Verfahrensrecht / Grundsteuer | Inhalt eines Wirkhinweises (BFH)
Für einen Wirkhinweis nach § 181
Abs. 5 Satz 2 AO ist der Hinweis erforderlich und ausreichend, dass die
Feststellung für noch nicht verjährte Folgebescheide von Bedeutung ist. Der
Hinweis darf keine konkrete Zeitangabe zu der vermeintlichen Verjährung im
Folgebescheidsverfahren enthalten, da Feststellungen zur Festsetzungsverjährung
nur im Folgebescheid zu treffen sind (;
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Hintergrund: Nach § 181 Abs. 5 Satz 1 AO kann eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist; hierbei bleibt § 171 Abs. 10 AO außer Betracht. Nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO ist hierauf im Feststellungsbescheid hinzuweisen.
Sachverhalt: Der Kläger ist aufgrund eines Erbfalls 1978 Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks im Land Brandenburg geworden. Der letzte Einheitswertbescheid war auf den ergangen. Auf dessen Grundlage setzte die Gemeinde für die Jahre von 1995 bis 2014 Grundsteuer gegen den Kläger fest, die dieser auch entrichtete.
Das FA rechnete mit Bescheid vom im Wege der Zurechnungsfortschreibung auf den ohne Änderung von Art- und Wertfeststellung das Grundstück dem Kläger zu. Einen Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO oder einen anderen Hinweis auf eine zeitlich beschränkte Geltung enthielt dieser Bescheid nicht. Zugleich erging ein Grundsteuermessbescheid als Neuveranlagung auf den . Unter "Erläuterungen" ist ausgeführt, wegen Eintritts der Verjährung gelte der festgesetzte Steuermessbetrag erst ab . Die Neuveranlagung beruhe auf dem Fortfall einer in Deutschland fortgeltenden Ermäßigung des Grundsteuermessbetrags. Der Kläger machte geltend, die Fortschreibung habe auf den erfolgen müssen.
Das FG hat der gegen den Einheitswertbescheid gerichteten Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben ().
Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen:
Der Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO hat Regelungscharakter i. S. von § 118 AO. Er bestimmt den zeitlichen Geltungsbereich der getroffenen Feststellungen und wirkt damit rechtsgestaltend auf das Steuerrechtsverhältnis ein. Enthält der Bescheid den Hinweis nicht, ist er rechtswidrig.
Wird ein Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO erteilt, bedarf es dafür keiner Prüfung der Verjährung des maßgebenden Folgebescheids. Bei Erlass eines Einheitswertbescheids unter Beifügung eines Wirkhinweises ist insbesondere nicht zu prüfen, ob die insoweit maßgebende Grundsteuer verjährt ist.
Eine Entscheidung mit Regelungscharakter i. S. von § 118 AO über die Frage, ob Verjährung in der Grundsteuer eingetreten ist, ist im Rahmen des Einheitswertbescheids mit Wirkhinweis nicht nur nicht geboten, sondern nicht zulässig.
Es ist unzulässig, einen Wirkhinweis im Grundlagenbescheid nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO allein durch eine konkrete Zeitangabe zu der vermeintlichen Verjährung im Folgebescheidsverfahren zu gestalten. Geschieht dies dennoch und ist der Bescheid für sich genommen in verjährter Zeit ergangen, ist er insgesamt rechtswidrig.
Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, einen Hinweis in der Art aufzunehmen, dass die Feststellung für noch nicht verjährte Folgebescheide von Bedeutung ist, oder eine ähnliche an das Gesetz angelehnte Formulierung zu wählen. Eine Entscheidung über die Frage, für welche Folgebescheide die Feststellung tatsächlich von Bedeutung ist, ist nicht zu treffen und ersetzt den Wirkhinweis nicht.
Nach diesen Maßstäben hat das FG im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die angefochtenen Bescheide wegen Eintritts der Feststellungsverjährung rechtswidrig und ersatzlos aufzuheben sind. Der Einheitswert ist zwar nach § 132 Abs. 1 BewG sachlich zutreffend auf den festgestellt. Die Bescheide sind jedoch nach dem und damit nach Ablauf der Feststellungsverjährung ergangen. Die reguläre Verjährungsfrist war zu diesem Datum abgelaufen. Hemmungstatbestände sind nicht ersichtlich. Ein ordnungsgemäßer Wirkhinweis i. S. von § 181 Abs. 5 Satz 2 AO fehlt. Der Bescheid vom enthält keine Angabe über eine zeitliche Beschränkung. Die dem Grundsteuermessbescheid beigefügten Erläuterungen sind nicht Teil des Einheitswertbescheids und hätten die Wirkung des § 181 Abs. 5 Satz 2 AO auch ebenso wenig entfalten können wie es der schließlich der Einspruchsentscheidung beigegebene Hinweis vermochte. Statt wie erforderlich einen Hinweis darauf zu erteilen, dass die Feststellung nur für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist, hat der Bescheid den seitens des FA für zutreffend erachteten Zeitraum selbst benannt. Das entspricht nicht den Anforderungen an einen Wirkhinweis.
Anmerkung von Prof. Dr. Matthias Loose, Richter im II. Senat des BFH:
Durch das Grundsteuer-Reformgesetz vom ist die Bewertung von Grundstücken für Zwecke der Grundsteuer grundlegend neu geregelt worden. Auf den Stichtag (Hauptfeststellung) müssen alle Grundstücke in Deutschland neu bewertet werden. Dazu werden alle Grundeigentümer von diesem Jahr an zur Abgabe von Feststellungserklärungen aufgefordert. Ab dem werden dann die neu festgestellten Werte erstmalig der Grundsteuer zugrunde gelegt. Der jetzt vom BFH entschiedene Fall betrifft zwar noch die überholte Einheitsbewertung. Das Verfahren mit gesonderter Feststellung des Grundbesitzwerts durch das Finanzamt und späterer Festsetzung der Grundsteuer durch die Gemeinde ist aber auch künftig dasselbe.
Die Feststellung des Einheitswerts und zukünftig des Grundsteuerwerts unterliegt der Feststellungsverjährung. Die Feststellungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, auf dessen Beginn die Hauptfeststellung, die Fortschreibung, die Nachfeststellung oder die Aufhebung eines Grundsteuerwerts vorzunehmen ist. Die gesonderte Feststellung kann auch noch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist erfolgen, wenn die Festsetzungsfrist für den Folgebescheid noch nicht abgelaufen ist. Nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO ist darauf jedoch im Feststellungsbescheid ausdrücklich hinzuweisen. Dieser Hinweis hat Regelungscharakter. Er bestimmt den zeitlichen Geltungsbereich der getroffenen Feststellungen. Fehlt der Hinweis, ist der Feststellungsbescheid insgesamt rechtswidrig. Wird er erteilt, ist im Einspruchs- oder Klageverfahren gegen den Feststellungsbescheid nicht zu prüfen, ob im Zeitpunkt des Erlasses des Feststellungsbescheids der Folgebescheid noch hätte ergehen dürfen, oder ob für die Festsetzung der Steuer – hier der Grundsteuer – bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
Quelle: ; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
OAAAI-03347