Steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen gewährt werden
Mein Erlass vom - S 2337 A – 02/15 – 21(G) (ThürStAnz Nr. 50/2015 S. 2209 - 2211)
A. Allgemeines
Die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen gewährten Entschädigungen unterliegen grundsätzlich als Einnahmen aus „sonstiger selbständiger Arbeit“ im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) der Einkommensteuer. Das gilt insbesondere für Entschädigungen, die für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden.
Steuerfrei sind
nach Maßgabe des § 3 Nr. 13 EStG aus öffentlichen Kassen gezahlte Reisekostenvergütungen,
nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG Aufwandsentschädigungen, soweit sie Aufwendungen abgelten, die einkommensteuerrechtlich als Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig wären.
B. Anerkennung steuerfreier Aufwandsentschädigungen (§ 3 Nr. 12 Satz 2 EStG)
I. Ehrenamtliche Gemeinde- oder Stadtratsmitglieder
Pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder (einschließlich des Sockelbetrags) sind steuerfrei, soweit sie insgesamt während der Dauer der Mitgliedschaft folgende Beträge nicht übersteigen:
in einer Stadt oder Gemeinde mit
Tabelle in neuem Fenster öffnenmonatlichjährlich- höchstens 20.000 Einwohnern250 €3.000 €- 20.001 bis 50.000 Einwohnern250 €3.000 €- 50.001 bis 150.000 Einwohnern250 €3.000 €- mehr als 150.000 Einwohnern307 €3.684 €Für die Gemeinde- oder Stadtratsmitglieder, denen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 Thüringer Kommunalordnung der Vorsitz in den Sitzungen des Gemeinde- oder Stadtrats übertragen wurde, sowie für Fraktionsvorsitzende, deren Fraktion mindestens zwei Mitglieder umfasst, sind die pauschalen Entschädigungen und Sitzungsgelder steuerfrei, soweit sie insgesamt während der Dauer des Vorsitzes folgende Beträge nicht übersteigen:
in einer Stadt oder Gemeinde mit
Tabelle in neuem Fenster öffnenmonatlichjährlich- höchstens 20.000 Einwohnern250 €3.000 €- 20.001 bis 50.000 Einwohnern398 €4.776 €- 50.001 bis 150.000 Einwohnern490 €5.880 €- mehr als 150.000 Einwohnern614 €7.368 €Hat eine Fraktion zwei gleichberechtigte Fraktionsvorsitzende, gilt die Regelung für jeden der beiden Fraktionsvorsitzenden.
Für den ständigen Vertreter des nach § 23 Abs. 1 Satz 3 Thüringer Kommunalordnung gewählten Vorsitzenden in den Sitzungen des Gemeinde- und Stadtrats sind die pauschalen Entschädigungen und Sitzungsgelder steuerfrei, soweit sie insgesamt die nachfolgenden Beträge nicht übersteigen:
in einer Stadt oder Gemeinde mit
Tabelle in neuem Fenster öffnenmonatlichjährlich- höchstens 20.000 Einwohnern250 €3.000 €- 20.001 bis 50.000 Einwohnern265 €3.180 €- 50.001 bis 150.000 Einwohnern327 €3.924 €- mehr als 150.000 Einwohnern409 €4.908 €Sofern nach der Satzung mehrere – gleichberechtigte oder nachrangige – Vertreter bestellt sind, gilt die Regelung für alle Stellvertreter.
Für die unter Nr. 1 bis 3 genannten Beträge gilt:
Die Nachholung nicht ausgeschöpfter Monatsbeträge in anderen Monaten desselben Kalenderjahres ist zulässig. Dabei kann jedoch der steuerfreie Jahresbetrag uneingeschränkt nur dann angesetzt werden, wenn in den Fällen der Nr. 1 die Mitgliedschaft im Gemeinde- oder Stadtrat und in den Fällen der Nr. 2 und 3 die Berufung als Vorsitzender bzw. als ständiger Vertreter oder als Fraktionsvorsitzender während des ganzen Kalenderjahres bestanden hat.Neben den steuerfreien Beträgen nach Nr. 1 , 2 oder 3 wird die Erstattung der tatsächlichen Fahrkosten für Fahrten von der Wohnung zum Sitzungsort und zurück, um an Sitzungen des Gemeinderats, des Stadtrats, der Fraktion des Ortsvereins, Bürgerversammlungen u.ä. teilzunehmen, als steuerfreie Aufwandsentschädigung anerkannt. Bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges ist die Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz oder dem entsprechenden Landesgesetz maßgebend.
Pauschale Fahrtkostenerstattungen – soweit sie zusammen mit den übrigen Entschädigungen die o.a. Höchstbeträge übersteigen – sind dagegen selbst dann steuerpflichtig, wenn sie nach Entfernung oder durchschnittlichen Sitzungszahlen gestaffelt sind.
