Einkommensteuer | Teilwertzuschreibung von Fremdwährungsverbindlichkeiten I (BFH)
Eine Teilwertzuschreibung wegen voraussichtlich dauernder Werterhöhung von Verbindlichkeiten aus Fremdwährungsdarlehen ist zulässig, wenn der Euro-Wert gegenüber der Fremdwährung aufgrund einer fundamentalen Änderung der wirtschaftlichen oder währungspolitischen Daten der beteiligten Währungsräume gesunken ist (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Mit dem (höheren) Teilwert kann eine Verbindlichkeit nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG in entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG angesetzt werden, wenn dieser aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertveränderung höher ist als der ursprüngliche Rückzahlungsbetrag.
Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Sie ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich.
Die Klägerin hatte 1999 ein Fremdwährungsdarlehen in Schweizer Franken zu einem Umrechnungskurs von 1,61 CHF/€ aufgenommen. In ihrer Handelsbilanz für das Jahr 2010 legte sie bei der Bewertung des Darlehens einen Wechselkurs von 1 € zu 1,24645 CHF zugrunde. In der Feststellungserklärung für 2010 wurde die Handelsbilanz gem. § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV an die steuerlichen Vorschriften angepasst. Das Finanzamt erkannte die Teilwertzuschreibung nicht an. Das FG hat der Klage stattgegeben (). (s. hierzu Lieber in IWB 1/2019 S. 2)
Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen:
Das FG hat zu Recht die geltend gemachte Teilwertzuschreibung anerkannt.
Fremdwährungsverbindlichkeiten sind grundsätzlich mit dem Rückzahlungsbetrag zu bewerten, der sich aus dem Wechselkurs der Fremdwährung - dem Preis einer Einheit der betreffenden ausländischen Währung in Euro - im Zeitpunkt der Aufnahme (Einstandskurs) des betreffenden Darlehens ergibt (vgl. , Rz. 19 und , Rz. 11).
Der Rückzahlungsbetrag ändert sich jedoch, wenn sich der Wechselkurs der Währung, die einer Fremdwährungsverbindlichkeit zugrunde liegt, ändert. Erhöht sich der Wechselkurs, so erhöht sich auch der Rückzahlungsbetrag und damit auch der Teilwert der Verbindlichkeit (, Rz. 20).
Entsprechend einer voraussichtlich dauernden Wertminderung bei Wirtschaftsgütern des Aktivvermögens ist eine voraussichtlich dauernde Werterhöhung von Verbindlichkeiten dann anzunehmen, wenn deren Teilwert nachhaltig über den Buchwert gestiegen ist. Das ist der Fall, wenn aus der Sicht des Bilanzstichtages aufgrund objektiver Anzeichen ernstlich mit einem langfristigen Anhalten der Werterhöhung gerechnet werden muss
Ob bei Fremdwährungsverbindlichkeiten eine Veränderung des Wechselkurses zum Bilanzstichtag eine voraussichtlich dauernde Wertänderung darstellt, hängt maßgeblich von der Laufzeit der Verbindlichkeit ab. Für langfristige Fremdwährungsverbindlichkeiten, deren Restlaufzeit zum maßgeblichen Bilanzstichtag noch mindestens zehn Jahre beträgt, ist bereits entschieden, dass danach nicht jede Kursveränderung als dauerhafte Wertänderung anzusehen ist. Denn es kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass sich entstandene Währungsschwankungen in der vorhandenen Restlaufzeit ausgleichen (, Rz. 21 ff.).
Liegen allerdings Tatsachen vor, die eine dauerhafte Veränderung der Wechselkurse begründen, so kann dies eine Teilwertzuschreibung auch bei langfristigen Fremdwährungsverbindlichkeiten rechtfertigen (vgl. , Rz. 31).
Ändern sich wirtschaftliche und/oder finanzpolitische Daten im Verhältnis des Euro zu einem anderen Währungsraum in fundamentaler Weise, so kann eine daraus resultierende Änderung des Wechselkurses bei Fremdwährungsverbindlichkeiten zu einer Teilwertzuschreibung berechtigen (dazu bereits , Rz. 31).
