Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - Kodierung - OPS 2016 Nr 8-98f ("Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung") - Betrieb einer Blutbank - kein Erfordernis einer transfusionsmedizinischen Expertise
Leitsatz
Der 2016 geltende Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) verlangte für den Betrieb einer Blutbank als eine der Voraussetzungen des OPS-Kodes "Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung" keine transfusionsmedizinische Expertise.
Gesetze: § 109 Abs 4 S 3 SGB 5, § 301 Abs 2 S 2 SGB 5, § 17b Abs 2 KHG, § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG, § 9 Abs 1 Nr 1 KHEntgG, § 11a TFG, Nr 8-98f OPS 2016, Anl 1 Teil a Nr A13F FPVBG 2016
Instanzenzug: Az: S 13 KR 1185/17 Urteilvorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg Az: L 11 KR 1859/18 Urteil
Tatbestand
1Die klagende Krankenhausträgerin (nachfolgend: Krankenhaus) behandelte einen bei der beklagten Krankenkasse (KK) Versicherten intensivmedizinisch vom 18.2. bis . Das Krankenhaus berechnete der KK hierfür 17 537,45 Euro (Fallpauschale DRG A13F unter Kodierung des 2016 geltenden Operationen- und Prozedurenschlüssels <OPS> 8-98f.11 <Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung - Basisprozedur - 369 bis 552 Aufwandspunkte>). Streitig blieben 5742,06 Euro. Die KK zahlte zunächst auch diesen Betrag und verrechnete ihn dann mit unstreitigen anderen Vergütungsforderungen. Das Krankenhaus habe nur Anspruch auf die um diesen Betrag geringer vergütete DRG A13H. OPS (2016) 8-98f.11 sei nicht zu kodieren. Das Krankenhaus erfülle die Strukturvoraussetzung "Blutbank" weder im eigenen Haus noch durch Dritte. Das SG hat die KK zur Zahlung von 5742,06 Euro nebst Zinsen hierauf verurteilt. Das LSG hat die Berufung der KK zurückgewiesen und zur Begründung - auch unter Bezugnahme auf die Gründe des SG-Urteils - ausgeführt: Der Begriff der Blutbank sei weder im OPS noch anderenorts definiert. Er bestimme sich dann grundsätzlich nach dem medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch. Eine eindeutige medizinisch-wissenschaftliche Definition existiere nicht. Dem hier deshalb maßgeblichen allgemeinen Sprachgebrauch sei nur zu entnehmen, dass es sich bei einer Blutbank um eine Einrichtung zum Vorhalten von Blutkonserven handele. Das Krankenhaus verfüge nicht nur über eine solche Blutbank, sondern erfülle auch die Voraussetzungen des Blutdepots im Sinne des Transfusionsgesetzes (Urteil vom ).
2Die KK rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V, § 17b Abs 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), § 7 Abs 1 Nr 1, § 8 Abs 2 Satz 1 iVm den Regelungen von § 9 Abs 1 Nr 1 und 3 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2016 einschließlich Anlagen, § 301 Abs 1 Satz 1 Nr 6, Abs 2 Satz 2 SGB V sowie OPS 8-98f. Das Strukturmerkmal der Blutbank sei nur erfüllt, wenn transfusionsmedizinische Expertise vorhanden sei.
4Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Gründe
5Die zulässige Revision der beklagten KK ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Zu Recht hat das SG der Klage des Krankenhauses stattgegeben und das LSG die Berufung der KK zurückgewiesen.
