Verfahrensrecht | Kein Verspätungszuschlag aufgrund eines Ermessensfehlers (FG)
Durch die verspätete Abgabe der Umsatzsteuererklärung weit nach Ablauf der verlängerten Frist liegen zwar tatbestandliche Voraussetzungen des § 152 Abs. 1 AO vor, jedoch liegt im Streitfall ein Ermessensfehler vor ().
Hintergrund: Gem. § 152 Abs. 2 Nr. 1 AO in der Fassung für nach dem einzureichende Steuererklärungen ist ein Verspätungszuschlag festzusetzen, wenn eine Steuererklärung, die sich auf ein Kalenderjahr bezieht, nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs abgegeben wird. Anders als nach alter Rechtslage handelt es sich insoweit um eine gebundene Entscheidung des Finanzamts und auch auf ein Verschulden des Steuerpflichtigen kommt es nicht mehr an. § 152 Abs. 2 gilt jedoch nicht in den Fällen des § 152 Abs. 3 AO. Ist eine der Voraussetzungen des § 152 Abs. 3 AO erfüllt, steht die Festsetzung des Verspätungszuschlags wieder im Ermessen des Finanzamts gem. § 152 Abs. 1 AO. Gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, kann gem. § 152 Abs. 1 Satz 1 AO ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist gem. § 152 Abs. 1 Satz 2 AO abzusehen, wenn der Erklärungspflichtige glaubhaft macht, dass die Verspätung entschuldbar ist; das Verschulden eines Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Erklärungspflichtigen zuzurechnen.
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Umsatzsteuer 2018. Der Kläger ist selbständig tätiger Arzt und wurde im Streitjahr 2018 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte zudem umsatzsteuerpflichtige Umsätze aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage.
Durch einen Steuerberater beratene Steuerpflichtige müssen die Umsatzsteuererklärung gem. §§ 18 Abs. 3 UStG, 149 Abs. 3 Nr. 4 AO bis zum letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum des folgenden Kalenderjahres abgeben. Im Streitfall musste der Kläger die Umsatzsteuererklärung 2018 daher grundsätzlich bis zum abgeben. Das Finanzamt hatte aufgrund der Corona-Pandemie für die Umsatzsteuerjahreserklärung 2018 eine Fristverlängerung i. S. von § 152 Abs. 3 Nr. 1 AO bis zum gewährt.
Das FG Münster führt hierzu u.a. aus:
Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 152 Abs. 3 Nr. 1 AO führt auch dann zu einem Ausschluss des § 152 Abs. 2 AO und mithin zur Anwendung der Ermessensvorschrift des § 152 Abs. 1 AO, wenn die verlängerte Frist (hier ) überschritten wurde.
Im Streitfall sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 152 Abs. 1 AO gegeben, da die Abgabe der Umsatzsteuererklärung erst weit nach Ablauf der verlängerten Frist erfolgt ist. Es liegt jedoch ein Ermessensfehler in Form der Ermessensunterschreitung/des Ermessensnichtgebrauchs vor. Das Finanzamt hat weder im ursprünglichen Bescheid über die Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Umsatzsteuer 2018 noch in der Einspruchsentscheidung noch im zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Bescheid über die Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Umsatzsteuer 2018 Ermessenserwägungen angestellt. Vielmehr ist es, wie die Ausführungen in der Klageerwiderung belegen, irrig davon ausgegangen, dass es gem. § 152 Abs. 2 AO zur Festsetzung eines Verspätungszuschlags verpflichtet gewesen ist.
Das vollständige Urteil ist auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
Quelle: FG Münster online (JT)
Fundstelle(n):
NAAAI-05391