Wirksamkeit der Anklageerhebung: Anklageschrift ohne persönliche Unterschrift des Staatsanwalts
Gesetze: § 200 StPO
Instanzenzug: Az: 622 KLs 11/19
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagte wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Amtsanmaßung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die Revision der Angeklagten führt mit einer Verfahrensrüge gemäß dem Antrag des Generalbundesanwalts zur Aufhebung des Urteils.
21. Die Erklärung der Revisionsführerin, sie nehme die Einziehungsentscheidung vom Revisionsangriff aus, ist unwirksam.
3Wird - wie hier - der Schuldspruch insgesamt angegriffen, können darauf zwingend aufbauende Rechtsfolgenentscheidungen nicht isoliert in Rechtskraft erwachsen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 2 StR 597/18, NStZ-RR 2019, 223, und vom - 4 StR 569/17, NStZ-RR 2018, 337, jeweils mwN). Dies ist bei den auf § 73 Abs. 1 und § 73a StGB gestützten Einziehungsentscheidungen der Fall.
42. Ein Verfahrenshindernis besteht nicht.
5Zwar trägt die Anklageschrift vom keine persönliche Unterschrift, sondern nur den maschinenschriftlichen Namenszug der zuständigen Staatsanwältin. Die Unterschrift ist jedoch keine Wirksamkeitsvoraussetzung, wenn feststeht, dass die nicht unterschriebene Anklage mit Wissen und Willen des zuständigen Staatsanwalts dem Gericht vorgelegt worden ist (vgl. , NStZ 2018, 538; RGSt 37, 407, 408; OLG München, StraFo 2011, 226; OLG Düsseldorf, MDR 1994, 85; LR-StPO/Stuckenberg, 27. Aufl., § 200 Rn. 78 und 96; KK-StPO/Schneider, 9. Aufl., § 200 Rn. 38; MüKo-StPO/Wenske, § 200 Rn. 124; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 200 Rn. 27; Kuckein, StraFo 1997, 33, 34). Aus der von der zuständigen Staatsanwältin unterschriebenen Anklagebegleitverfügung, die der dort in Bezug genommenen Anklage vorgeheftet ist, geht für den Senat hinreichend sicher der notwendige Verfolgungswille und die willentliche Entäußerung des Schriftstücks aus dem Bereich der Anklagebehörde hervor (vgl. dazu Wenske aaO).
63. Die zulässige Rüge einer Verletzung von § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 338 Nr. 7 StPO hat Erfolg.
7Das am zehnten Hauptverhandlungstag (Mittwoch, den ) verkündete Urteil ist nicht innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO (nach sieben Wochen spätestens am Mittwoch, den ) schriftlich zu den Akten gebracht worden, sondern wurde erst mit Verfügung vom in den Geschäftsgang gegeben und ist nach dem Eingangsstempel der Geschäftsstelle am dort eingegangen. Gründe für eine zulässige Fristüberschreitung nach § 275 Abs. 1 Satz 4 StPO sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:270420B5STR117.20.0
Fundstelle(n):
SAAAH-95503