Umsatzsteuer | Versteuerung von Umsätzen aus Tierhaltungsbetrieb (BFH)
Die Vieheinheiten-Obergrenze für landwirtschaftliche Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe i. S. des § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG, §§ 51, 51a BewG ist einheitlich für alle Betriebe eines Unternehmers zu ermitteln. Die ertragsteuerrechtliche Behandlung ist umsatzsteuerrechtlich auch dann unerheblich, wenn sie zur Annahme mehrerer landwirtschaftlicher Betriebe führt (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG wird die Steuer für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen, bei denen es sich nicht um die in Satz 1 Nr. 1 und 2 dieser Vorschrift näher bezeichnete Lieferung von forstwirtschaftlichen Erzeugnissen oder Leistungen mit Getränken handelt, auf 10,7 % festgesetzt. Aus § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG ergibt sich ein Vorsteuerabzug in gleicher Höhe. Durch diese Regelungen gleichen sich Steuer und Vorsteuer aus, so dass der Landwirt im Ergebnis für diese Umsätze keine Umsatzsteuer zu entrichten hat ().
Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG gelten als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51 und 51a BewG zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören. § 51 Abs. 1a BewG legt fest, welche Tierbestände bezogen auf die genutzte land-wirtschaftliche Fläche in vollem Umfang zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören. Diese Regelung beruht auf Art. 296 Abs. 1 MwStSystRL.
Sachverhalt: Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Umsätze des Klägers aus seinem Tierhaltungsbetrieb in den Jahren 2007 bis 2009 (Streitjahre) nach Durchschnittssätzen (§ 24 UStG) zu versteuern sind.
Die Groß- und Konzernbetriebsprüfung führte aus, dass aufgrund der Anpachtung einer Hofstelle ein sofortiger Strukturwandel von einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu einem Gewerbebetrieb vorliegt. Die Umsätze eines gewerblichen Schweinemastbetriebs unterliegen der Regelbesteuerung und nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG.
Die Revision des Klägers wurde zurückgewiesen:
Die Umsätze des Klägers aus seinen beiden Tierhaltungsbetrieben werden nicht von der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG umfasst, weil mehrere landwirtschaftliche Betriebe eines Unternehmers bei der Ermittlung der VE-Obergrenze zusammenzufassen sind und der Viehbestand des Klägers in diesem Fall die VE-Obergrenze überschreitet.
Unionsrechtskonform ist die in § 51 Abs. 1a BewG vorgesehene degressive Festsetzung von VE im Verhältnis zur Ackerfläche, weil das Unionsrecht für die Ermittlung einer VE-Obergrenze, insbesondere für die Frage, ob diese linear oder, wie in § 51 BewG, degressiv zu ermitteln ist, keine Vorgaben macht.
Die nationale Regelung in § 24 Abs. 3 UStG dient nach der Rechtsprechung gerade nicht dazu, einzelne landwirtschaftliche Betriebe gegeneinander abzugrenzen, sondern sie soll die Abgrenzung der landwirtschaftlichen Betriebe gegenüber gewerblichen und anderen Betrieben ermöglichen ().
Außerdem folgt aus § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG, dass mit den "im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätzen" alle Umsätze gemeint sind, die ein Unternehmer aus der Landwirtschaft erzielt, unabhängig davon, wie viele Teilbetriebe er ertragsteuerrechtlich hat ().
Es wäre widersprüchlich, innerhalb derselben Regelung für die Option zur Regelbesteuerung auf alle landwirtschaftlichen Umsätze, also auf die Umsätze aller landwirtschaftlichen Betriebe abzustellen, für Zwecke der VE-Obergrenze aber die einzelnen Betriebe als Maßstab heranzuziehen.
Das Problem des Falles beruht auf der degressiven Ermittlung der Vieheinheitenobergrenze in § 51 BewG, die zur Folge haben kann, dass bei Zusammenrechnung der Vieheinheiten zweier knapp unter der Vieheinheitenobergrenze liegender landwirtschaftlicher Betriebe die Vieheinheitenobergrenze überschritten wird. Die Entscheidung des BFH, dass die Vieheinheitenobergrenze für landwirtschaftliche Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe einheitlich für alle Betriebe eines Unternehmers zu ermitteln ist, kann nicht überzeugen. Denn § 24 UStG stellt ausweislich seines Wortlautes nicht auf das „Unternehmen“, sondern auf den landwirtschaftlichen „Betrieb“ ab. Dabei soll für Viehbetriebe über die Verweisung auf die Vieheinheitenobergrenzen des § 51 BewG sichergestellt werden, dass der Steuervorteil nur landwirtschaftlich geprägten Viehzuchtbetrieben zugutekommt, was eine ausreichende Futtergrundlage in Gestalt selbst bewirtschafteter Landwirtschaftsflächen voraussetzt. Das kann aber bei gesondert geführten Betrieben durchaus für jeden einzelnen Betrieb gesondert beurteilt werden. Die Frage, ob sich mehrere landwirtschaftlich geprägte Betriebe im Eigentum desselben Landwirts befinden, hat auf die landwirtschaftliche Prägung der Betriebe keinen Einfluss, wenn die Eigentumsverhältnisse nicht zu einer Änderung in der Betriebsführung führen. Die Besonderheit des Falles lag darin, dass sich beide Betriebe auf benachbarten Hofflächen befanden. Weshalb sich aber die landwirtschaftliche Prägung eines Betriebes in Bayern ändern soll, weil dessen Betreiber einen weiteren Betrieb in Schleswig-Holstein erwirbt, erschließt sich nicht ohne weiteres.
Zudem entspricht es der bisherigen Rechtsprechung, dass ein Unternehmer neben einem der Regelbesteuerung unterliegenden gewerblichen Betrieb einen umsatzsteuerrechtlich davon getrennt zu beurteilenden, der Pauschalierung unterliegenden, landwirtschaftlichen Betrieb unterhalten kann. Beide Betriebe sind in diesem Fall Unternehmensteile des einheitlichen Unternehmens (, BFHE 243, 462, BStBl II 2014, 543 für einen landwirtschaftlichen Schweinemastbetrieb einen gewerblichen Schweinemastbetrieb; , BFH/NV 2008, 1548; vgl. auch , BFHE 259, 166, BStBl II 2019, 455). Weshalb diese Grundsätze nicht auch für zwei getrennt geführte landwirtschaftliche Betriebe gelten sollen, ergibt sich aus dem Besprechungsurteil nicht.
Quelle: ; NWB Datenbank (JT); Nachricht am um die Anmerkung von Dr. Hans-Hermann Heidner ergänzt.
Fundstelle(n):
KAAAH-96492