Online-Nachricht - Donnerstag, 23.12.2021

Einkommensteuer | Zuteilung von Aktien im Rahmen eines ausländischen "Spin-Off" vor Inkrafttreten des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG (BFH)

Der BFH hat zu den ertragsteuerlichen Folgen für inländische Privatanleger bei der Zuteilung von Aktien im Rahmen eines ausländischen "Spin-Off" vor Inkrafttreten des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG geurteilt. Danach fallen Drittstaatenabspaltungen, die einer inländischen Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG vergleichbar sind, bis zum Inkrafttreten des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG bei unionsrechtskonformer Auslegung in den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Kläger hielten im Streitjahr 2012 Aktien der Kraft Foods Inc. (KFI), einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft. Am übertrug die KFI ihre Lebensmittelsparte für Nordamerika auf die neu gegründete Kraft Foods Group Inc. (KFG), ebenfalls eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft, und erhielt dafür Aktien an der KFG. Gleichzeitig wurde die KFI in Mondelez International Inc. (M) umbenannt. Sodann teilte die M ihren Aktionären die erhaltenen KFG-Aktien im Verhältnis 3:1 zu, ohne dass das Kapital der M herabgesetzt wurde. Auf dem Depot der Kläger wurde die entsprechende Zahl an Aktien der KFG eingebucht. Die Depotbank der Kläger ging - unter Berücksichtigung des maßgeblichen Börsenkurses der KFG-Aktien von einer steuerpflichtigen Sachausschüttung aus und behielt Kapitalertragsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag ein.

Die Kläger, nach deren Auffassung die Zuteilung der KFG-Aktien als nicht steuerbare Einlagenrückgewähr zu behandeln ist, beantragten in ihrer Einkommensteuererklärung die Überprüfung des Steuereinbehalts für Kapitalerträge gemäß § 32d Abs. 4 EStG in der für das Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG) sowie die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG. Das FA folgte dem nicht, sondern legte den strittigen Kapitalertrag mit dem für Kapitaleinkünfte geltenden Steuertarif (§ 32d Abs. 1 EStG) zu Grunde und rechnete die einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer lediglich auf die festgesetzte Einkommensteuer an. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht der ersten Instanz wie die Klage ab (, s. hierzu Lieber, IWB 7/2019 S. 266).

Der BFH gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Das FG der ersten Instanz ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Zuteilung der KFG-Aktien von der M an die Kläger bei isolierter Betrachtung zu einem Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG führt, für den Deutschland das Besteuerungsrecht zusteht.

  • Diese Sachausschüttung ist mangels einer Einlagenrückgewähr seitens der M nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG von der Besteuerung auszunehmen.

  • Darüber hinaus ist die Entscheidung des FG, dass es an den Voraussetzungen des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG fehlt, im Ergebnis ebenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

  • Auch ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass die Zuteilung der KFG-Aktien auch nicht nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG von der Besteuerung auszunehmen ist, obwohl die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm erfüllt sind.

  • Das FG hat jedoch nicht berücksichtigt, dass Drittstaatenabspaltungen im Streitjahr noch in den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG fielen.

  • Die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 AEUV gebietet es, dass der Anwendungsbereich des § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG bis zum Inkrafttreten des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auch Drittstaatenabspaltungen erfasst. Anderenfalls käme es im Streitjahr zu einer nicht zu rechtfertigenden Schlechterstellung inländischer Gesellschafter von Drittstaatengesellschaften gegenüber solchen von inländischen und ausländischen Gesellschaften der EU bzw. des EWR.

  • Ein ausländischer "Spin-Off", der aus nationaler Sicht eine Ausgliederung i.S. des § 123 Abs. 3 UmwG mit anschließender Sachausschüttung der Aktien am übernehmenden Rechtsträger darstellt, kann einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG dann vergleichbar sein, wenn die Übertragung der Vermögenswerte in einem einheitlichen "zeitlichen und sachlichen Zusammenhang" mit der und gegen die Übertragung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft erfolgt (Anschluss an , und VIII R 15/20).

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB VAAAI-00582