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BBK Nr. 23 vom Seite 1116

Gibt es eine Wesentlichkeit im steuerlichen Jahresabschluss?

BFH sieht Aktivierungsgebot für RAP auch bei Geringfügigkeit

Wolfgang Eggert

Der [i]BFH, Urteil v. 16.3.2021 - X R 34/19 NWB NAAAH-88660 BFH hat entschieden: Bei der Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens sind keine Überlegungen zur Wesentlichkeit anzustellen. Müssen künftig also aktive Rechnungsabgrenzungsposten auch mit Beträgen von 1 € gebildet werden?

I. Bisherige Auffassung des BFH

[i]BFH, Beschluss v. 18.3.2010 - X R 20/09 NWB YAAAD-48053 Der BFH ging in seiner bisherigen Rechtsprechung davon aus, dass auf die Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens (RAP) „nach der Maßgabe des Grundsatzes der Wesentlichkeit“ verzichtet werden darf, wenn die abzugrenzenden Beträge von untergeordneter Bedeutung sind und eine unterlassene Abgrenzung das Jahresergebnis nur unwesentlich beeinflusst.

[i]Bisher kein aktiver RAP bei Einzelbeträgen bis 800 €Erfreulicherweise scheute der BFH auch die Festlegung eines absoluten Werts nicht: Er orientierte sich an der Grenze für die geringwertigen Wirtschaftsgüter von damals 410 € (jetzt 800 €) und akzeptierte einen Verzicht der Bildung aktiver RAP bis zu eben dieser Höhe.

Hinweis:

Für [i]Schmidt, Aktive Rechnungsabgrenzungsposten (HGB, EStG), infoCenter NWB XAAAB-14446 die Praxis hatte das den angenehmen Effekt, sich nicht mit Kleinbeträgen von wenigen Euro bei der Bildung aktiver RAP beschäftigen zu müssen. Hierzu trug in hohem Maße bei, dass die Grenze des BFH keine für die aktive Rechnungsabgrenzung insgesamt war, sondern sich auf den einzelnen Abgrenzungsposten bezog.

II. Aktuelle BFH-Rechtsprechung

[i]FG Baden-Württemberg, Urteil v. 8.11.2019 - 5 K 1626/19 NWB BAAAH-50084 Die Finanzverwaltung weiß aber, dass auch „Kleinvieh Mist macht“ und ging deshalb gegen diese Auffassung vor. Einen willkommenen Anlass bot offenbar die Entscheidung des . Diese folgte den im Abschnitt I erläuterten Grundsätzen des BFH, weshalb der Kläger am FG (noch) obsiegte. S. 1117

1. Sachverhalt

[i]Lüdenbach, Aktive Abgrenzung unwesentlicher Beträge, StuB 19/2021 S. 785 NWB AAAAH-89885 Die einzelnen aktiven RAP für zwei Versicherungen, drei Positionen Werbung und nicht weniger als neun Mal Kfz-Steuer betrugen zwischen 72 € und 395 €. In der Summe ergaben sich für die drei Prüfungsjahre 1.340,95 €, 1.549,96 € und 1.315,05 €. Offenbar hatte einer der Beteiligten sogar die Centbeträge (!) in die mathematisch korrekte Ermittlung einbezogen.

2. Argumentation des BFH

[i]Kein Wahlrecht zum NichtansatzDer BFH prüfte in seinem Urteil den Wortlaut von § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG und erkannte, dass dort kein Wahlrecht zum Nichtansatz geregelt ist. Er erklärte sodann den Kaufleuten in Zitatform, dass es nicht in deren Belieben stehen könne, sich ärmer zu machen, als sie sind, vielmehr müsse der volle Gewinn erfasst werden. Um den Argumenten auch genügend Gewicht zu verleihen, wurden schließlich sogar der Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes (Art. 3 GG) sowie die Gesetzesbegründung bemüht. Und letztlich folgte auch noch die Erläuterung, dass § 6 Abs. 2 EStG (GWG) einen Förderzweck hat, die Regelung zu aktiven RAP aber nicht.

[i]BFH fehlt die gesetzliche Regelung der WesentlichkeitDer aufmerksame Leser des Urteils war indes ein wenig verwundert, dass das Argument der Wesentlichkeit keine Bedeutung haben sollte. Auch wenn dieses nicht ausdrücklich in § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG erwähnt wird, gab es doch genügend Anhaltspunkte, es als einen allgemein gültigen Grundsatz der Bilanzierung anzunehmen.

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