Online-Nachricht - Donnerstag, 16.12.2021

Verfahrensrecht | Keine Ablaufhemmung in sog. Bauträgerfällen (BFH)

In den sog. Bauträgerfällen führt ein Erstattungsanspruch des Leistungsempfängers (Bauträger) nicht zu einer Ablaufhemmung für die Steuerfestsetzung beim Bauleistenden, wenn im Zeitpunkt der Festsetzung des Erstattungsanspruchs bereits Festsetzungsverjährung beim Bauleistenden eingetreten ist (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Die Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer beträgt nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO vier Jahre und beginnt gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Steuerpflichtige seine Jahressteuererklärung beim FA eingereicht hat.

Sachverhalt: Streitig ist, ob der Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 2009 (Streitjahr) v. erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist erlassen wurde.

Der BFH wies die Revision des FA zurück:

  • Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 14 AO setzt voraus, dass der Erstattungsanspruch vor Ablauf der Festsetzungsfrist entstanden ist (Anschluss an sowie ).

  • Zutreffend hatte das FG entschieden, dass bei Erlass des streitgegenständlichen Umsatzsteuer-Änderungsbescheids die reguläre Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war.

  • Die Voraussetzungen für die Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 14 AO, wonach die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch nicht endet, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO noch nicht verjährt ist (§ 228 AO), liegen nicht vor.

Anmerkung von Dr. Hans-Hermann Heidner, Richter im V. Senat des BFH:

Das Urteil enthält mehrere wichtige Aussagen zum Anwendungsbereich des § 171 Abs. 14 AO. Zum einen kann § 171 Abs. 14 AO nur den Ablauf einer noch offenen Festsetzungsfrist hemmen. Die Vorschrift kann nach bereits eingetretener Festsetzungsverjährung die Festsetzungsfrist nicht erneut anlaufen lassen. Das heißt aber auch, dass der Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO, auf den § 171 Abs. 14 AO Bezug nimmt, bereits vor Ablauf der Festsetzungsfrist entstanden sein muss.

Der Erstattungsanspruch i. S. des § 37 Abs. 2 AO setzt u. a. voraus, dass eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist oder der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt. Entscheidend für die Hemmung der Festsetzungsfrist durch einen Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO ist der Zeitpunkt, zu dem dieser entstanden ist. Das wiederum richtet sich danach, ab wann es für die Zahlung des Steuerpflichtigen an einem formalen Rechtsgrund in Gestalt eines wirksamen Steuerbescheids fehlt.

Im vorliegenden Fall ist der Rechtsgrund der seinerzeit von der Leistungsempfängerin als Steuerschuldnerin zu Unrecht gezahlten Umsatzsteuer erst mit der Änderung des gegen sie gerichteten Umsatzsteuerbescheides 2009 im Jahr 2015 entfallen. Erst zu diesem Zeitpunkt - und damit nach Ablauf der Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer der Klägerin - ist der Erstattungsanspruch der Leistungsempfängerin entstanden.

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
JAAAH-97191