Jugendstrafverfahren wegen schwerer räuberischer Erpressung: Einstellung statt Freispruch bei Fehlen von Strafanträgen; Nichterörterung eines minder schweren Falles in den Urteilsgründen
Gesetze: § 260 Abs 3 StPO, § 17 Abs 2 JGG, § 18 Abs 1 S 3 JGG, § 249 Abs 2 StGB, § 253 StGB, § 255 StGB
Instanzenzug: LG Halle (Saale) Az: 6 KLs 15/11
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen (§ 74 JGG); jedoch hat er die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Der ohne Erörterung des Schuldvorwurfs erfolgte Freispruch im Fall II. 6 der Urteilsgründe ist rechtsfehlerhaft. Stellt sich in der Hauptverhandlung heraus, dass erforderliche Strafanträge fehlen und ist die Antragsfrist abgelaufen, so ist das Verfahren nach § 260 Abs. 3 StPO insoweit einzustellen. Ein Freispruch kommt in diesem Fall nur dann in Betracht, wenn bereits feststeht, dass dem Angeklagten keine Straftat nachzuweisen ist (vgl. , BGHSt 20, 333, 335; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 260 Rn. 44 mwN). Eine Einstellung durch das Revisionsgericht nach § 354 Abs. 1 Satz 1 StPO konnte nicht erfolgen, weil im Fall II. 6 der Urteilsgründe ein rechtzeitig gestellter Strafantrag des Dienstvorgesetzten der beleidigten Vollzugsbeamten vorliegt und die Tat deshalb entgegen der Annahme des Landgerichts verfolgbar war (§ 194 Abs. 3 Satz 1 StGB). Indes ist der Angeklagte durch den Freispruch nicht beschwert.
Der Umstand, dass das Landgericht im Fall II. 5 der Urteilsgründe das Vorliegen eines minder schweren Falls (§§ 253, 255, 249 Abs. 2 StGB) nicht ausdrücklich erörtert hat, stellt keinen durchgreifenden Rechtsfehler dar. Zwar ist auch im Jugendstrafrecht bei der Bewertung des Tatunrechts regelmäßig in die Betrachtung einzubeziehen, ob ein minder schwerer Fall vorliegt (vgl. , BGHR JGG § 18 Abs. 1 Satz 3 Minder schwerer Fall 3 mwN), doch vermag der Senat auszuschließen, dass das Landgericht in diesem Fall auf eine andere Jugendstrafe erkannt hätte. Das Landgericht hat Jugendstrafe wegen des Vorliegens schädlicher Neigungen (§ 17 Abs. 2 JGG) angeordnet und bei deren Bemessung maßgeblich auf die erheblichen Entwicklungs- und Erziehungsdefizite bei dem Angeklagten abgestellt.
Mutzbauer Roggenbuck Franke
Quentin Reiter
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KAAAI-10138