§ 6 EStG Bilanzsteuerrechtliche Fragen des Getränkegroßhandels
(MF-Erlass vom - S 2133 - 26 - 312 -)
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1. Bilanzsteuerliche Behandlung der Rückstellung für Pfandgelder
Für die bilanzsteuerrechtliche Behandlung der Rückstellung für Pfandgelder aufgrund der - vorgesehenen - Erhöhung des Pfandgeldes gilt Folgendes:
Besteht für Unternehmen am Bilanzstichtag die Verpflichtung, Pfandgelder auszahlen zu müssen, so haben sie für diese Verpflichtung eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Die Rückstellung ist sowohl in der Handelsbilanz als auch in der Steuerbilanz zwingend auszuweisen. Die Höhe der passivierten Rückstellung richtet sich nach dem Umfang der Verpflichtung am Bilanzstichtag. Steht an Bilanzstichtagen vor dem fest, dass die Verpflichtung zunimmt, weil eine Pfandgelderhöhung mit Wirkung vom an beschlossen wurde, so ist dies bereits bei der Bewertung der Rückstellung an den Bilanzstichtagen vor diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen. Die Höhe der Rückstellung richtet sich dabei nach dem wahrscheinlichen Pfandaufwand bezogen auf die am Bilanzstichtag ausgegebenen Flaschen. Dies bedeutet, dass aufgrund des Beschlusses zur Erhöhung des Pfandgeldes mit Wirkung ab an Bilanzstichtagen vor diesem Zeitpunkt die Pfandrückstellung jeweils um den Betrag erhöht werden muss, der wahrscheinlich anfallen wird, weil am Bilanzstichtag ausgegebene Flaschen erst nach dem zurückgegeben werden. Das Ergebnis dieser Handhabung ist eine gleitende Aufsto-ckung der Rückstellung.
Eine anderweitige Aufstockung der Rückstellung (z. B. in drei Schritten) ist mit den gesetzlichen Bestimmungen und dem Sinn und Zweck des Rückstellungsausweises nicht zu vereinbaren. Zum einen dient der Rückstellungsausweis der zutreffenden Darstellung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens nach außen. Würde die Rückstellung für eine Verpflichtung nicht entsprechend der am Bilanzstichtag vorliegenden Verhältnisse ausgewiesen, würde die Vermögenssituation des Unternehmens verfälscht dargestellt. Zum anderen dient der Ausweis der Rückstellung entsprechend den am Bilanzstichtag vorliegenden Verhältnissen der zutreffenden Besteuerung. Es sind keine Gründe für eine sachliche Unbilligkeit ersichtlich, die eine dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz widersprechende steuerliche Behandlung rechtfertigen würden.
2. Bilanzsteuerliche Fragen des Getränkegroßhandels; Rückstellungen für die Verpflichtung zum Ausgleich wegen nicht zurückgegebenen Leerguts
Getränkehändler sind spätestens bei Beendigung der Geschäftsbeziehung mit einem Lieferanten verpflichtet, diesem Ausgleich dafür zu leisten, dass geliefertes Leergut nicht zurückgegeben worden ist. Zu der Frage, ob hierfür in der Steuerbilanz Rückstellungen zu bilden sind, ist nach dem Ergebnis einer Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder folgende Rechtsauffassung zu vertreten:
Ist der Steuerpflichtige vertraglich verpflichtet, für am Bilanzstichtag nicht zurückgegebenes Leergut Schadensersatz zu leisten, so hat er für diese Verpflichtung grundsätzlich eine Rückstellung zu bilden. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass mit der Inanspruchnahme nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag gerechnet werden muss. Dies ist nicht der Fall, wenn aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit bei laufenden Geschäftsbeziehungen damit zu rechnen ist, dass der Gläubiger mit Rücksicht auf die Rücklieferung des ausstehenden Leerguts nach dem jeweiligen Bilanzstichtag auf die Geltendmachung seines Schadensersatzanspruchs verzichtet.
In einem solchen Fall ist die Bildung einer Rückstellung erst zulässig, wenn wegen Beendigung der Geschäftsbeziehungen am Bilanzstichtag nicht mehr mit dem Ausgleich der Verpflichtung durch Rücklieferung von Leergut nach dem Bilanzstichtag gerechnet werden kann.
