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Online-Nachricht - Freitag, 17.12.2021

Einkommensteuer | Anhörungsrüge gegen die Grundsatzentscheidung des BFH zur Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung (BFH)

Mit inhaltlicher Kritik an der angegriffenen Entscheidung oder mit der Rüge der Verletzung anderer Grundrechte als des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs kann eine Anhörungsrüge nicht in zulässiger Weise begründet werden (; NV-Beschluss).

Hintergrund: Der BFH hatte erstmals genaue Berechnungsparameter für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung von Renten festgelegt. Zwar hatte die Revision des Klägers – der eine seit dem Jahr 2007 laufende Rente mit entsprechend hohem Rentenfreibetrag bezieht – keinen Erfolg. Allerdings ergibt sich auf der Grundlage der Berechnungsvorgaben des BFH, dass spätere Rentnerjahrgänge von einer doppelten Besteuerung ihrer Renten betroffen sein dürften. Dies folgt daraus, dass der für jeden neuen Rentnerjahrgang geltende Rentenfreibetrag mit jedem Jahr kleiner wird. Er dürfte daher künftig rechnerisch in vielen Fällen nicht mehr ausreichen, um die aus versteuertem Einkommen geleisteten Teile der Rentenversicherungsbeiträge zu kompensieren (; veröffentlicht am ).

Die Anhörungsrüge hatte keinen Erfolg:

  • Gem. § 133a Abs. 1 FGO ist das Verfahren auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

  • Für die Darlegung einer Gehörsverletzung im Rahmen einer Anhörungsrüge gelten vergleichbare Grundsätze wie für Gehörsrügen im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde oder Revision.

  • Soweit das Vorbringen in einer Anhörungsrüge das für die Beurteilung einer etwaigen Gehörsverletzung maßgebliche Prozessgeschehen in wesentlicher Hinsicht unvollständig oder anderweitig fehlerhaft wiedergibt, ist die Rüge unschlüssig und damit unzulässig.

  • Das Vorbringen zum vorrangigen Abzug der Beiträge zur gesetzlichen Kranken und Pflegeversicherung vor den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung wurde nicht zur Kenntnis genommen.

  • Ebenfalls unzulässig ist die Rüge der Kläger, der Senat habe ihr Vorbringen, Kapitalrückflüsse seien in Höhe des Wertzuwachses des Anwartschaftsrechts auf Altersrente, erst recht aber in Höhe der nominal aus versteuertem Einkommen gezahlten Beiträge steuerfrei zu stellen, nur an Art. 3 Abs. 1 GG, nicht aber an Art. 14 Abs. 1 GG geprüft.

Anmerkung von Honorarprofessor Dr. Gregor Nöcker, Richter im X. Senat des BFH:

Mit hat der BFH die Revision gegen das als unbegründet zurückgewiesen. In diesem Einzelfall war aus seiner Sicht eine doppelte Besteuerung von Alterseinkünften nicht gegeben. Die Kläger haben zwischenzeitlich Verfassungsbeschwerde beim BVerfG (2 BvR 1140/21) eingelegt. Das BMF hat einen Vorläufigkeitsvermerk erlassen ( IV A 3 – S 0338/19/10006).

Da im Fall einer Verfassungsbeschwerde vielfach vertreten wird, dass die Erschöpfung des Rechtswegs i. S. des § 90 Abs. 2 BVerfGG notwendig sei (Werth, AO-StB 2007, 24, Nöcker/Ebner, AO-StB 2017, 184), ist es ratsam eine Anhörungsrüge (§ 133a FGO) zu erheben. Diese hat der BFH nunmehr als unbegründet zurückgewiesen. Dabei geht er nicht nur auf die im Einzelnen dargelegten Gehörsrügen der Kläger ein, sondern stellt klar, dass die Grundsätze für die Geltendmachung eines entsprechenden Verfahrensmangels im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwere oder Revision gelten. Folglich muss der Kläger insbesondere auch darlegen, was er im abgeschlossenen Verfahren noch hätte vorbringen wollen und dass er keine Möglichkeit besessen habe, die Gehörsversagung vor Ergehen der Entscheidung zu beanstanden.

Häufig wird gerade im Rahmen der Anhörungsrüge, wie hier auch, ausführlich inhaltlich Kritik an der ergangenen Entscheidung geübt. Mit einem solchen Vorbringen wendet sich ein Kläger aber ausschließlich gegen die materiell-rechtliche Auffassung des Gerichts. In einer Anhörungsrüge hat dies nichts zu suchen.

Unzulässig ist im Rahmen einer Anhörungsrüge auch, wenn sich die Kläger dagegen wenden, dass das Gericht die Sache nicht dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt hat.

Nachrichtlich: Zwischenzeitlich hat der X. Senat des BFH seine Berechnungsmethodik auf Basis des Nominalwertprinzips bestätigt und erneut als verfassungsmäßig angesehen ( (AdV)).

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
EAAAH-97346