BVerwG Beschluss v. - 8 B 7/12

Anhörungsrüge ist kein Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit eines angefochtenen Beschlusses

Gesetze: § 108 Abs 2 VwGO

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Az: 6 A 1113/10 Urteil

Gründe

1Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg.

2Der Kläger greift mit seiner Anhörungsrüge die rechtliche Würdigung des Senats als fehlerhaft an und will auf diese Weise eine erneute Überprüfung des Beschwerdevorbringens in einem fortgeführten Beschwerdeverfahren erreichen. Das ist nicht Aufgabe und Gegenstand einer Anhörungsrüge (vgl. dazu u.a. Beschlüsse vom - BVerwG 9 A 12.08 <9 A 27.06> - und vom - BVerwG 8 C 13.11 <8 C 5.10> - jeweils juris). Sie stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses dar. Es handelt sich vielmehr um ein formelles Recht, das dann greift, wenn das Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten nicht in ausreichendem Maße zur Kenntnis genommen und sich mit ihm nicht in der gebotenen Weise auseinandergesetzt hat. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht jedoch nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten inhaltlich zu folgen (vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 5 B 17.08 <5 B 110.06> -, vom - BVerwG 7 C 10.06 <7 C 18.05> - und vom a.a.O. - jeweils juris). Das Gericht ist ebenso wenig verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Es ist daher verfehlt, aus der Nichterwähnung einzelner Begründungsteile des Beschwerdevorbringens in den gerichtlichen Entscheidungsgründen zu schließen, das Gericht habe sich nicht mit den darin enthaltenen Argumenten befasst (stRspr, vgl. - BVerfGE 54, 43 <46> m.w.N.; BVerwG, Beschlüsse vom - BVerwG 8 C 5.07 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 4 und vom - BVerwG 9 B 9.05 - juris). Art. 103 Abs. 1 GG vermittelt insbesondere keinen Schutz davor, dass ein Gericht aus Gründen des materiellen Rechts Parteivorbringen nicht weiter aufnimmt ( - BVerfGE 60, 305 <310> m.w.N.).

3Der Senat hat in seinem Beschluss vom das entscheidungsrelevante Vorbringen des Klägers im Beschwerdeverfahren zur Kenntnis genommen und sich damit im gebotenen Maße auseinandergesetzt. Auf das vermeintlich übergangene Beschwerdevorbringen kam es für die Entscheidung nicht an.

4Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom ergangenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts wurde vom Senat zurückgewiesen, weil die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage keiner höchstrichterlichen Klärung bedurfte und weil die Abweisung der Klage mit sämtlichen vier Anträgen als unzulässig nicht auf den geltend gemachten Verfahrensmängeln beruhte. Dabei ging der Senat davon aus, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Abweisung des zweiten und des dritten Hilfsantrages zwar Verfahrensrecht verletzt hatte, indem es ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse grundsätzlich nur für den Zeitpunkt der Erledigung des Rechtsstreits anerkannt hatte. Das Berufungsurteil beruhte hierauf jedoch nicht. Denn das Oberverwaltungsgericht hatte diese beiden Hilfsanträge außerdem noch mit der selbstständig tragenden Erwägung für unzulässig gehalten, die vom Kläger beabsichtigte Verfolgung von Ersatzansprüchen gegen die Untersagungsbehörde vermöge ein Feststellungsinteresse nicht zu begründen, weil er diese Ersatzansprüche unmittelbar bei den ordentlichen Gerichten verfolgen könne. Da der Kläger gegen diesen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts selbstständig tragenden (zweiten) Grund mit der Beschwerde nichts vorgebracht hatte, fehlte es insoweit an der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen näheren Darlegung eines Verfahrensmangels.

5Es ist nicht ersichtlich, dass der Senat insoweit entscheidungserhebliches Vorbringen des Klägers übergangen hätte. Zwar weist der Kläger mit seiner Anhörungsrüge zutreffend darauf hin, dass er mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht nur vorgetragen hatte, er beabsichtige, "Staatshaftungsansprüche" geltend zu machen; er hatte auch ausgeführt, er werde durch die angefochtene Verfügung des Beklagten "weiterhin durch den ihm dort gemachten Vorwurf kriminellen Verhaltens (Straftat nach § 284 StGB) erheblich belastet"; zudem werde er "weiterhin massiv in seiner Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und der unionsrechtlich grundrechtsgleich garantierten Dienstleistungsfreiheit eingeschränkt" (Seite 4, zweiter Absatz des Schriftsatzes vom ); deshalb habe er "hinsichtlich des Aufhebungsantrages" ein Rechtsschutzinteresse (Abschnitt 1.1., Seite 2 bis 4 der Beschwerdebegründung). Dieses Vorbringen war jedoch für den Beschluss des Senats vom nicht entscheidungserheblich. Denn auch damit hatte der Kläger hinsichtlich des zweiten, die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts tragenden Grundes, nämlich der Verweisung auf die Möglichkeit der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen die Untersagungsbehörde vor den ordentlichen Gerichten, im Beschwerdeverfahren keinen Verfahrensmangel dargelegt. Insbesondere hatte er nicht dargelegt, dass das Oberverwaltungsgericht im Berufungsverfahren insoweit entscheidungserhebliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen oder mit dieser Erwägung sonst gegen Verfahrensrecht verstoßen hatte.

6Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

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Fundstelle(n):
SAAAI-09821