BVerwG Beschluss v. - 6 AV 9/21

Gericht der Hauptsache im Berufungszulassungsverfahren

Leitsatz

Mit Eingang des Antrags auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht wird das Oberverwaltungsgericht Gericht der Hauptsache gemäß § 123 Abs. 2 VwGO, ohne dass es einer Verweisung des Rechtsstreits bedarf.

Instanzenzug: VG Wiesbaden Az: 6 L 168/21.WI Beschluss

Gründe

I

1Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat das Bundesverwaltungsgericht zur Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit in einem Verfahren nach § 123 VwGO angerufen.

21. Nach der am erfolgten Anerkennung des Antragstellers durch das Hessische Kultusministerium ist islamischer Religionsunterricht in Hessen seit dem Schuljahr 2013/2014 als ordentliches Lehrfach in Kooperation mit dem Antragsteller erteilt worden.

32. Wegen Bedenken an der fortbestehenden Eignung des Antragstellers erklärte das Ministerium mit Pressemitteilung vom , die Vollziehung des Bescheides vom zum Ende des laufenden Schuljahres auszusetzen. Daraufhin beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht im Juli 2020 den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt, den Antragsgegner bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, wie bisher an insgesamt 51 Grundschulen sowie 12 weiterführenden Schulen in den Jahrgangsstufen 5 und 6 in Kooperation mit dem Antragsteller nach Maßgabe des Anerkennungsbescheides vom islamischen Religionsunterricht zu erteilen und es dem Antragsgegner zu untersagen, stattdessen staatlichen Islamunterricht zu erteilen.

4Mit Beschluss vom hat das Verwaltungsgericht die Anträge als unzulässig abgelehnt. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerde des Antragstellers mit Beschluss vom zurückgewiesen. Auf die Verfassungsbeschwerde des Antragstellers hat das die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts sowie des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs wegen Verletzung des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

53. In der Hauptsache hat das Verwaltungsgericht den Antragsgegner mit Urteil vom verurteilt, nach Maßgabe des Anerkennungsbescheides vom in Kooperation mit dem Kläger an staatlichen Schulen in Hessen islamischen Religionsunterricht zu erteilen. Dagegen hat der Antragsgegner mit am beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz die Zulassung der Berufung beantragt.

6Über den Eilantrag hat das Verwaltungsgericht nicht entschieden. Der Kammervorsitzende hat hierfür zur Begründung in einem Vermerk vom auf die angespannte Personalsituation verwiesen. Mit Eingang des Antrags auf Zulassung der Berufung sei der Hessische Verwaltungsgerichtshof als Gericht der Hauptsache nach § 123 Abs. 2 VwGO zuständig geworden, so dass das Verwaltungsgericht jetzt nicht mehr entscheiden könne. Das Verwaltungsgericht hat die Akten des Hauptsacheverfahrens und des Verfahrens nach § 123 VwGO dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof vorgelegt.

7Dem ist der Hessische Verwaltungsgerichtshof entgegengetreten. In einem Vermerk vom hat der 7. Senat die Übernahme des Verfahrens abgelehnt. Vorliegend sei die Hauptsache nicht im Berufungsverfahren anhängig; das sei erst der Fall, wenn eine zugelassene Berufung eingelegt bzw. ein Zulassungsbeschluss wirksam geworden sei. Bis zu einer Zulassung der Berufung bleibe die Hauptsache bei dem erstinstanzlichen Gericht anhängig. Deshalb werde die Akte an das Verwaltungsgericht zur Entscheidung über den Eilantrag zurückgegeben.

8Nach Anhörung der Beteiligten hat sich das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom für unzuständig erklärt und das Bundesverwaltungsgericht zur Bestimmung der Zuständigkeit angerufen. Da der Zuständigkeitswechsel vom Verwaltungsgericht zum Verwaltungsgerichtshof bei einem Eilverfahren kraft Gesetzes erfolge, sei ein rechtskraftfähiger Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs nicht erforderlich. Dieser habe jedoch in Form eines Vermerks unmissverständlich erklärt, dass er sich für den Erlass der einstweiligen Anordnung für unzuständig halte.

9Das Bundesverwaltungsgericht hat den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Der Antragsteller hat sich der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts angeschlossen; der Antragsgegner hat von einer Stellungnahme abgesehen.

II

10Auf den Antrag des Verwaltungsgerichts Wiesbaden, über den der beschließende Senat gemäß § 53 Abs. 3 Satz 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist als zuständiges Gericht der Hessische Verwaltungsgerichtshof zu bestimmen.

111. Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Entscheidung des negativen Kompetenzkonflikts innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit zwischen dem Verwaltungsgericht Wiesbaden und dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof als übergeordnetes Gericht berufen (§ 53 Abs. 1 Nr. 5 VwGO).

122. Gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 5 VwGO wird das zuständige Gericht innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch das nächsthöhere Gericht bestimmt, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Eine solche Situation liegt hier vor. Denn sowohl das Verwaltungsgericht als auch der Verwaltungsgerichtshof haben explizit erklärt, für die Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zuständig zu sein. Hinsichtlich des um eine Zuständigkeitsbestimmung ersuchenden Verwaltungsgerichts reicht es aus, dass die Unzuständigkeitserklärung in dem unanfechtbaren Beschluss ergeht, mit dem das nächsthöhere Gericht gemäß § 53 Abs. 3 Satz 1 VwGO angerufen wird ( 8 ER 400.73 - Buchholz 310 § 53 VwGO Nr. 7 S. 4). Mit Blick auf das Postulat effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG erscheint es unter den hier vorliegenden Umständen einer noch immer ausstehenden Sachentscheidung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung unschädlich, dass der Verwaltungsgerichtshof sich nicht im Beschlusswege für unzuständig erklärt, sondern die Verfahrensakte formlos an das Verwaltungsgericht zurückgegeben hat. Denn die Rückgabeverfügung ist mit einer ausführlichen beschlussähnlichen Begründung versehen, die den endgültigen Rechtsstandpunkt eigener Unzuständigkeit und fortbestehender Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts einnimmt. Damit ist der negative Kompetenzkonflikt ausgelöst (vgl. - Rn. 6 zu § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG).

133. Für die Entscheidung über den noch offenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist der Hessische Verwaltungsgerichtshof zuständig. Denn bereits mit Eingang des Antrags auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht ist der Verwaltungsgerichtshof Gericht der Hauptsache i.S.d. § 123 Abs. 2 VwGO geworden, ohne dass es einer Verweisung des Rechtsstreits bedurft hätte.

143.1 Gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist für den Erlass einstweiliger Anordnungen das Gericht der Hauptsache zuständig. Diese akzessorische Zuständigkeitsregelung bildet - wie auch jene in § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO - eine Ausnahme zu dem in § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG angeordneten Grundsatz der perpetuatio fori. Deshalb richtet sich sowohl beim vorläufigen wie beim einstweiligen Rechtsschutz die gerichtliche Kompetenz für einen beim zuständigen Gericht angebrachten Anordnungsantrag, über den dieses noch nicht entschieden hat, ausnahmsweise danach, welche Instanz im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung oder den Erlass einer einstweiligen Anordnung Gericht der Hauptsache ist ( 8 CB 120.71 - BVerwGE 39, 229 <230> für Anträge nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO; Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 30; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 123 Rn. 19; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 123 Rn. 61; Schoch, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2021, § 123 Rn. 113b; a. A. Dombert, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, § 7 Rn. 54).

15Teleologisch wird diese dynamische Zuständigkeitsregelung von der Erwägung getragen, dass die gerichtliche Entscheidung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen des Prüfprogramms u. a. der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) ganz wesentlich von den Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren abhängt. Deswegen soll die Instanz, die im entscheidungserheblichen Zeitpunkt Gericht der Hauptsache ist, nach ihrer maßgeblichen Einschätzung der Erfolgsaussichten im Klageverfahren auch das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entscheiden. Dazu kommt, dass neues Vorbringen der Beteiligten im Hauptsacheverfahren mit Blick auf den glaubhaft zu machenden Anordnungsanspruch auch im Eilverfahren relevant sein kann.

16Die akzessorische Kompetenzregelung hat der Gesetzgeber in § 123 Abs. 2 Satz 2 VwGO - nach dem Vorbild des § 943 Abs. 1 ZPO (vgl. BT-Drs. 3/55 S. 44 a.E.) und insoweit abweichend von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO - lediglich im Hinblick auf das Bundesverwaltungsgericht in seiner Funktion als Revisionsgericht ohne tatrichterliche Kognitionsbefugnisse durchbrochen. Insoweit bleibt es bei der Zuständigkeit des Gerichts des ersten Rechtszugs (vgl. 4 C 80.79 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 8).

173.2 Mit Eingang des Antrags auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht wird das Oberverwaltungsgericht bzw. der Verwaltungsgerichtshof Gericht der Hauptsache i.S.d. § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO ( - <juris Rn. 2>; - <juris Rn. 3>; OVG Lüneburg, Beschluss vom - 8 MC 148/10 - NVwZ-RR 2010, 863; vgl. auch 25 ZE 99.1581 - NVwZ 2000, 210; Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 28; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 123 Rn. 19; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 123 Rn. 61; Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl. 2014, § 123 Rn. 26; Buchheister, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 123 Rn. 11; Wollenschläger, in: Gärditz, VwGO, 2. Aufl. 2018, § 123 Rn. 73; Haase/Huschens, in: Brandt/Domgörgen, Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 4. Aufl. 2018, Rn. 162; Dombert, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, § 7 Rn. 47; a.A. VG Freiburg, Beschluss vom - 4 K 484/99 - VBlBW 1999, 316; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 123 Rn. 34; Kuhla, in: Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 123 Rn. 23). Denn bereits der Eingang des Zulassungsantrags beim Verwaltungsgericht löst für die Hauptsache den Devolutiveffekt aus. Dem Verwaltungsgericht verbleibt - anders als im Verfahren der Beschwerde gemäß § 148 Abs. 1 VwGO - keine Entscheidungskompetenz für eine Abhilfe, sondern es hat die Akten unverzüglich dem Oberverwaltungsgericht bzw. Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen.

