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Online-Nachricht - Donnerstag, 03.02.2022

Gewerbesteuer | Änderung der Rechtsprechung zur erweiterten Kürzung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung (BFH)

Auch eine Beteiligung der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter an einer Besitz-Personengesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, ist bei der Beurteilung einer personellen Verflechtung als eine der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung zu berücksichtigen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitzes gekürzt (sog. einfache Kürzung). An Stelle der Kürzung nach Satz 1 tritt nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sog. erweiterte Kürzung). Die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung ist gemäß § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG ausgeschlossen, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient. Der Gesetzgeber sieht in diesem Fall die Voraussetzungen für eine Begünstigung des Grundstücksunternehmens nicht mehr als gegeben an, weil bei einer Nutzung des Grundstücks im Gewerbebetrieb des Gesellschafters ohne Zwischenschaltung eines weiteren Rechtsträgers die Grundstückserträge in den Gewerbeertrag einfließen und damit der Gewerbesteuer unterliegen würden ().

Sachverhalt: Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, vermietete mit Vertrag aus 1998 eine ehemalige Produktionshalle, Büroräume und Nebenräume" an die mit ihr über die H GmbH verbundene (spätere) M-GmbH & Co. KG (M KG; damals noch GmbH), die die vermietete Immobilie neben weiteren Grundstücken betrieblich nutzte. Das Mietverhältnis mit der M KG bestand auch in den Streitjahren (2010 bis 2012) fort.

Obwohl die Klägerin während der Außenprüfung die erweiterte Kürzung i. S. von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG beantragt hatte, traf der Prüfer zur Gewerbesteuer keine Feststellungen. Den Einspruch lehnte das FA unter Verweis auf den ab und führte aus, dass wegen der im Sonderbetriebsvermögen der Kommanditisten der Klägerin gehaltenen Beteiligungen an der H GmbH keine ausschließliche Verwaltung eigenen Grundbesitzes vorliege.

Der BFH verneinte die erweiterte Kürzung:

  • Zwar hat das FG zu Recht erkannt, dass der Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung im Streitfall weder § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG noch der Umstand, dass die Beteiligungen von Kommanditisten der Klägerin an der H GmbH als Sonderbetriebsvermögen II bei der Klägerin behandelt worden sind, entgegenstehen.

  • Gleichwohl ist die erweiterte Kürzung der Klägerin nicht zu gewähren, weil zwischen der Klägerin und der M KG in den Streitjahren eine Betriebsaufspaltung vorgelegen hat.

Anmerkung von Walter Bode, Richter im IV. Senat des BFH:

Die Überlassung eines Grundstücks im Rahmen einer Betriebsaufspaltung wird als gewerbliche Tätigkeit beurteilt und schließt die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG aus. Im Besprechungsfall war das FG jedoch mit der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung - auch der IV. Senats des BFH - davon ausgegangen, dass - im Gegensatz zu einer mittelbaren Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an der Betriebsgesellschaft - durch eine mittelbare Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an dem Besitzunternehmen (hier eine Besitz-Personengesellschaft) keine personelle Verflechtung als eine der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung begründet werden kann. Im anschließenden Revisionsverfahren hat hingegen der IV. Senat des BFH an dieser Rechtsprechung unter Berücksichtigung der von ihm eingeholten Stellungnahmen des I. und des III. Senats des BFH insoweit nicht mehr festgehalten, als das Besitzunternehmen eine Personengesellschaft und keine Kapitalgesellschaft ist. Denn der IV. Senat vermochte – insoweit kritischen Stimmen in der Literatur folgend – insoweit keine sachlichen Gründe für eine unterschiedliche Behandlung der mittelbaren Beteiligung an Besitz- und Betriebsunternehmen zu erkennen.

Die Rechtsprechungsänderung bedeutet für die Beantwortung der Frage, ob eine Person oder Personengruppe sowohl die Besitz-Personengesellschaft als auch das Betriebsunternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen, auch eine Beteiligung der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter an der Besitz-Personengesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, zu berücksichtigen ist. Zu beachten ist aber, dass diese Maßstäbe nach Auffassung des I. Senats des BFH auch weiterhin nicht für eine Besitz-Kapitalgesellschaft gelten. Das aus dem Trennungsprinzip abzuleitende „Durchgriffsverbot“ lasse es nicht zur, im Rahmen der Besteuerung der Besitz-Kapitalgesellschaft für die Frage, ob ein einheitlicher Geschäfts- und Betätigungswille hinsichtlich der Tätigkeit der Betriebsgesellschaft bestehe, auf die Anteilsinhaberschaft bzw. Einflussmöglichkeiten der Gesellschafter der Besitz-Kapitalgesellschaft abzustellen. Gleichheitsrechtliche Bedenken ergeben sich hieraus gegen die neue Rechtsprechung des IV. Senats für Besitz-Personengesellschaften indes nicht. Selbst wenn man die Auffassung des I. Senats teilen würde, wäre – so der IV. Senat - nach den Maßstäben des Art. 3 Abs. 1 GG keine Gleichbehandlung einer Personengesellschaft als Besitzgesellschaft geboten.

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
JAAAI-03353