Online-Nachricht - Mittwoch, 19.01.2022

Einkommensteuer | Ausländische Betriebsstätten einer im Inland ansässigen Kapitalgesellschaft keine Arbeitgeber (FG)

Die ausländische Betriebsstätte einer im Inland ansässigen rechtlich selbständigen Person ist als solche nicht als Arbeitgeber i.S.d. Art. 15 Abs. 2 Buchst. b) OECD-MA anzusehen. Der von der Rechtsprechung entwickelte sog. wirtschaftliche Arbeitgeber-Begriff stellt auf eine "rechtlich selbständige Person" ab (, 11 K 14197/20 und 11 K 14198/20; Revisionen zugelassen).

Sachverhalt: Die in Deutschland ansässige Klägerin wird in der Rechtsform einer AG betrieben und ist über Zweigniederlassungen weltweit tätig. Die in den Auslandsniederlassungen tätigen Arbeitnehmer hatten ihren Wohnsitz jeweils im Beschäftigungsstaat. In unregelmäßigen zeitlichen Abständen kamen sie für kurzfristige Dienstreisen z.B. zu Schulungen oder Projektarbeiten zum Stammhaus nach Deutschland. Diese Inlandsdienstreisen nahmen sie im Interesse der jeweiligen Auslandszweigniederlassung vor, die neben der kompletten Tätigkeitsvergütung auch die anfallenden Reisekosten trug. Die gesamten mit der Tätigkeit dieser Mitarbeiter verbundenen Kosten erfasste die jeweilige Auslandsniederlassung in ihrer Buchführung. Das deutsche Stammhaus erstattete diese Kosten weder ganz noch teilweise.

Das beklagte Finanzamt nahm bei der Klägerin als inländischer Arbeitgeberin gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG einen Lohnsteuerabzug von dem auf die Inlandsdienstreisen entfallenden Arbeitslohn der Arbeitnehmer ihrer ausländischen Betriebsstätten vor.

Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg:

  • Das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn, der auf die Inlandstage der ausländischen Arbeitnehmer entfällt, steht dem Tätigkeitsstaat Deutschland zu. Die Klägerin ist als Arbeitgeberin i.S. des Art. 15 Abs. 2 Buchst. b) OECD-MA anzusehen - und nicht die jeweilige Zweigniederlassung (Betriebsstätte).

  • Der Wortlaut des Art. 15 Abs. 2 Buchst. c) unterscheidet ausdrücklich zwischen den Begriffen Betriebsstätte und Arbeitgeber. Der Regelungsbereich des Buchst. c) wäre ausgehöhlt, wenn die Betriebsstätte unter den Arbeitgeber-Begriff des Buchst. b) zu fassen wäre.

  • Überdies verknüpft der Wortlaut des Buchst. b) den Arbeitgeber-Begriff und die Ansässigkeit miteinander. Daraus folgt, dass ein Arbeitgeber ansässig sein kann.

  • Wie der BFH in seinem Urteil v. - I R 109/85 bereits zutreffend ausgeführt hat, kann eine Betriebsstätte nicht in einem Vertragsstaat ansässig sein. Zudem handelt es sich im Streitfall um unselbständige Zweigniederlassungen, die zivilrechtlich nicht rechtsfähig sind.

  • Auch vor diesem Hintergrund können sie zivilrechtlich nicht Vertragspartner und damit Arbeitgeber sein. Der von der Rechtsprechung entwickelte wirtschaftliche Arbeitgeber-Begriff stellt auf eine „rechtlich selbständige Person" ab. Nach Art. 5 OECD-MA bleibt die Betriebsstätte als solche aber unselbständig und wird allein zum Zwecke der Gewinnzuordnung nach Art. 7 OECD-MA fiktiv verselbständigt.

  • Darüber hinaus konnte der erkennende Senat im Streitfall keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, die Niederlassungsfreiheit sowie die Arbeitnehmerfreizügigkeit feststellen.

Hinweis:

Das FG hat die Revisionen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsachen zugelassen, da zu der Arbeitgebertauglichkeit einer Betriebsstätte i.S.d. Art. 15 Abs. 2 Buchst. b) OECD-MA 2017 bisher noch keine Entscheidung des BFH vorliegt.

Quelle: Niedersächsisches FG, Newsletter v. (il)

Fundstelle(n):
YAAAI-02230