6Die vom Krankenhaus erhobene (echte) Leistungsklage ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig (stRspr; vgl zB KR R - BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN) und begründet. Die KK hat die eingeklagte unstreitige Forderung von 5742,06 Euro nebst Zinsen für andere Behandlungen nicht durch Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch in derselben Höhe erfüllt (vgl stRspr zur Zugrundelegung von Vergütungsansprüchen bei unstrittiger Berechnungsweise; zB - juris RdNr 11 mwN; vgl zur Aufrechnung - SozR 4-5562 § 11 Nr 2; - SozR 4-7610 § 366 Nr 1). Denn das Krankenhaus hatte Anspruch auf die hier letztlich streitige, von der KK zunächst gezahlte Vergütung (Fallpauschale DRG A13F, 17 537,45 Euro). Ein Erstattungsanspruch der KK ergibt sich aus dieser Zahlung nicht. Dem Krankenhaus steht diese Fallpauschalenvergütung nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm § 17b KHG, § 7 Abs 1 Satz 1, Abs 2 und § 9 Abs 1 KHEntgG und der FPV 2016 zu (vgl stRspr zu den Grundvoraussetzungen des Vergütungsanspruchs; zB - BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, 15 mwN; - juris RdNr 11 mwN). Die Berechnung der Vergütung für die DRG A13F ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Die Voraussetzungen des OPS 8-98f.11, der die höher vergütete DRG A13F ansteuert, liegen vor (hier in der Version 2016; zum rechtlichen Rahmen der Fallpauschalenvergütung, insbesondere des Groupierungsvorgangs und zur Rechtsqualität des OPS vgl - BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 ff; - SozR 4-5562 § 9 Nr 10 RdNr 13, 17). Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG erfüllte das Krankenhaus alle von dem OPS (2016) 8-98f.11 geforderten Voraussetzungen. Die KK macht zu Unrecht lediglich geltend, dass das Krankenhaus über keine Blutbank im Sinne von OPS (2016) 8-98f verfügt habe. Das Krankenhaus erfüllte mit seiner internen Einrichtung die Voraussetzungen der Blutbank im Sinne von OPS (2016) 8-98f. Bei dem Begriff der Blutbank handelt es sich um einen weit gefassten Oberbegriff, der sowohl krankenhausinterne als auch krankenhausexterne Einrichtungen erfasst. Die krankenhausinterne Einrichtung muss nicht über eine eigene transfusionsmedizinische Expertise verfügen (dazu 1.). Das Krankenhaus verstieß mit dem Betrieb einer eigenen Blutbank auch nicht gegen das Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz - TFG - vom ; BGBl I 2169, idF durch Art 12 Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom , BGBl I 1990; dazu 2.).
71. Abrechnungsbestimmungen sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und allenfalls unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl - BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; - SozR 4-5562 § 9 Nr 16 RdNr 17, jeweils mwN). Der OPS kann Begriffe entweder ausdrücklich definieren oder deren spezifische Bedeutung kann sich ergänzend aus der Systematik der Regelung ergeben (vgl zu Letzterem - juris RdNr 18, zur multimodalen Schmerztherapie). Ferner kann der Wortlaut ausdrücklich oder implizit ein an anderer Stelle normativ determiniertes Begriffsverständnis in Bezug nehmen. Fehlt es an solchen normativen definitorischen Vorgaben, gilt der Grundsatz, dass medizinische Begriffe im Sinne eines faktisch bestehenden, einheitlichen wissenschaftlich-medizinischen Sprachgebrauchs zu verstehen sind (vgl - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 18; - SozR 4-2500 § 109 Nr 46 RdNr 18). Ergeben sich danach keine eindeutigen Ergebnisse, ist der allgemeinsprachliche Begriffskern maßgeblich (vgl - SozR 4-2500 § 109 Nr 83 RdNr 26). Letzteres ist hier der Fall.
8a) OPS (2016) 8-98f verwendet den Begriff der Blutbank, ohne ihn zu definieren. Sein Inhalt kann auch nicht durch eine ergänzende systematische Auslegung abgeleitet werden.
9b) Im hier maßgeblichen Abrechnungszeitraum 2016 (aber auch in den anderen Jahren, in denen das Strukturmerkmal der Blutbank in OPS 8-98f galt) gab es keine anderweitige normative Festlegung des Begriffs der Blutbank. OPS (2016) 8-98f konnte deshalb auf eine an anderer Stelle erfolgte normative Festlegung des Begriffs der Blutbank weder ausdrücklich noch inzident Bezug nehmen.
