Verfahrensrecht | Änderung eines ESt-Bescheids nach § 175b AO (BFH)
Soweit
§ 175b Abs. 1
AO an „Daten i. S. des § 93c
AO“ anknüpft,
beschränkt sich dies nicht lediglich auf die Inhalte des in
§ 93c
Abs. 1 Nr. 2 AO definierten Datensatzes, sondern umfasst
nach dem – den Regelungsbereich der Norm umschreibenden –
Eingangssatz des
§ 93c Abs. 1
AO alle steuerlichen Daten eines Steuerpflichtigen, die
aufgrund gesetzlicher Vorschriften von einer mitteilungspflichtigen Stelle an
Finanzbehörden elektronisch zu übermitteln sind (;
veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten sich darüber, ob § 175b AO als Änderungsvorschrift für eine nachträgliche Anpassung von Krankenkassenbeiträgen Anwendung findet.
Der BFH führte aus:
Die Änderung eines Einkommensteuerbescheids nach § 175b Abs. 1 AO ist zulässig, wenn ein Unternehmen der gesetzlichen Krankenversicherung – entgegen der gesetzlichen Anordnung – die Identifikationsnummer des Versicherungsnehmers nicht übermittelt, der Datensatz der Steuernummer einer Person zugeordnet wird, die nicht Versicherungsnehmer ist und der Veranlagungs-Sachbearbeiter – materiell-rechtlich zu Unrecht – entscheidet, dieser Person den Sonderausgabenabzug zu gewähren.
Vorsorgeaufwendungen aus privatrechtlichen Versicherungsverträgen kann – vorbehaltlich gesetzlicher Sonderregelungen – nur derjenige Steuerpflichtige als Sonderausgaben abziehen, der sie als Versicherungsnehmer selbst zivilrechtlich schuldet und auch tatsächlich zahlt (Bestätigung der Senatsrechtsprechung).
Fehlerhaft übermittelte wie auch fehlerhaft ausgewertete Daten i. S. des § 93c AO führen, da sie keine Grundlagenbescheide i. S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sind, seit 2017 zu einer Änderung nach § 175b Abs. 1 AO. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Norm und ist Folge der fortlaufenden Digitalisierung der Steuerfestsetzung mithilfe der sog. mitteilungspflichtigen Stellen. Sind diese, wie Krankenversicherungsträger nach § 10a Abs 2a Satz 4 Nr. 2 EStG a. F. (= § 10 Abs. 2b Satz 1 EStG), zur Übermittlung von Daten verpflichtet, liegen eDaten vor. Allerdings sind nicht alle elektronisch übermittelten Daten auch eDaten i. S. des § 93c Abs. 1 AO (vgl. dazu Nöcker in Zugmaier/Nöcker, § 93c AO Rz. 8). Materiell-rechtlich konnte die Klägerin die Versicherungsbeiträge für ihren Sohn im Streitjahr 2017 (noch) nicht ansetzen. Denn grundsätzlich bedarf es der zivilrechtlichen Pflicht, als Versicherungsnehmer die Beiträge selbst zu schulden. Eine Ausnahme hiervon war und ist die Tragung von Beiträgen zur Basiskrankenversicherung und Pflegepflichtversicherung von Kindern, für die der Steuerpflichtige Kindergeld erhält. Dies betrifft auch die vom Arbeitslohn des Kindes abgezogenen Beiträge zu diesen Versicherungen, insbesondere also solche bei Kindern in der Berufsausbildung (vgl. ). Seit dem JStG 2019 ist dieser Abzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a Satz 2 EStG auch bei Gewährung von (bloßem) Sachunterhalt möglich sowie nach dem neuen Satz 3 – anders als im Streitjahr – dann, wenn der Steuerpflichtige nicht selbst Versicherungsnehmer ist. Dass eine doppelte Berücksichtigung dieser Beiträge bei dem Versicherungsnehmer (oder Kind) und dem (anderen) Steuerpflichtigen nicht möglich sein kann, versteht sich von selbst (so auch R 10.4 Satz 3 EStR).
Quelle: ; NWB Datenbank (JT)
Fundstelle(n):
FAAAI-05774