Versuchter sexueller Missbrauch von Jugendlichen: Unmittelbares Ansetzen bei Geldangebot zur Vornahme sexueller Handlungen
Gesetze: § 22 StGB, § 182 Abs 2 StGB, § 182 Abs 4 StGB
Instanzenzug: Az: 513 KLs 5/20
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten u.a. wegen Vergewaltigung und zahlreicher Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt und die Anordnung der Sicherungsverwahrung im Urteil vorbehalten. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Das Rechtsmittel des Angeklagten führt zur Aufhebung der Verurteilung wegen versuchten sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen nach § 182 Abs. 2 und 4 StGB (Tat 13) und insoweit zum Freispruch des Angeklagten. Die vom Angeklagten angestrebte Missbrauchstat hat die Schwelle zum strafbaren Versuch nicht überschritten.
3a) Nach den Urteilsfeststellungen unternahm der Angeklagte im Sommer 2013 eine Angeltour mit einem 15 Jahre alten Jugendlichen aus seinem Angelverein. Gegen Ende der Reise bot er ihm zunächst 50 und später 3.400 Euro für die Durchführung des Oralverkehrs an. Der Jugendliche lehnte das Ansinnen des Angeklagten ab. Weitere Anstalten, sein Ziel zu erreichen, unternahm der Angeklagte nicht.
4Danach fehlt es am unmittelbaren Ansetzen im Sinne des § 22 StGB zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 182 Abs. 2 StGB. Noch nicht tatbestandsmäßige Handlungen (hier: Angebot einer Geldzahlung) begründen eine Versuchsstrafbarkeit nur dann, wenn sie nach dem Tatplan der Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals so dicht vorgelagert sind, dass das Geschehen bei ungestörtem Fortgang ohne weitere Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung einmündet. Gemessen daran hat der Angeklagte noch nicht unmittelbar zu einer tatbestandlichen (sexuellen) Handlung im Sinne des § 182 Abs. 2 StGB angesetzt. Denn die Vornahme des Oralverkehrs an dem Jugendlichen war nach der Vorstellung des Angeklagten ersichtlich von der Bereitschaft des Opfers, sich auf das sexuelle Ansinnen des Angeklagten einzulassen, und damit von einem wesentlichen Zwischenakt abhängig (vgl. , StV 2014, 413, 414). Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung insoweit weitergehende Feststellungen getroffen werden könnten, und spricht den Angeklagten daher frei (§ 354 Abs. 1 StPO).
5b) Der Freispruch entzieht der für die Tat 13 verhängten Freiheitsstrafe von sechs Monaten die Grundlage. Der Gesamtstrafenausspruch wird hiervon nicht berührt. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht, das eine Einsatzstrafe von sechs Jahren und zahlreiche weitere mehrjährige Freiheitsstrafen festgesetzt hat, bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte (§ 337 Abs. 1 StPO).
62. Betreffend die Tat 14 ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der sexuelle Übergriff nach § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB im Vergleich zu dem zur Tatzeit geltenden § 179 Abs. 1 Nr. 2 StGB aF das mildere Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB ist. Dies hat es bei der Tenorierung jedoch nicht nachvollzogen und den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen schuldig gesprochen. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend gefasst.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:110521B5STR42.21.0
Fundstelle(n):
NAAAH-94109