Im Regelfall sehen die allgemeinen Lieferbedingungen vor, dass während der laufenden Geschäftsbeziehungen eine Rückgabepflicht besteht, die sich nur bei Leistungsstörungen in einen Schadenersatzanspruch umwandeln kann. Voraussetzung ist, dass ein Schadenersatzverlangen nach Fristsetzung auch tatsächlich geltend gemacht wird. Erst bei Ende der Geschäftsbeziehung ist das gesamte Leergut sofort zurückzuliefern.
Auch die Mehrzahl der allgemeinen Lieferbedingungen sehen vor, dass die Brauereien berechtigt sind, bei Leergutrückständen statt der Rückgabe (Schadenersatz-)Zahlungen zu verlangen. Es handelt sich insoweit um eine Option der Gläubiger. Eine zwingende Inanspruchnahme ergibt sich nicht.
Bei der Rückstellungsfrage ist daher im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob der Getränkehersteller die Durchsetzung seiner Forderung tatsächlich beabsichtigt und somit eine ungewisse Verbindlichkeit vorliegt. Der Getränkefachgroßhändler als Schuldner hat dabei insbesondere auch die Erfahrungen der Vergangenheit zu beachten (vgl. hierzu auch § 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchstabe a EStG in der Fassung des StEntlG 1999/2000/2002).
Ein Anhaltspunkt für die Absicht des Getränkeherstellers, seine Forderung geltend zu machen, kann - unter Berücksichtigung der Erfahrungen der Vergangenheit - insbesondere die Anmahnung von überfälligem Leergut durch Zusendung oder Androhung einer Zwischenabrechnung bei gleichzeitiger Nichterfüllbarkeit des von der Brauerei für vertretbar gehaltenen Rückführungsvolumens sein.
Das - (BStBl 2000 II S. 612) betrifft die Frage, ob eine Rückstellung für eine privatrechtlich vereinbarte Auflage (z. B. die Entfernung eines auf dem Grundstück des Verpächters errichteten Gebäudes) auch dann zu bilden ist, wenn der Zeitpunkt der Erfüllung der Verpflichtung noch ungewiss ist. Bei der hier zu beurteilenden Rückstellungsproblematik für die Leergutrückgabe ist jedoch die Frage zu klären, ob mit einer Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist. Die obige BFH-Entscheidung ist daher nicht einschlägig.
3. Bilanzsteuerliche Behandlung des Pfandleerguts beim Getränkehändler
Nach dem Ergebnis einer Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ist bei der bilanzsteuerlichen Behandlung des Pfandleerguts beim Händler wie folgt zu verfahren:
Bilanzsteuerlich erwirbt ein Getränkehändler, der von einem Abfüller Getränke mit der Verpflichtung erhält, die mitgelieferten Behältnisse (Flaschen und Kisten) zurückzugeben, an diesen Behältnissen kein Eigentum. Dieses verbleibt beim Abfüller (vgl. BStBl I S. 363 [1]). Aus diesen Gründen kann das Pfandleergut auch nicht als Teil des Warenvorrats behandelt werden. Dem Getränkehändler steht für die an den Abfüller verauslagten Pfandgelder eine Forderung auf Rückerstattung zu. Diese ist zu aktivieren (vgl. BStBl II S. 370).
Die Forderung auf Rückerstattung verauslagter Pfandgelder entsteht bereits im Zeitpunkt des Warenbezugs. Allein die Fälligkeit des Rückerstattungsanspruchs wird bis zur Rückgabe der Flaschen und Kästen vom Kunden hinausgeschoben. Die Rückgabe der Flaschen und Kästen stellt kein besonderes Ereignis dar, welches erst die wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen für das Entstehen der Forderung begründet.
Der Getränkehändler darf die Forderung gegenüber dem Abfüller nicht mit der Verpflichtung gegenüber dem Kunden verrechnen, die von ihnen vereinnahmten Pfandgelder an sie zurückzugeben. Für die Verpflichtung gegenüber dem Kunden ist eine Rückstellung zu bilden. Eine Verrechnung der Rückstellung für die Rückgabeverpflichtung mit der Forderung auf Rückerstattung verstößt gegen den Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB und § 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchst. c EStG).
OFD Hannover v. - S 2137- 63 - StH 221 S 2137- 67 - StO 221
Fundstelle(n):
PAAAA-81116