Umsatzsteuer | Besteuerung von Umsätzen einer Bäckerei mit Filialen in Vorkassenzonen eines Supermarkts (BFH)
Verkauft eine Bäckerei in Filialen, die sich teilweise in "Vorkassenzonen" eines Supermarkts befinden, Speisen zum Verzehr vor Ort auf Mehrweggeschirr und mit Mehrwegbesteck, das es nach dem Verzehr der Speisen zurücknimmt und reinigt, führt sie damit (ebenso wie ein Partyservice) sonstige Leistungen aus, die vor Inkrafttreten des § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG dem Regelsteuersatz unterlagen (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Klägerin betreibt diverse Konditoreien und Cafés. Streitig ist, welcher Steuersatz auf Umsätze aus dem Verkauf von Speisen, die vor Ort an Tischen auf Geschirr der Klägerin anzuwenden ist. Das FG der ersten Instanz vertrat die Ansicht, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Umsätze aus dem Verkauf von Backwaren und Fast-Food zum Verzehr vor Ort in den mit Sitzgelegenheiten ausgestatteten Filialen der KG nicht vorlägen. Die Dienstleistungselemente stünden im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung von Speisen im Vordergrund (, s. hierzu Fietz/Gairing, , Grambeck, sowie unsere Online-Nachricht v. 15.10.2019).
Das darauffolgenden Revisionsverfahren setzte der bis zur Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Dyrektor Izby Administracji Skarbowej w Katowicach aus () aus (zur EuGH-Entscheidung s. Walkenhorst, ). In den nun wieder aufgenommenen Verfahren wies der BFH die Klage ab.
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
Verkauft eine Bäckerei in Filialen, die sich teilweise in "Vorkassenzonen" eines Supermarkts befinden, Speisen zum Verzehr vor Ort auf Mehrweggeschirr und mit Mehrwegbesteck, das es nach dem Verzehr der Speisen zurücknimmt und reinigt, führt sie damit (ebenso wie ein Partyservice) sonstige Leistungen aus, die vor Inkrafttreten des § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG dem Regelsteuersatz unterlagen.
Art. 6 Abs. 1 Sätze 1 und 3 MwSt-DVO sind auch in Besteuerungszeiträumen vor ihrem Inkrafttreten anwendbar, weil sie rückwirkend Begriffe klären, die sich bereits zuvor in der Richtlinie 77/388/EWG bzw. der Richtlinie 2006/112/EG befunden haben.
Anmerkung von Prof. Dr. Alois Nacke, Richter im XI. Senat des BFH:
In der Sache hat der BFH hier einen Fall entschieden, der sich in eine Reihe von Entscheidungen einordnen lässt, in denen es um die Abgrenzung zwischen Lieferung von Speisen, die dem Steuersatz von 7 % unterliegen und sonstigen Dienstleistungen geht, die dem Regelsteuersatz unterliegen. In dem Urteil sind die insoweit existierenden Grundsätze des EuGH und des BFH umfangreich dargelegt.
Ergänzt werden die Ausführungen um die ebenfalls herangezogene Regelung des Art. 6 MwSt-DVO, die zwar im Streitzeitraum noch nicht zur Anwendung kam, deren Aussagen aber rückwirkend zur Auslegung von Begriffen herangezogen werden kann.
In der Sache stellt das Urteil den entschiedenen Fall mit z.B. Imbissständen gleich, die neben der Speiseausgabe Tische mit Stühlen, Geschirr und/oder Besteck zur Verfügung stellen. Entsprechend sind daher die Speisen dem Regelsteuersatz zu unterwerfen, wenn die Backfiliale im Supermarkt auch Tische und Stühle sowie Geschirr und Besteck den Kunden für den Verzehr von Speisen zur Verfügung stellt.
Auf eine fehlende Toilette oder Garderobe kommt es nicht an. Die Entscheidung ist stets von einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls abhängig, worauf der Berater bei seiner Beurteilung achten muss. Die Bereitstellung von nur behelfsmäßigen Vorrichtungen, wie z.B. einfacher Verzehrtheken ohne Sitzgelegenheit, reichen dagegen aus, um nur von Nebenleistungen zu den Lieferungen der Speisen auszugehen. Sie teilen damit das Schicksal der Hauptleistung und unterliegen infolgedessen dem ermäßigten Steuersatz.
Mit dieser Entscheidung lassen sich an Hand der Kriterien, die im Einzelnen zu berücksichtigen sind und die insbesondere der Rechtsprechung des EuGH und BFH entnommen wurden, auch andere Fälle einordnen.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
HAAAI-02749