Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen nach § 13a Absatz 3 Satz 5 ErbStG
Bezug: BStBl 2015 II S. 237
Unterschreitet die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen die Mindestlohnsumme, vermindert sich gemäß § 13a Absatz 3 Satz 5 ErbStG der nach § 13a Absatz 1 ErbStG zu gewährende Verschonungsabschlag mit Wirkung für die Vergangenheit in demselben prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird.
Sachlich unbillig ist die Festsetzung oder Erhebung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer als unbillig erscheint. So verhält es sich, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - wenn er sie als regelungsbedürftig erkannt hätte - im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte. Eine Billigkeitsentscheidung darf jedoch nicht dazu führen, die generelle Geltungsanordnung des den Steueranspruch begründenden Gesetzes zu unterlaufen. Sie darf nicht die Wertung des Gesetzes durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einem ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestandes abhelfen (vgl. , BStBl 2015 II S. 237, Rz. 14 f., m. w. N.).
Unter Berücksichtigung dessen kommt im Einzelfall eine abweichende Festsetzung nach § 163 Absatz 1 AO oder ein Erlass nach § 227 AO aus sachlichen Gründen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer beim Erwerb begünstigten Vermögens i. S. d. § 13b Absatz 2 ErbStG insbesondere in Betracht, soweit die tatsächliche Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen nach § 13a Absatz 3 Sätze 6 bis 13 ErbStG, in welche Lohnsummen aus dem Zeitraum bis einbezogen wurden, die Mindestlohnsumme ausschließlich aufgrund der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten COVID-19-Pandemie unterschreitet und es allein deshalb zu einer Nachversteuerung nach § 13a Absatz 3 Satz 5 ErbStG ggf. i. V. m. § 13a Absatz 10 oder § 13c Absatz 2 Satz 1 ErbStG kommt oder kommen würde oder ein Erlass nach § 28a Absatz 1 ErbStG gemäß § 28a Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit wegfällt. Führt das Unterschreiten der Mindestlohnsumme wegen § 28 Absatz 1 Satz 5 und 6 ErbStG darüber hinaus zum vorzeitigen Ende einer Stundung nach § 28 Absatz 1 Satz 1 ErbStG, kommt insoweit eine Weitergewährung der Stundung auf Antrag nach § 222 AO in Betracht.
Von der erforderlichen Kausalität zwischen der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten COVID-19-Pandemie und dem Unterschreiten der Mindestlohnsumme kann in der Regel ausgegangen werden, wenn
in dem o. g. Zeitraum die rechnerisch erforderliche durchschnittliche Lohnsumme zur Einhaltung der Mindestlohnsumme unterschritten wurde,
für den o. g. Zeitraum Kurzarbeitergeld an den Betrieb gezahlt wurde und
der Betrieb einer Branche angehörte, die von einer verordneten Schließung wegen der COVID-19-Pandemie unmittelbar betroffen war.
Die vorstehende Prüfung ist einzelfallbezogen vorzunehmen. Es dürfen für das kumulative Vorliegen der vorgenannten Kriterien keine anderen Gründe für die Unterschreitung der Mindestlohnsumme (z. B. betriebsbedingte Kündigung) und für die Zahlung des Kurzarbeitergeldes an den Betrieb vorliegen. Liegen die Umstände zu 1. bis 3. nicht kumulativ vor, ist im Einzelfall zu prüfen, ob dennoch von der erforderlichen Kausalität ausgegangen werden kann. Mitunter kann es beispielsweise genügen, wenn nur die Umstände zu 1. und 3. vorliegen, da einzelne Arbeitsverhältnisse pandemiebedingt bereits vor der Zahlung von Kurzarbeitergeld an den Betrieb beendet wurden (z. B. in der Gastronomie).
Auch mittelbare Auswirkungen einer verordneten Schließung wegen der COVID-19-Pandemie können im Einzelfall für die Annahme der erforderlichen Kausalität genügen und sich beispielsweise ergeben, wenn nicht der Betrieb selbst von einer verordneten Schließung betroffen war, aber sich Folgeauswirkungen auf den Betrieb ergeben haben (z. B. Textilreinigung von Hotel- und Gastronomiewäsche, Beförderungsunternehmen, Brauereien).
Eine abweichende Festsetzung bzw. ein Erlass kommt regelmäßig nicht in Betracht, wenn schon vor dem o. g. Pandemiezeitraum die rechnerisch erforderliche durchschnittliche Lohnsumme zur Einhaltung der Mindestlohnsumme nicht erreicht wurde. In diesem Fall ist das Unterschreiten der Mindestlohnsumme nicht ausschließlich auf die COVID-19-Pandemie zurück zu führen.
Vorstehende Regelungen gelten in den Fällen einer Steuerentstehung vor dem (§ 13a Absatz 1 Satz 5 ErbStG a. F.) entsprechend.
Inhaltlich gleichlautend
Oberste Finanzbehörden der
Länder v. - S 3812a
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- 1/42
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3700 – 14/2
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Berlin - S 3812 a -
1/2016–9
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3812a/20#01#02
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3812–a –1/2015–2/2021
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Hamburg - S 3812a–
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a–56
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Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2022 I Seite 156
ZAAAI-03352