Eine solche Änderung ist anzunehmen, wenn sich die Verhältnisse zwischen den betroffenen Währungsräumen aus Sicht des Bilanzstichtages so außerordentlich und nachhaltig geändert haben, dass nicht angenommen werden kann, der Wechselkurs zu dem Zeitpunkt der Eingehung der Verbindlichkeit werde sich ohne Weiteres wieder einstellen.
Dies gilt für alle Fremdwährungsdarlehen, d. h. unabhängig davon, ob es sich um ein Darlehen mit unbestimmter oder mit bestimmter Restlaufzeit handelt und ob die Restlaufzeit mindestens zehn Jahre oder weniger beträgt.
Anmerkung von Walter Bode, Richter im IV. Senat des BFH:
In der Bilanz sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG bewertete Verbindlichkeiten in Euro anzusetzen, auch wenn es sich dabei um Fremdwährungsverbindlichkeiten handelt. Diese sind grundsätzlich mit dem Rückzahlungsbetrag zu bewerten, der sich aus dem Wechselkurs der Fremdwährung - dem Preis einer Einheit der betreffenden ausländischen Währung in Euro - im Zeitpunkt der Aufnahme (Einstandskurs) des betreffenden Darlehens ergibt. Erhöht sich der Wechselkurs der Währung, die einer Fremdwährungsverbindlichkeit zugrunde liegt, und erhöht sich damit der Rückzahlungsbetrag, so kann sich ein höherer Teilwert der Verbindlichkeit ergeben, wenn von einer voraussichtlich dauernden Werterhöhung der Verbindlichkeit auszugehen ist. Das ist der Fall, wenn aus der Sicht des Bilanzstichtages aufgrund objektiver Anzeichen ernstlich mit einem langfristigen Anhalten der Werterhöhung gerechnet werden muss.
Bei langfristigen Fremdwährungsverbindlichkeiten ist dies jedoch eher nicht der Fall. Hier geht der BFH davon aus, dass sich entstandene Währungsschwankungen in der Restlaufzeit grundsätzlich ausgleichen. Liegen allerdings Tatsachen vor, die eine dauerhafte Veränderung der Wechselkurse begründen, so kann dies eine Teilwertzuschreibung auch bei langfristigen Fremdwährungsverbindlichkeiten rechtfertigen. Im Besprechungsfall hat der BFH die insoweit maßgeblichen Umstände präzisiert. Danach kann eine voraussichtlich dauernde Wertveränderung nicht auf zufällige Wertschwankungen am Bilanzstichtag oder - wie der BFH angesichts der Schwankungsbreiten zwischen dem Euro-Raum einerseits und den verschiedenen globalen Währungsräumen andererseits ausgeführt hat, worauf aber das FG abgestellt hatte - auf Kursschwankungen innerhalb einer bestimmten Bandbreite gestützt werden. Ändern sich jedoch wirtschaftliche und/oder finanzpolitische Daten im Verhältnis des Euro zu einem anderen Währungsraum in fundamentaler Weise, kann eine daraus resultierende Änderung des Wechselkurses bei Fremdwährungsverbindlichkeiten zu einer Teilwertzuschreibung berechtigen, wenn damit sowohl bei Fremdwährungsdarlehen mit einer langen Restlaufzeit von mindestens zehn Jahren als auch bei Verbindlichkeiten mit einer kürzeren Restlaufzeit die Annahme, dass eine eingetretene Währungsschwankung sich zum Ende der Laufzeit der Verbindlichkeit wieder aufgelöst haben werde, widerlegt wird. Die vorzunehmende Prognoseentscheidung über Umfang und Dauer der Wertveränderung gehört zu den revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Tatsachenfeststellungen des FG; die Feststellunglast für die tatsächlichen Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung trifft dabei den Steuerpflichtigen. Kursänderungen sowie Entscheidungen wirtschaftlicher oder währungspolitischer Art sind als wertbegründende Tatsachen nur bis zum jeweils maßgeblichen Bilanzstichtag zu berücksichtigen.
Quelle: ; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
RAAAH-93555