerfreie Beträge nach § 3 Nr. 63 EStG zur Kapitaldeckung neben steuerfreien Sanierungsgeldern in den Fällen denkbar, in denen der Arbeitgeber Kapitalbeträge über den jeweiligen Finanzierungsbedarf hinaus zusätzlich zur weiterhin unveränderten Umlage zahlt, um eine Kapitaldeckung binnen kürzerer Frist zu erreichen.

3. Ausscheiden eines Arbeitgebers aus der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL)

Es ist die Frage gestellt worden, welche steuerlichen Folgen sich für Arbeitnehmer ergeben, wenn ein Arbeitgeber aus der VBL ausscheidet. Im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der Länder bittet die OFD-Koblenz hierzu folgende Auffassung zu vertreten:

Mit dem Ausscheiden eines Arbeitgebers aus der VBL enden gem. § 23 Abs. 1 der VBL-Satzung die Pflichtversicherungen der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer. Die zum Zeitpunkt des Ausscheidens bestehenden Ansprüche hat die VBL jedoch zu erfüllen. Ein Versorgungsanspruch für den einzelnen Arbeitnehmer entsteht allerdings erst dann, wenn eine Wartezeit von 60 Umlagemonaten erreicht ist (§ 38 der VBL-Satzung).

Das Ausscheiden des Arbeitgebers aus der VBL führt nicht zu negativern Arbeitslohn, weil infolge des Ausscheidens keine Bezugsrechte entfallen. Sofern der Arbeitnehmer die Wartezeit nicht erfüllt hat, ist kein Bezugsrecht entstanden, das entfallen könnte; sofern Anwartschaften erworben wurden, besteht Anspruch auf eine zeitanteilig berechnete Versicherungsrente, die dem Bezugsrecht entspricht. R 129 Abs. 13 ff LStR ist daher auf diese Fälle nicht anwendbar.

4. Arbeitgeberbeiträge an die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (ZVK Bau)

Zur Anwendbarkeit des § 3 Nr. 63 EStG bei Pensionskassen mit Durchschnittsfinanzierung vgl. auch Kurzinformation 047/02 vom .

Die Frage der Anwendbarkeit des § 3 Nr. 63 EStG auf die Arbeitgeberbeiträge, die an die ZVK-Bau geleistet werden, ist nunmehr geklärt.

Das IV C 5 – S 2333 – 23/03 – an die obersten Finanzbehörden der Länder zusammengefasst auf Folgendes hingewiesen:

  1. Die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes wird im Kapitaldeckungsverfahren und nicht im Umlaufverfahren betrieben. Insoweit steht einer Anwendung des § 3 Nr. 63 EStG nichts entgegen.

  2. Was die Individualisierung der Beitragsleistung angeht, hat die Soka Bau in § 13 ihres Tarifvertrages die Vorgaben des BMF umgesetzt. Die Beiträge werden nun anhand eines festgelegten Prozentsatzes vom individuellen Bruttolohn des einzelnen Arbeitnehmers oder in Form eines festen Euro-Betrags erhoben. Die Frage, wie diese individuell ermittelten Beiträge vom Arbeitgeber an die ZVK Bau gezahlt, d. h. überwiesen werden (ob in einem Betrag oder in mehreren), hat auf die vorgenommene Individualisierung keinen Einfluss und ist daher unerheblich.

  3. Der Individualisierung und damit der Anwendung des § 3 Nr. 63 EStG steht nach § 161 des (BStBl 2002 I S. 767) ebenfalls nicht entgegen, dass sich die Höhe der zugesagten Versorgungsleistung bei der Soka Bau nicht.unmittelbar an der Höhe des eingezahlten Beitrags des Arbeitgebers orientiert.

OFD Koblenz v. - S 2333 A – St 423

Fundstelle(n):
HAAAA-82027