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BVerfG Urteil v. - 1 BvR 1246/20

Anordnung der Auslagenerstattung nach Erledigterklärung (§ 34a Abs 3 BVerfGG) sowie Gegenstandswertfestsetzung im Verfassungsbeschwerdeverfahren

Gesetze: § 32 Abs 1 BVerfGG, § 34a Abs 3 BVerfGG, § 90 BVerfGG, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG

Instanzenzug: Az: 27 O 169/20 Beschlussvorgehend Az: 1 BvR 1246/20 Einstweilige Anordnungvorgehend Az: 1 BvR 1246/20 Kammerbeschluss

Gründe

11. Im vorliegenden Verfahren hat die Kammer am im Wege der einstweiligen Anordnung die Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung des mit der dem Beschwerdeführer die Wiederholung bestimmter Äußerungen untersagt worden war, ausgesetzt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1246/20 -).

2Nachdem es im fachgerichtlichen Verfahren zu einer übereinstimmenden Erledigungserklärung kam, erklärte der Beschwerdeführer auch das Verfassungsbeschwerdeverfahren für erledigt und beantragte, dem Land Berlin die Erstattung der notwendigen Auslagen aufzuerlegen sowie den Gegenstandswert für das Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als auch für das Verfassungsbeschwerdeverfahren festzusetzen.

32. Infolge der Erledigungserklärung des Beschwerdeführers ist gemäß § 34a Abs. 3 BVerfGG nach Billigkeit über die Auslagenerstattung zu entscheiden. Eine Auslagenerstattung entspricht der Billigkeit, soweit ausnahmsweise die Erfolgs-aussichten im Verfassungsbeschwerdeverfahren unterstellt werden können, weil die verfassungsrechtliche Lage insoweit schon geklärt ist (vgl. BVerfGE 133, 37 <38 Rn. 2>; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 2309/19 -, Rn. 3 und vom - 1 BvR 249/21 -, juris, Rn. 3).

4Nach diesem Maßstab entspricht im vorliegenden Fall die vollständige Auslagenerstattung der Billigkeit. Eine Klärung der verfassungsrechtlichen Lage, aufgrund derer ein Obsiegen des Beschwerdeführers im Verfassungsbeschwerdeverfahren unterstellt werden kann, ist hinsichtlich des mit Beschluss der Kammer vom außer Vollzug gesetzten Beschlusses des Landgerichts gegeben. Denn die Kammer hat ihren Beschluss gerade mit Blick auf die insoweit offenkundigen Erfolgsaussichten der gleichzeitig eingelegten Verfassungsbeschwerde erlassen.

53. Die Festsetzung des Gegenstandswerts hat gesondert für die Verfahren der einstweiligen Anordnung und der Verfassungsbeschwerde zu erfolgen, wobei jeweils mindestens 5.000 Euro anzusetzen sind. Dabei ist der Gegenstandswert des Verfassungsbeschwerdeverfahrens grundsätzlich höher als derjenige der einstweiligen Anordnung zu bemessen. Anders liegt es jedoch, wenn das Verfahren der einstweiligen Anordnung die Hauptsache im Wesentlichen ersetzt und vorweggenommen hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 2309/19 -, Rn. 3 mit Verweis auf Barczak, in: ders., BVerfGG, § 32 Rn. 81 sowie Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 249/21 -, juris, Rn. 5).

6Um einen solchen Fall handelt es sich hier, da die einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin aufgrund des offensichtlichen Verstoßes gegen die prozessuale Waffengleichheit im einstweiligen Verfügungsverfahren außer Wirksamkeit gesetzt wurde. Bereits im Verfahren der einstweiligen Anordnung hatte die Kammer die in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren zu klärenden Tatsachen- und Rechtsfragen verfassungsgerichtlich zu beurteilen. Das Verfahren der einstweiligen Anordnung ist somit im Wesentlichen an die Stelle des Verfassungsbeschwerdeverfahrens getreten, so dass sich sein Gegenstandswert dem Wert einer stattgebenden Kammerentscheidung im Verfassungsbeschwerdeverfahren annähert. Im Gegenzug war das nach Rücknahme des Verfügungsantrags für erledigt erklärte Verfassungsbeschwerdeverfahren nur mit dem Mindestwert von 5.000 Euro zu veranschlagen.

7Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2021:rk20211206.1bvr124620

Fundstelle(n):
PAAAI-02729