II. Ehrenamtliche Kreistagsmitglieder
Pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder (einschließlich des Sockelbetrags) sind steuerfrei, soweit sie insgesamt während der Dauer der Mitgliedschaft folgende Beträge nicht übersteigen:
in einem Landkreis mit
Tabelle in neuem Fenster öffnenmonatlichjährlich- höchstens 250.000 Einwohnern250 €3.000 €- mehr als 250.000 Einwohnern307 €3.684 €Für die Kreistagsmitglieder, denen nach § 102 Abs. 1 Satz 3 Thüringer Kommunalordnung der Vorsitz in den Sitzungen des Kreistages übertragen wurde sowie für Fraktionsvorsitzende, deren Fraktion mindestens zwei Mitglieder umfasst, sind die pauschalen Entschädigungen und Sitzungsgelder steuerfrei, soweit sie insgesamt während der Dauer des Vorsitzes folgende Beträge nicht übersteigen:
in einem Landkreis mit
Tabelle in neuem Fenster öffnenmonatlichjährlich- höchstens 250.000 Einwohnern490 €5.880 €- mehr als 250.000 Einwohnern614 €7.368 €Hat eine Fraktion zwei gleichberechtigte Fraktionsvorsitzende, gilt die Regelung für jeden der beiden Fraktionsvorsitzenden.
Für den ständigen Vertreter des nach § 102 Abs. 1 Satz 3 Thüringer Kommunalordnung gewählten Vorsitzenden in den Sitzungen des Kreistages sind die pauschalen Entschädigungen und Sitzungsgelder steuerfrei, soweit sie insgesamt die nachfolgenden Beträge nicht übersteigen:
in einem Landkreis mit
Tabelle in neuem Fenster öffnenmonatlichjährlich- höchstens 250.000 Einwohnern327 €3.924 €- mehr als 250.000 Einwohnern409 €4.908 €Abschnitt I Nr. 4 und 5 gelten sinngemäß.
III. Vom Gemeinderat der Mitgliedsgemeinden entsandte, ehrenamtliche Mitglieder in der Gemeinschaftsversammlung der Verwaltungsgemeinschaft
Die Regelungen des Abschnitts I gelten sinngemäß. Dabei ist jedoch die Einwohnerzahl der Verwaltungsgemeinschaft maßgebend.
IV. Ehrenamtliche Mitglieder des Ortschafts- oder Ortsteilrates und ehrenamtliche Ortschafts- oder Ortsteilbürgermeister
Die Regelungen des Abschnitts I Nr. 1 , 4 und 5 gelten sinngemäß. Dabei ist jedoch die Einwohnerzahl der Ortschaft bzw. des Ortsteils maßgebend.
Für ehrenamtliche Ortschafts- oder Ortsteilbürgermeister gelten unter dieser Maßgabe die in Abschnitt I Nr. 2 genannten Beträge.
V. Steuerpflichtige, die gleichzeitig Mitglieder mehrerer kommunaler Volksvertretungen sind, können steuerfreie Entschädigungen im Sinne der vorstehenden Abschnitte I bis IV nebeneinander beziehen. R 3.12 Abs. 3 Satz 6 der LStR ist insoweit nicht anzuwenden.
Bleibt nach der Regelung des R 3.12 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 LStR, wonach die ehrenamtlich tätigen Personen gewährte Aufwandsentschädigung zu 1/3 steuerfrei ist, ein höherer Betrag der Aufwandsentschädigung steuerfrei als dies nach Teil B Abschnitt I bis IV dieses Erlasses der Fall wäre, so kann die günstigere Regelung angewendet werden.
C. Wirkung der steuerfreien Aufwandsentschädigung
Mit den steuerfreien Entschädigungen nach Teil B sind alle Aufwendungen, die mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Sinne des Teils B zusammenhängen - mit Ausnahme der Aufwendungen für Dienstreisen - abgegolten. Es bleibt den Steuerpflichtigen unbenommen, ihre tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie nicht Kosten der Lebensführung sind, die ihre wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung mit sich bringt, gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. In diesem Fall können die tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie die steuerfreien Entschädigungen übersteigen, als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
Die teilweise Anerkennung von pauschalen Steuerfreibeträgen und tatsächlichen Kosten nebeneinander ist nicht möglich; die tatsächlichen Kosten sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie für den gesamten Veranlagungszeitraum und alle Kostenarten einheitlich geltend gemacht werden.
D. Anwendungszeitraum
Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der anderen Länder und ist ab dem Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden. Er ersetzt für Veranlagungszeiträume ab 2021 den Bezugserlass.
Thüringer Finanzministerium v. - 1040-21-S 2337/2 - 112319/2021
Fundstelle(n):
NAAAI-02786