18Zwar ist das Prüfprogramm des Oberverwaltungsgerichts bzw. Verwaltungsgerichtshofs in dem durch einen Zulassungsantrag ausgelösten Zwischenverfahren auf die vom Rechtsmittelführer geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO beschränkt. Aber die gerichtliche Beurteilung, ob der in der Praxis dominante Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) durchgreift, steuert zugleich die Bewertung, ob der Anordnungsanspruch gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht worden ist. Wegen der zumindest partiell kongruenten Entscheidungsmaßstäbe im Berufungszulassungs- und Anordnungsverfahren spricht der Zweck des § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO dafür, die Entscheidungskompetenz über den Erlass einer einstweiligen Anordnung dem Oberverwaltungsgericht bzw. Verwaltungsgerichtshof bereits während des Zulassungsverfahrens zuzuweisen. Zusätzlich ist zu bedenken, dass das Oberverwaltungsgericht bzw. der Verwaltungsgerichtshof im Berufungszulassungsverfahren auch entscheidungserhebliches neues Vorbringen des Antragstellers zu berücksichtigen hat (BVerwG, Beschlüsse vom - 7 AV 1.02 - Buchholz 310 § 124b VwGO Nr. 1 und vom - 7 AV 3.02 - Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 31), das für die Beurteilung der Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs von Bedeutung sein kann.

19Das Gegenargument, der auf die Anhängigkeit des Berufungsverfahrens abstellende Gesetzeswortlaut des § 123 Abs. 2 Satz 2 VwGO schließe die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts bzw. Verwaltungsgerichtshofs während des auf Zulassung der Berufung gerichteten Zwischenverfahrens (§ 124a Abs. 4 und 5 VwGO) aus, hat demgegenüber kein entscheidendes Gewicht. Denn der seit Erlass der Verwaltungsgerichtsordnung unveränderte Wortlaut der Vorschrift geht noch von der früher geltenden Rechtslage der zulassungsfreien Berufung aus. Wie bereits ausgeführt, dient die dem § 943 Abs. 1 ZPO nachgebildete Regelung lediglich dem Zweck, die stark tatsachengeprägte Beurteilung der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes vom Bundesverwaltungsgericht in seiner Funktion als Revisionsgericht ohne tatrichterliche Kognitionsbefugnisse fernzuhalten. Es spricht alles für die Annahme des Antragstellers, dass es der Gesetzgeber bei Einführung des Berufungszulassungsverfahrens durch das 6. VwGO-Änderungsgesetz vom (BGBl. I S. 1626) und den späteren Modifikationen des § 124a VwGO (Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom , BGBl. I S. 3987 und Erstes Gesetz zur Modernisierung der Justiz - 1. Justizmodernisierungsgesetz - vom , BGBl. I S. 2198) entweder versäumt hat, den Wortlaut des § 123 Abs. 2 Satz 2 VwGO anzupassen oder mit Blick auf die Regelung in dem jetzigen § 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO für entbehrlich erachtet hat.

203.3 Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist - wie auch die Hauptsache - beim Verwaltungsgerichtshof mit Eingang des Zulassungsantrags beim Verwaltungsgericht anhängig geworden, ohne dass es einer Verweisung des Rechtsstreits bedurft hätte (so 8 CB 120.71 - BVerwGE 39, 229 <231> zu Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Wechsel der instanziellen Zuständigkeit tritt von Gesetzes wegen ein; die Akten sind lediglich abzugeben (Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 123 Rn. 63; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 123 Rn. 19; Wollenschläger, in: Gärditz, VwGO, 2. Aufl. 2018, § 123 Rn. 74; a. A. Schoch, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2021, § 123 Rn. 113b; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 123 Rn. 35). Zwar führt die gesetzliche Ausgestaltung als eigenständiges Nebenverfahren dazu, dass im Beschluss über den Erlass einer einstweiligen Anordnung eine selbständige, vom Ausgang des Hauptsacheverfahrens unabhängige Kostengrundentscheidung ergeht (so Gr. Sen. 1.19 - BVerwGE 168, 39 Rn. 16 zu § 80 Abs. 5 VwGO). Aber teleologisch rechtfertigt die gesetzliche Anordnung des Zuständigkeitswechsels in § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO und § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die zusätzliche Annahme des automatischen Vollzugs durch Übergang der Anhängigkeit. Eine unnötigerweise ausgesprochene Verweisung des Anordnungsverfahrens würde eine Bindungswirkung auslösen, die einem eventuellen weiteren Zuständigkeitswechsel nach Erlass eines Berufungsurteils, das den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht gemäß § 130 Abs. 2 VwGO zurückverweist, entgegenstünde (vgl. - WM 1976, 134).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2021:041121B6AV9.21.0

Fundstelle(n):
NJW 2022 S. 1033 Nr. 14
UAAAH-95563