10Dies gilt auch im Hinblick auf einen in anderem Zusammenhang später ergangenen Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über Maßnahmen zur Qualitätssicherung: Allogene Stammzelltransplantation bei Multiplem Myelom vom (BAnz AT B3). Dort heißt es in der Anlage I A4 Abs 3: "Im selben Gebäudekomplex mit der KMT-Station muss eine Blutbank oder ein Blutdepot mit ständiger Verfügbarkeit von einer ausreichenden Anzahl an Blutprodukten (…) vorgehalten werden." Ein Exklusivitätsverhältnis in dem Sinne, dass eine Blutbank nie ein Blutdepot sein kann, ergibt sich daraus nicht. Denn auch Anlage I A4 Abs 3 definiert den Begriff der Blutbank nicht. Im Übrigen konnte der schon im Jahr 2015 festgelegte OPS (2016) 8-98f (vgl Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des OPS vom , BAnz AT B4) auch nicht implizit den später ergangenen Beschluss des GBA aus dem Jahre 2017 in Bezug nehmen.
11c) Es kann auch kein einheitlicher wissenschaftlich-medizinischer Sprachgebrauch ermittelt werden. Der vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) herausgegebene OPS ist dadurch charakterisiert, dass er Operationen und Prozeduren unter Verwendung medizinischer Begriffe definiert und strukturiert. Die Inkorporierung dieser Klassifikation in die Vergütungsvorschriften bedeutet, dass den medizinischen Begriffen des OPS der Sinnge-halt zukommt, der ihnen im medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch beigemessen wird. Anderes gilt nur, soweit die Vertragsparteien etwas anderes ausdrücklich bestimmen, was - wie ausgeführt - hier nicht erfolgt ist. Dieser den Regelungsgehalt determinierende Sprachgebrauch kann wie eine Tatsache als Vorfrage für die Auslegung im gerichtlichen Verfahren durch Beweiserhebung ermittelt werden (vgl - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 18; - SozR 4-2500 § 109 Nr 46 RdNr 18; - SozR 4-2500 § 109 Nr 83 RdNr 23).
12Eine klare medizinisch-wissenschaftliche Übereinkunft darüber, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine sich mit Blutprodukten befassende Organisationsstruktur als Blutbank bezeichnet werden kann, existiert nach den Feststellungen des LSG nicht. Die Verwendung des Begriffs, insbesondere in den von der KK angeführten Nachweisen und Internetauftritten von anderen Krankenhäusern, sei uneinheitlich. Soweit die KK sich mit ihrer Revision gegen diese Beweiswürdigung wendet, indem sie - wie schon vorinstanzlich - auf die Selbstbezeichnung einiger Einrichtungen als "Blutbank" hinweist, hat sie damit eine Verfahrensrüge nicht zulässig erhoben (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Die Revision hat keine Gründe aufgezeigt, aus denen eine Überschreitung der gesetzlichen Grenzen der freien Beweiswürdigung durch das LSG zu entnehmen wäre. Die KK rügt im Kern eine vermeintlich unzutreffende Beweiswürdigung des LSG. Begnügt sich ein Revisionskläger - wie hier die KK - damit, anhand verschiedener Unterlagen die seiner Ansicht nach vorliegenden Beweismittel (selbst) zu würdigen und das so gefundene Ergebnis dem vom LSG für richtig gehaltenen Ergebnis der Beweisaufnahme als zutreffend gegenüberzustellen, mangelt es bereits an einer schlüssigen Darlegung iS von § 164 Abs 2 Satz 3 SGG (vgl - BSGE 95, 112 = SozR 4-2600 § 101 Nr 2, RdNr 13). Nichts anderes gilt, soweit die KK sich auf das von ihr schon im SG-Verfahren vorgelegte Schreiben des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom und auf den Berufsverband Deutscher Anästhesisten e.V. (BDA) bezieht.
