Online-Nachricht - Donnerstag, 11.11.2021

Erbschaftsteuer | Anwachsung eines KG-Anteils bei übersteigendem Abfindungsanspruch (BFH)

Ist der Abfindungsanspruch, der aufgrund des Ausscheidens eines Gesellschafters aus einer KG bei dessen Tod gegen die Gesellschaft entsteht, höher als der Wert des auf den fortsetzenden Gesellschafter übergegangenen Anteils der KG, wird kein negativer Wert des Erwerbs als Schenkung auf den Todesfall bei dem fortsetzenden Gesellschafter berücksichtigt. Dies gilt auch für den Fall, dass der fortsetzende Gesellschafter zugleich Erbe des ausgeschiedenen Gesellschafters ist (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG gilt als Schenkung auf den Todesfall auch der auf dem Ausscheiden eines Gesellschafters beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft bei dessen Tod auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Todes nach § 12 ErbStG ergibt, Abfindungsansprüche Dritter übersteigt.

Sachverhalt: Der Kläger ist neben seinen Geschwistern zu einem Viertel Miterbe nach seiner verstorbenen Mutter. Die Mutter und die vier Kinder waren als Kommanditisten zu jeweils 20 % an einer KG beteiligt. Entsprechend den Regelungen im Gesellschaftsvertrag wurde die KG von den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt und ein Abfindungsanspruch der Erben als feste Kapitalrücklage bilanziert. Der Steuerwert des auf den Kläger als Mitgesellschafter übergegangenen Kommanditanteils war niedriger als der auf ihn entfallende Abfindungsanspruch. Das Finanzamt berücksichtigte den Kommanditanteil im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung daher nicht. Der Kläger begehrte demgegenüber den Ansatz eines negativen Erwerbs. Der Abfindungsanspruch, der ihm als Erben als Erwerb von Todes wegen zugerechnet werde, sei korrespondierend auch in voller Höhe abzuziehen. Das FG Münster folgte dem nicht (; s. unsere Online-Nachricht v. 17.12.2018).

Der BFH wies die Revision des Klägers zurück:

  • Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG ist eindeutig. Er spricht nicht von einer Differenz zwischen dem Anteilswert am Todestag und den Abfindungsansprüchen Dritter, sondern bringt mit der Formulierung "übersteigen" zum Ausdruck, dass nur ein positiver Wert des Erwerbs steuerbar sein soll.

  • Nach diesen Maßstäben ist die Berücksichtigung eines negativen Erwerbs im Rahmen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG nicht möglich. Es fehlt an einer Regelungslücke. Dem Zweck der Vorschrift entspricht es, ihre Anwendung auf die Fälle zu beschränken, in denen eine objektive Bereicherung vorliegt. Eine teleologische Extension auf einen von ihrem Wortlaut nicht erfassten Sachverhalt, namentlich eine objektive Entreicherung, ist nicht vorzunehmen.

  • Für eine unterschiedliche Behandlung des Erwerbs je nachdem, ob jemand "nur" als Gesellschafter nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG erwirbt oder zugleich Erbe des ausscheidenden Gesellschafters ist, gibt es keine Grundlage.

Anmerkung von Prof. Dr. Matthias Loose, Richter im II. Senat des BFH:

Als Erwerb von Todes wegen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) gilt nicht nur der eigentliche Erwerb durch Erbanfall (§ 1922 BGB). § 3 ErbStG listet darüber hinaus eine Reihe weiterer Tatbestände auf, die wie ein Erwerb von Todes wegen der Besteuerung unterliegen. So gilt als vom Erblasser zugewendet nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG z. B. auch, was als Abfindung für einen Erbanfall gewährt wird. In Gesellschaftsverträgen von Personengesellschaften ist nicht selten geregelt, dass die Gesellschaft beim Tod eines Gesellschafters nur unter den übrigen Gesellschaftern, nicht aber mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters fortbestehen soll. Steht den Erben des verstorbenen Gesellschaftes dafür ein entsprechender Abfindungsanspruch zu, gehört er zum erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb von Todes wegen, sei es nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, sei es nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG.

Dies hat der BFH nun klargestellt, und zwar auch für den Fall, dass die Erben zugleich die Gesellschafter sind, die die Gesellschaft fortsetzen. Der Anteil des ausgeschiedenen Gesellschafters wachse ihnen dann auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage zu. Den Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft würden sie hingegen in ihrer Eigenschaft als Erben des verstorbenen Gesellschafters und Erblassers erwerben. Darüber hinaus könnten in einem solchen Fall die Voraussetzungen eines Erwerbs durch Schenkung auf den Todesfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 ErbStG) erfüllt sein, wenn der Wert des dem fortsetzenden Gesellschafter anwachsenden Anteils den Abfindungsanspruch übersteige. Ist der Abfindungsanspruch jedoch höher als der Wert des Anteilserwerbs, werde kein negativer Wert des Erwerbs berücksichtigt.

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
NWB GAAAH-94415