Gewerbemietrecht | Kein Recht auf Einstellungen der Zahlung von Gewerberaummiete (LG)
Der Mieter einer Gewerbeimmobilie hat trotz behördlich angeordneter Geschäftsschließung kein Recht auf Einstellung der Zahlung von Gewerberaummiete (LG Osnabrück, Urteil v. - 18 O 184/21; nicht rechtskräftig).
Sachverhalt: Die Beklagte, die in Deutschland über mehrere hundert Warenhäuser verfügt, zahlte für eines ihrer Geschäftslokale im April 2020 die vereinbarte Miete nicht. Zuvor hatte sie der Klägerin, sowie auch anderen Vermietern, schriftlich mitgeteilt, dass sie die Mietzahlungen einstelle und erwarte, dass während der von der WHO angekündigten offiziellen Dauer der COVID-19 Pandemie eine Reduzierung der Miete und anderer Nutzungsentgelte erfolge, die dem Rückgang des „Verkehrs“ entspreche. Für den Zeitraum nach der Pandemie erwarte sie von den Vermietern weitere Mietanpassungen und andere relevante Unterstützungen.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, ein Sachmangel der Mietsache im Sinne des BGB Gesetzbuchs bestehe nicht, da die Beklagte in der Nutzung der Räume frei sei. Darüber hinaus sei der Vertrieb von Waren auf anderem Weg noch möglich. Schließlich treffe die Beklagte das Verwendungsrisiko der Räumlichkeiten.
Die Richter des LG Osnabrück gaben der Klage statt:
Das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko trifft beim Gewerberaummietvertrag den Mieter.
Eine Vereinbarung zu Besucher- und Kundenfrequenz ist nicht getroffen worden.
Die behördlich verordneten Beschränkungen rechtfertigen nicht die Annahme eines Mangels von zum Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts vermieteten Räumlichkeiten.
Die Gründe, die zu den angeordneten Nutzungs- und Betriebsbeschränkungen geführt haben, beruhen weder auf dem baulichen Zustand noch auf der Lage der Mietsache.
Ebenso wenig entfällt der Anspruch der Klägerin wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage.
Die Auswirkungen der COVID-19 Pandemie für den Einzelhandel sind zwar nicht vorhersehbar gewesen. Sie sind jedoch weder dem Risikobereich der Klägerin noch demjenigen der Beklagten zuzuordnen.
Es kann wegen der Unwägbarkeiten in Erwägung gezogen werden, dass die Nachteile solidarisch von beiden Parteien getragen werden. Eine solche Anpassung kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn das Festhalten am Vertrag für die Beklagte unzumutbar ist. Hierbei sind die konkreten Auswirkungen für beide Vertragsparteien zu berücksichtigen.
Nach Auffassung der Kammer war das Vorbringen der Beklagten nicht ausreichend, um das Festhalten am Vertrag als unzumutbar zu bewerten. Zum einen sind nicht sämtliche Mitarbeiter in Kurzarbeit gewesen. Zum anderen hat die Möglichkeit des Online-Handels bestanden.
Schließlich widerspricht das Verhalten der Beklagten auch den Grundsätzen eines ehrbaren Kaufmannes. Die Beklagte hat in ihrer Mitteilung über die Zahlungseinstellung gegenüber der Klägerin sowie ihren weiteren Vermietern unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, einseitig Risiken auf die Klägerin sowie die weiteren Vermieter abwälzen zu wollen, ohne - in Anbetracht der für alle Marktteilnehmer neuen Situation - nach einer konstruktiven Lösung zu suchen.
Unter Berücksichtigung dessen kann die Beklagte nach Auffassung der Kammer nicht erwarten, im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung eine Reduzierung der Mietzahlungsverpflichtung zu erreichen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Beklagte hat die Möglichkeit, Berufung beim OLG Oldenburg einzulegen.
Quelle: LG Osnabrück, Pressemitteilung v. 12.11.2021 (il)
Fundstelle(n):
EAAAH-94553