BGH Beschluss v. - 6 StR 433/21

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: Berechnung der Dauer des Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe

Gesetze: § 67 Abs 2 S 2 StGB, § 67 Abs 2 S 3 StGB, § 67 Abs 3 StGB, § 67 Abs 5 S 1 StGB

Instanzenzug: LG Magdeburg Az: 21 Ks 2/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit schwerer und mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet sowie einen Vorwegvollzug der Freiheitsstrafe von einem Jahr bestimmt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2Die Strafkammer hat der Berechnung des Vorwegvollzugs „den günstigsten Fall einer nur zweijährigen Therapiedauer zugrunde gelegt“. Kommen für die Therapiedauer im Ergebnis unterschiedliche Zeiträume in Betracht, ist es ungeachtet der Möglichkeit späterer Entscheidungen nach § 67 Abs. 3 StGB nach dem Zweifelssatz (vgl. LR/Sander, 27. Aufl., § 261 Rn. 182 ff. mwN) geboten, die für den Angeklagten im Urteilszeitpunkt konkret günstigere Möglichkeit zu wählen. Das ist hier die Berücksichtigung einer Therapiedauer von zwei Jahren und sechs Monaten (vgl. , NStZ-RR 2019, 207, 208; Beschluss vom - 6 StR 433/20; MüKo-StGB/Maier, 4. Aufl., § 67 Rn. 50 mwN).

3Bei einem Vorwegvollzug von einem Jahr und einem Therapieerfolg erst nach zwei Jahren und sechs Monaten könnten die Reststrafe und Maßregel nicht zum Zeitpunkt des § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB nach drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden, sondern frühestens nach drei Jahren und sechs Monaten. Ein Vorwegvollzug, dessen Dauer einschließlich der Therapiedauer über den Zeitpunkt des § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB hinausgeht, wirkt sich wie ein zusätzliches Strafübel aus (vgl. , NStZ-RR 2009, 48). Die Anordnung des Vorwegvollzugs muss allerdings entfallen, wenn sich dieser - wie hier - durch die vom Angeklagten seit seiner Festnahme am erlittene Haft zwischenzeitlich erledigt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 38/17; vom - 3 StR 594/18; vom - 2 StR 65/20). Der Senat ändert den Urteilstenor entsprechend § 354 Abs. 1 StPO (vgl. BGH, aaO).

4Wegen des nur geringen Teilerfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:210921B6STR433.21.0

Fundstelle(n):
PAAAI-03390