Verfahrensrecht | Erlass von Säumniszuschlägen (FG)
Säumniszuschläge, die gegenüber einem an sich pünktlichen Steuerzahler erhoben werden, verlieren ihren Zweck als Druckmittel, den Steuerschuldner zur rechtzeitigen Zahlung seiner steuerrechtlichen Verbindlichkeiten anzuhalten, was bereits für sich genommen einen hälftigen Erlass der verwirkten Säumniszuschläge rechtfertigt (, Nichtzulassungsbeschwerde anhängig, BFH-Az. VII B 135/21).
Sachverhalt: Das beklagte Hauptzollamt hatte den Erlass von Säumniszuschlägen auf Energiesteuer (Fälligkeit am , Zahlung am ) abgelehnt, weil die Klägerin auch in der Vergangenheit in insgesamt 19 Fällen verspätet, allerdings innerhalb der Schonfrist gezahlt hatte und damit kein pünktlicher Steuerzahler ist.
Das Gericht hat diese Entscheidung als rechtswidrig angesehen:
Das FA wurde verpflichtet, den Billigkeitsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Es hat zunächst beanstandet, dass die Klägerin bereits deshalb als nicht pünktliche Steuerzahlerin angesehen wurde, weil sie die Energiesteueranmeldungen verspätet abgegeben hatte; tatsächlich sind auch die anderen Steuerarten wie Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer etc. in die Betrachtung mit einzubeziehen gewesen.
Im Übrigen sind die Energiesteuerzahlungen lediglich geringfügig - bei 17 Anmeldungen um einen Tag und bei zwei Anmeldungen um zwei Tage - verspätet erfolgt.
Des Weiteren hat das Gericht darauf abgestellt, inwieweit die Säumnis zu Verwaltungsaufwand führt, der ebenfalls durch die Verwirkung von Säumniszuschlägen abgegolten werden soll. Verursacht die Säumnis im konkreten Fall keinen oder nur geringen Verwaltungsaufwand, kommt ein vollständiger Erlass der Säumniszuschläge in Betracht.
Nach bislang herrschender Auffassung sollen die Säumniszuschläge zur Hälfte Druckmittelcharakter haben, weshalb üblicherweise die Hälfte der verwirkten Säumniszuschläge erlassen wird, wenn mit ihnen kein Druck mehr auf das Zahlungsverhalten ausgeübt werden kann. Die „andere Hälfte“ soll zinsähnlichen Charakter haben und den besagten Verwaltungsaufwand abgelten. Interessant an der Entscheidung ist, dass ein vollständiger Erlass in Betracht kommen soll, wenn kein oder nur geringer Verwaltungsaufwand entstanden ist; dessen Höhe im konkreten Einzelfall zu prüfen ist. Der (abstrakt) Zinscharakter spielt danach nicht unbedingt eine Rolle.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist beim BFH in München unter dem Az. VII B 135/21 anhängig.
Quelle: FG Hamburg Newsletter 4/2021 (JT)
Fundstelle(n):
LAAAI-00944