13Sofern der Senat wegen des Vorliegens einer generellen Tatsache nicht an die Feststellungen des LSG gebunden sein sollte, teilt er jedenfalls dessen Auffassung. Für einen einheitlichen Sprachgebrauch ist nichts ersichtlich. Dies belegen gerade die Bezugnahmen der KK auf den MDK und den BDA , die nicht die Behauptung eines bestehenden medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauchs betreffen, sondern die mit OPS (2016) 8-98f angeblich verfolgte Regelungsintention zu begründen versuchen.
14Der MDK berichtete in seinem Schreiben vom über seine Anfrage und die Antwort des DIMDI. Wörtlich führte dort der MDK aus: "Aufgrund der unklaren Begrifflichkeit hatte der MDK (…) DIMDI (…) angefragt, was im Zusammenhang mit dem Komplex-Code unter einer 'Blutbank' zu verstehen ist." DIMDI habe nach Rücksprache mit der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V. (DIVI), die an der Implementierung des OPS 8-98f mitgewirkt habe, zusammen mit ihr die Auffassung vertreten, dass der Begriff der Blutbank auch eine transfusionsmedizinische Expertise, gegebenenfalls in Rufbereitschaft, beinhalte. Der Hinweis auf den BDA betrifft die folgende vom SG in Bezug genommene Stellungnahme dieses Verbandes und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) zur Auslegung des OPS 8-98f (wiedergegeben von Schleppers und Stern Straeter in BDAktuell, DGAInfo, DRG Aktuell, Anästh Intensivmed 2017; 58:466 f). Dort wird ausgeführt: "Im Rahmen der Strukturprüfungen zum OPS 8-98f treten ebenfalls gehäuft Probleme bei der Definition des Begriffes Blutbank auf. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass heute selbst an vielen Häusern der Maximalversorgung / Unikliniken aufgrund regionaler Lösungen keine eigenen Blutbanken, sondern nur noch Blutdepots vorgehalten werden. Insofern ist der in der OPS-Definition gewählte Begriff unstimmig, denn das Transfusionsgesetz unterscheidet einerseits zwischen einer 'Spendeeinrichtung' (Einrichtung für Spendenentnahme, Testung, Verarbeitung, Lagerung und Inverkehrbringung) und einem 'Blutdepot' (einrichtungsinterne Lagerung und Abgabe). Bei der Implementierung des OPS-Kodes für die hochaufwändige Intensivtherapie war es nun keinesfalls intendiert, tatsächlich eine 'Spendeeinrichtung' zu fordern. Vielmehr wurde mit dem Begriff 'Blutbank' versucht, die hämostaseologische und transfusionsmedizinische Expertise bei besonderen Krankheitsbildern zu fordern."
15Aus diesen fachmedizinischen Äußerungen geht hervor, dass der Begriff der Blutbank losgelöst von seiner Verwendung in dem OPS (2016) 8-98f nicht schon für sich genommen das Vorhandensein einer transfusionsmedizinischen Expertise voraussetzt. Ihnen ist vielmehr zu entnehmen, dass ein einheitlicher medizinisch-wissenschaftlicher Sprachgebrauch jedenfalls für die Dauer der Verwendung des Begriffs der Blutbank im OPS 8-98f nicht existierte.
