Online-Nachricht - Donnerstag, 04.11.2021

Gesetzgebung | Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schriftformerfordernisses im Gewerbemietrecht (BMJV)

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat einen Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Neuregelung des Schriftformerfordernisses im Gewerbemietrecht veröffentlicht.

Hintergrund: Im Gewerbemietrecht besteht regelmäßig sowohl auf Mieter- als auch auf Vermieterseite das Bedürfnis, die Laufzeit eines Vertrages durch zeitliche Befristung verlässlich zu planen, insbesondere wenn eine Partei Investitionen vornehmen will. Häufig werden daher Zeitmietverträge abgeschlossen.

Sie sollen Planungssicherheit durch zwei typische Elemente gewährleisten: Zum einen endet das Mietverhältnis mit dem festgelegten Zeitablauf, ohne dass es einer Kündigung bedarf (§ 542 Absatz 2 BGB).

Zum anderen ist die ordentliche Kündigung während der Laufzeit ausgeschlossen (vgl. § 542 Absatz 1 BGB).

Wird der Mietvertrag aber für längere Zeit als ein Jahr geschlossen und dabei die Schriftform nicht eingehalten, gilt er gemäß § 578 Absatz 2 in Verbindung mit § 550 Satz 1 BGB für unbestimmte Zeit. Der Vertrag kann dann nach den gesetzlichen Vorschriften ordentlich gekündigt werden (§ 542 Absatz 1 BGB), erstmalig zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung der Mietsache (§ 578 Absatz 2 in Verbindung mit § 550 Satz 2 BGB). Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. etwa ) können sich nicht nur spätere Erwerber, sondern auch die ursprünglichen Parteien des Mietvertrages auf diese Regelung berufen.

Aus der Praxis der Gewerbevermietung werden wiederholt Probleme mit der Einhaltung des Schriftformerfordernisses berichtet. Das Interesse an verlässlichen Vertragslaufzeiten kann sich daher nicht in vollem Maße verwirklichen: Parteien eines auf Zeit abgeschlossenen Mietvertrages können sich aus taktischen Gründen auf eine Formunwirksamkeit wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis des § 550 BGB berufen, um sich so – vorzeitig – aus unliebsam gewordenen Verträgen zu befreien. Die veröffentlichten Entscheidungen der Gerichte deuten darauf hin, dass die Verträge regelmäßig nicht bereits bei ihrem Abschluss an einem Formmangel leiden, sondern erst durch spätere Änderungen. Sofern diese einen wesentlichen Vertragsteil betreffen, wird der Vertrag insgesamt formunwirksam und so ordentlich kündbar (vgl. ; seitdem ständige Rechtsprechung).

Der BGH hat Versuchen, dem Eintritt der Rechtsfolge mit sogenannten Schriftformheilungsklauseln vertragsgestaltend vorzubeugen, eine Absage erteilt (vgl. –, Rn. 34 ff.). Eine Änderung dieses unbefriedigenden Rechtszustandes ist daher nur durch Änderung der Regelungen zu den Formerfordernissen bei Gewerbemietverträgen zu erreichen.

Die geplanten Änderungen:

Der Entwurf differenziert zwischen dem Abschluss eines Mietvertrages einerseits und seiner späteren Änderung andererseits.

Für den Vertragsabschluss gilt dann – wie bisher – das Schriftformerfordernis. Wird es nicht beachtet, gilt der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Ein solches Mietverhältnis kann ordentlich gekündigt werden. So haben die Mietparteien und ein etwaiger Erwerber weiterhin die Möglichkeit, den formunwirksam geschlossenen und damit auf unbestimmte Zeit geltenden Mietvertrag mit Wirkung für die Zukunft zu beenden.

Für die rechtsgeschäftliche Änderung des Mietvertrages soll künftig nur noch Textform erforderlich sein. Damit bleibt das Erfordernis, eine bestimmte Form einzuhalten, bestehen, um auch insoweit einem etwaigen Erwerber die Ermittlung der geänderten oder ergänzten Rechte und Pflichten zu ermöglichen. Es wird jedoch an die Möglichkeiten und Gepflogenheiten der Gegenwart angepasst. Dem historischen Gesetzgeber stand vor über 100 Jahren zur Verwirklichung dieses Ziels nur die Schriftform zur Verfügung. Die im Jahre 2001 in das BGB eingeführte Textform eignet sich jedoch besser für Änderungen des Mietvertrages, da auch sie die ausreichende Dokumentation des Vertragsinhalts zum Schutz des Erwerbers bewirkt, aber auch dem Umstand Rechnung trägt, dass im laufenden Mietverhältnis die Schriftform für Änderungen nicht immer beachtet wird. In der Praxis finden sich auf Nachträgen häufig nur die Unterschrift einer Vertragspartei, während die andere durch separates Dokument zustimmt. Zur Schriftform gehört jedoch, dass die Urkunde von den Vertragsparteien eigenhändig unterzeichnet wird und die beiderseitigen Unterschriften den gesamten Vertragsinhalt decken und den Vertragstext räumlich abschließen, also unterhalb des Textes stehen und damit äußerlich die urkundliche Erklärung vollenden (ständige Rechtsprechung, zuletzt ).

Ferner soll ein Verstoß gegen das Formerfordernis bei einer Änderung nicht mehr den gesamten Vertrag erfassen: Die Nichtbeachtung der gesetzlichen Textform soll fortan die Nichtigkeit nach sich ziehen (§ 125 Satz 1 BGB), allerdings nur in Bezug auf die Änderung. Der Bestand des zugrundeliegenden Mietvertrages soll daher ebenso gesichert bleiben wie seine zeitliche Befristung.

Hinweis:

Der Diskussionsentwurf ist auf der Homepage des BMJV veröffentlicht. Es besteht die Möglichkeit, bis zum zu dem Diskussionsentwurf Stellung zu nehmen.

Quelle. BMJV online, Meldung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB AAAAH-94054