OFD Frankfurt/M. - S 2750a A-027-St 52

Regelung des § 8b Abs. 4 KStG

Unterjähriger Hinzuerwerb von Anteilen

Bezug:

Durch das Gesetz zur Umsetzung des wurde in § 8b Absatz 4 KStG eine Steuerpflicht für Erträge aus Beteiligungen kleiner 10 % (Streubesitz) eingeführt. Für die Frage, ob eine mindestens 10 %ige Beteiligung erworben wurde, ist dabei auf die Beteiligungshöhe zu Beginn des Kalenderjahres abzustellen. Nach § 8b Absatz 4 Satz 6 KStG gilt für Zwecke der Streubesitzregelung der Erwerb einer Beteiligung von mindestens 10 % als zu Beginn des Kalenderjahres erfolgt.

Nach den Erörterungen der Referatsleiter KSt/GewSt der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder gilt hinsichtlich der Auslegung der Rückbeziehungsfiktion des § 8b Abs. 4 S. 6 KStG folgendes:

Die Rückbeziehung eines Erwerbs im laufenden Kalenderjahr auf den Beginn des Kalenderjahres nach § 8b Absatz 4 Satz 6 KStG gilt ausschließlich für den Erwerb eines Anteilspaketes von mindestens 10 % durch einen einzelnen Erwerbsvorgang. Die Regelung hat keine Auswirkung auf die Behandlung von Anteilen, die zum Beginn des Kalenderjahres bereits bestehen und ist auch nicht anzuwenden, wenn im laufenden Kalenderjahr durch verschiedene Erwerbsvorgänge jeweils Anteile von weniger als 10 % erworben werden, die Erwerbe insgesamt aber die Grenze von 10 % erreichen.

Diese Auslegung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut, der die Ausnahme für „den Erwerb einer Beteiligung von mindestens 10 Prozent“ vorsieht. Sie entspricht des Weiteren dem Sinn und Zweck der Vorschrift, Härten zu vermeiden. Ohne die Rückbeziehung wäre auf Beteiligungen, die im Laufe eines Veranlagungszeitraums erworben werden, stets die Streubesitzregelung anzuwenden mit der Folge, dass Dividenden aus der Beteiligung im Erstjahr stets steuerpflichtig zu behandeln wären. Diese Folge würde selbst bei unterjährigem Erwerb einer 100 %igen Beteiligung (z. B. auch im Rahmen der Neugründung einer Gesellschaft) eintreten. Entsprechende Ausführungen enthält auch die Begründung, die dem Vermittlungsausschuss für das Gesetz zur Umsetzung des vorgelegen hat.

Folgende Fallkonstellationen sind denkbar:

1) Keine Beteiligung zu Beginn des Jahres, Hinzuerwerb im Laufe des Jahres von 11 %

§ 8b Absatz 4 Satz 6 KStG regelt, dass für Zwecke dieses Absatzes der Erwerb einer Beteiligung von mindestens 10 Prozent als zu Beginn des Kalenderjahres erfolgt. Durch die Rückbeziehung findet § 8b Absatz 4 KStG auf Erträge aus dieser Beteiligung keine Anwendung.

2) Beteiligungshöhe zu Beginn des Jahres 4 %, Hinzuerwerb im Laufe des Jahres von 7 %

Zu Beginn des Kalenderjahres besteht eine Beteiligung von weniger als 10 %. Nach dem Hinzuerwerb ist der Steuerpflichtige zu insgesamt 11 % beteiligt. Die Regelung des § 8b Absatz 4 Satz 6 KStG ist jedoch nicht anzuwenden, da nicht mindestens 10 % hinzuerworben werden. Die Beteiligungserträge sind in voller Höhe in diesem Jahr steuerpflichtig.

3) Beteiligungshöhe zu Beginn des Jahres 4 %, Hinzuerwerb im Laufe des Jahres 11 %

Zu Beginn des Kalenderjahres besteht eine Beteiligung von weniger als 10 %. Nach dem Hinzuerwerb ist der Steuerpflichtige zu insgesamt 15 % beteiligt. Die Regelung des § 8b Absatz 4 Satz 6 KStG ist nur für den hinzuerworbenen Anteil von 11 % anzuwenden. Erzielt der Steuerpflichtige in diesem Jahr Erträge aus der Beteiligung, sind diese insoweit steuerfrei, als sie auf den hinzuerworbenen 11 %igen Anteil entfallen und steuerpflichtig, soweit sie auf den Anteil von 4 % entfallen.

4) Keine Beteiligung zu Beginn des Jahres, Erwerb einer Beteiligung von 20 % am 1. April und einer Beteiligung von 7 % am 1. Juni und einer Beteiligung von 4 % am 1. September

Die Regelung des § 8b Absatz 4 Satz 6 KStG ist nur für den Erwerb der Beteiligung i. H. v. 20 % am 1. April anzuwenden. Am 1. Juni und 1. September wurden jeweils Beteiligungen von weniger als 10 % erworben, sodass eine Rückbeziehung nicht in Betracht kommt. Erzielt der Steuerpflichtige in diesem Jahr Erträge aus der Beteiligung, sind diese insoweit steuerfrei, als sie auf den am 1. April erworbenen 20 %igen Anteil entfallen und steuerpflichtig, soweit sie auf die Anteile von 7 und 4 % entfallen.

5) Keine Beteiligung zu Beginn des Jahres, Hinzuerwerb von 5 % von Veräußerer 1 und Hinzuerwerb von 5 % von Veräußerer 2

Die Regelung des § 8b Absatz 4 Satz 6 KStG ist nicht anzuwenden, da nicht in einem Erwerbsvorgang mindestens 10 % erworben werden.

6) Erwerb von 15 % und Veräußerung von 10 % im gleichen Jahr; anschließende Ausschüttung

Der Erwerb der Beteiligung von 15 Prozent gilt als zu Beginn des Kalenderjahres erfolgt. Durch die Rückbeziehung findet § 8b Absatz 4 KStG auf Erträge aus dieser Beteiligung keine Anwendung, auch wenn der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Ausschüttung nur noch zu 5 % beteiligt ist. Der Erwerber der Beteiligung, der 10 % hinzuerwirbt, profitiert ebenfalls von der Regelung des § 8b Absatz 4 Satz 6 KStG und kann die auf ihn entfallenen Beteiligungserträge steuerfrei vereinnahmen.

Sofern weitere Fragestellungen in diesem Zusammenhang bekannt werden, bitte ich diese zu berichten.

Zusatz der OFD

Mit Urteil vom , 6 K 1163/17 hat das Hessische Finanzgericht - entgegen der Verwaltungsauffassung - entschieden, dass die Rechtsfolge des § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG bereits dann eintritt, wenn zu irgendeinem Zeitpunkt im Laufe des Kalenderjahres eine Beteiligungshöhe von mindestens 10 % erreicht wurde. Nach der Entscheidung des HFG fallen unter den „Erwerb“ dieser (einen) Beteiligung mit dem Ergebnis einer bestimmten prozentualen Beteiligungshöhe alle zivilrechtlichen Vorgänge, die im Laufe des Kalenderjahres zur Entstehung der Beteiligungshöhe beigetragen haben.

Gegen diese Entscheidung hat die Verwaltung Revision eingelegt, die unter dem Aktenzeichen I R 16/21 beim BFH anhängig ist. Rechtsbehelfsverfahren, in denen sich die Steuerpflichtigen darauf beziehen, ruhen nach § 363 Abs. 2 S. 2 AO.

OFD Frankfurt/M. v. - S 2750a A-027-St 52

Fundstelle(n):
WAAAH-97486

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