Verfahrensrecht | Digitalisierung im finanzgerichtlichen Verfahren (FG)
Im FG Münster wurde das in § 52b Abs. 6 FGO gesetzlich geregelte sog. ersetzende Scannen zum eingeführt. Des Weiteren besteht ab dem für Rechtsanwälte die Pflicht zur aktiven Nutzung ihres beA (§ 52d Satz 1 FGO).
Hintergrund: Beim ersetzenden Scannen werden sämtliche Papierdokumente, die bei Gericht eingehen, zentral gescannt. Das ersetzende Scannen unterscheidet sich von der bisherigen Verfahrensweise dahingehend, dass die eingescannten Dokumente (frühestens) nach Ablauf von 6 Monaten nach Durchführung des Scanvorgangs vernichtet werden können (§ 52b Abs. 6 Satz 5 FGO).
Das FG Münster erläutert zum Scannen:
Sollte eine Abweichung des elektronischen Dokuments vom eingereichten Papierdokument durch einen Beteiligten oder das Gericht bemerkt werden, kann der Scanvorgang innerhalb dieser (mindestens) sechsmonatigen Aufbewahrungszeit erneut durchgeführt werden. Um nach der Prozessordnung zum ersetzenden Scannen befugt zu sein, sind die in Papierform vorliegenden Schriftstücke nach dem Stand der Technik zur Ersetzung der Urschrift in ein elektronisches Dokument zu übertragen. Der jeweils aktuelle Stand der Technik wird durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in der Technischen Richtlinie zum ersetzenden Scannen (sog. TR RESISCAN) beschrieben.
Eine Ausnahme von den ersetzend zu scannenden Dokumenten besteht gemäß § 52b Abs. 6 Satz 5 FGO bei rückgabepflichtigen Dokumenten (z.B. Urkunden). Diese verbleiben grundsätzlich bis zum Abschluss der Verfahren bei der Akte und werden dann an den Einsender zurückgegeben.
Für die Prozessbeteiligten bedeutet diese neue Verfahrensweise insbesondere, dass Originalurkunden wie bspw. notarielle Vertragsurkunden, Fahrtenbücher oder Fotografien nur mit dem gut sichtbaren Hinweis „rückgabepflichtiges Dokument“ an das Gericht übersandt werden sollten.
Das FG Münster erläutert zur Nutzung von beA:
Ab dem sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch Rechtsanwälte, Behörden oder juristische Personen des öffentlichen Rechts eingereicht werden, als elektronisches Dokument an das Gericht zu übermitteln. Damit besteht ab dem für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte die Pflicht zur aktiven Nutzung ihres beA (§ 52d Satz 1 FGO). Konkret bedeutet dies, dass Klagen, Anträge und Prozesserklärungen nur noch auf elektronischem Weg wirksam eingereicht werden können.
Eine nach dem ausschließlich per Fax eingereichte Klage von Rechtsanwälten wäre unzulässig. Dasselbe gilt für Prozesserklärungen von Behörden.
Von dieser Pflicht sind hingegen Naturalparteien nicht betroffen. Steuerberater sind im Jahr 2022 ebenfalls grundsätzlich noch nicht betroffen.
Erst für 2023 ist die Inbetriebnahme eines besonderen Steuerberaterpostfachs durch die Bundessteuerberaterkammer geplant, dessen Nutzung dann, wie das beA, berufsrechtlich verpflichtend sein wird. Mit Inbetriebnahme des besonderen Steuerberaterpostfachs werden sämtliche Steuerberaterinnen und Steuerberater flächendeckend ab dem zur aktiven Nutzung im Finanzgerichtsprozess verpflichtet sein. Insoweit können Angehörige der steuerberatenden Berufe nach derzeitigem Gesetzes- und Planungsstand mit den Finanzgerichten nur noch im Jahr 2022 außerhalb des elektronischen Rechtsverkehrs kommunizieren.
Quelle: FG Münster Pressemitteilung v. (JT)
Fundstelle(n):
KAAAI-00992