Online-Nachricht - Donnerstag, 10.02.2022

Umsatzsteuer | Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs bei Leistung durch einen Ist-Versteuerer (EuGH)

Art. 167 MwStSystRL in der durch die Richtlinie 2010/45/EU geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der das Recht auf Vorsteuerabzug bereits im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes entsteht, wenn der Steueranspruch gegen den Lieferer oder Dienstleistungserbringer nach einer nationalen Abweichung gemäß Art. 66 Abs. 1 Buchst. b der MwStSystRL in der durch die Richtlinie 2010/45 geänderten Fassung erst bei Vereinnahmung des Entgelts entsteht und dieses noch nicht gezahlt worden ist ().

Sachverhalt und Verfahrensgang: Streitig ist, ob der Vorsteueranspruch des Leistungsempfängers nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bereits mit der Ausführung der Leistung oder erst mit der Entrichtung des Entgelts entsteht, wenn der Leistungserbringer ein Ist-Versteuerer nach § 20 UStG ist, der die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet.

Nach deutschem Recht kann der Leistungsempfänger die Vorsteuer abziehen, wenn die Leistung erbracht ist. Unerheblich ist, ob der Leistende Soll- oder Ist-Versteuerer ist und ob das Entgelt bereits gezahlt wurde. Dies ermöglicht eine Vorfinanzierung zu Lasten des Fiskus, indem der Leistungsempfänger die Vorsteuer abzieht, obwohl er die Leistung noch nicht gezahlt hat und der Leistungsempfänger die entsprechende Steuer noch nicht schuldet.

Diese für den Steuerpflichtigen günstige – und auch missbrauchsanfällige - Regelung könnte dem Unionsrecht widersprechen, das in Art. 167 MwStSystRL vorsieht, dass der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers erst entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht; Ausnahmen für Leistungen von Ist-Versteuerern sind nicht vorgesehen.

Vor diesem Hintergrund hat das FG Hamburg dem EuGH im Wege des Vorabersuchens diverse Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (s. hierzu Seifert, , Gehm, sowie unsere Online-Nachricht v. 31.3.2020).

Hierzu führten die Richter des EuGH weiter aus:

Art. 167 MwStSystRL in der durch die Richtlinie 2010/45/EU des Rates v. geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der das Recht auf Vorsteuerabzug bereits im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes entsteht, wenn der Steueranspruch gegen den Lieferer oder Dienstleistungserbringer nach einer nationalen Abweichung gemäß Art. 66 Abs. 1 Buchst. b der MwStSystRL in der durch die Richtlinie 2010/45 geänderten Fassung erst bei Vereinnahmung des Entgelts entsteht und dieses noch nicht gezahlt worden ist.

Hinweis:

Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des EuGH veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Eine ausführliche Besprechung des Urteils folgt in einer der nächsten Ausgaben der NWB. Vorab kommentiert Korn das Urteil in der NWB 7/2022 S. 416.

Quelle: EuGH online (il)

Nachricht am , 14:00 Uhr um die Kommentierung von Korn ergänzt. (il)

Fundstelle(n):
XAAAI-03853