16d) Äußerungen des DIMDI und medizinischer Fachgesellschaften zur Entstehungsgeschichte sind für die gerichtliche Auslegung von Begriffen im OPS nicht einzubeziehen. Der Senat hat mit Urteil vom entschieden, dass auch die Entstehungsgeschichte (normvertraglicher) Regelungen der FPV unter Heranziehung der Leitsätze des Bundesministeriums für Gesundheit zur Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2004 (Fallpauschalenverordnung 2004 - KFPV 2004) keine Bedeutung für die Auslegung der Reglung hat (vgl - SozR 4-5562 § 9 Nr 17 RdNr 17). Erst recht gilt dies für Äußerungen von an der Entstehung des OPS Beteiligten, die - wie hier - nicht auf Dokumenten beruhen, in denen die Urheber der OPS-Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (zu diesem Ansatz vgl nur - SozR 4-2500 § 106a Nr 13 RdNr 21 mwN). Angesichts dessen, dass Entstehung und Änderung klassifikatorischer Regelungen im Bereich von ICD-10-GM und OPS bislang ein hohes Maß an Intransparenz sowohl hinsichtlich der behördeninternen Organisation des Verfahrens und seiner Beteiligten als auch der behördlichen Dokumentation aufweisen, schließt der Senat auch weiterhin die allgemeine Berücksichtigung entstehungsgeschichtlicher Umstände aus. Ob sich etwas anderes für die Zukunft aus § 301 Abs 2 Satz 7 SGB V iVm der "Verfahrensordnung für die Festlegung der Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten, German Modification (ICD-10-GM) und des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS)" des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit Stand vom ergeben könnte, bedarf hier keiner Klärung. Es kann hier auch offenbleiben, welche Rechtsfolgen sich aus rückwirkenden Klarstellungen und Änderungen des BfArM nach § 301 Abs 2 Satz 6 SGB V ergeben.
17e) In einer solchen Konstellation ist es vornehmlich Aufgabe des DIMDI, bzw jetzt des BfArM, Klassifikationen, die funktionsbedingt einen hohen fachsprachlichen Grad aufweisen müssen, so präzise zu formulieren, dass ihre Bedeutung für den jeweiligen Fachkreis ohne Weiteres ersichtlich ist. Daneben bleibt es den Vertragsparteien unbenommen, auch jenseits des § 19 KHG Auslegungsprobleme vertraglich verbindlich zu regeln, wenn der Klassifikationsgeber diesen Anforderungen nicht entsprochen hat. Solange es daran aber fehlt und sich - wie hier - kein eindeutiges fachliches Verständnis des verwendeten Wortes ermitteln lässt, ist der Begriffskern des Wortes maßgeblich, wie er sich nach allgemeinem Sprachgebrauch ergibt. Dies gebietet der Vorrang der engen Wortlautauslegung.
18f) OPS (2016) 8-98f bestimmt als eine der strukturellen Voraussetzungen für OPS (2016) 8-98f.0 bis 8-98f.f: "Innerhalb von maximal 30 Minuten im Krankenhaus verfügbare Leistungen von: (…), Blutbank." Diese Regelung wurde zusammen mit der erstmaligen Geltung des OPS (2013) 8-98f und letztmalig im OPS (2017) 8-98f formuliert.
19Eine Blutbank ist nach dem maßgeblichen allgemeinsprachlichen Begriffskern entweder eine interne Einrichtung des Krankenhauses, die Blutprodukte bevorratet und auf fachliche Anforderung im Bedarfsfall intern ausgibt, oder die Einrichtung eines externen Dritten, der dem Krankenhaus binnen 30 Minuten Blutprodukte verbindlich zur Verfügung zu stellen hat und dies auch kann. Dies war hier nach den insoweit unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG der Fall. Soweit die KK vorinstanzlich vorgebracht hat, dass OPS (2016) 8-98f nur für Maximalversorger kodierbar sein solle, findet sich dafür im Wortlaut des OPS (2016) 8-98f kein Anhaltspunkt.
202. Das Krankenhaus verstieß mit dem Betrieb einer eigenen Blutbank auch nicht gegen das TFG. Die Blutbank eines Krankenhauses, das - wie hier - ausschließlich für interne Zwecke einschließlich der Anwendung Blutprodukte lagert und abgibt, ist ein Blutdepot iS des § 11a TFG. Nach dem Gesamtzusammenhang der unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG hat das Krankenhaus in Übereinstimmung mit §§ 11a, 18 TFG iVm der Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Richtlinie Hämotherapie) seine Blutbank betrieben. Es kann deshalb offenbleiben, ob das OPS-Strukturmerkmal "Blutbank" nur dann vergütungswirksam erfüllt ist, wenn das Krankenhaus seine Blutbank unter Beachtung des TFG betreibt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2021:160821UB1KR1121R0
Fundstelle(n):
AAAAH-96893