RennwLottG | Keine Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit der Besteuerung von Sportwetten I (BFH)
§ 17 Abs. 2 RennwLottG verstößt weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Europarecht (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union. Sie veranstaltete im Streitzeitraum Juli 2012 Sportwetten u.a. in der Bundesrepublik Deutschland und war im Besitz einer entsprechenden Lizenz zur Durchführung von Wettgeschäften. Gegen die Anmeldung der Sportwettensteuer legte die Klägerin Einspruch ein, der als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Ihre dagegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (Vorinstanz: ):
Das RennwLottG fällt in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 72 Abs. 2 GG.
Soweit die Klägerin unter Berufung auf die Rechtsprechung des , BStBl II 2005, 56 auf das Vorliegen eines strukturellen Vollzugsdefizits hinweist, führt dies nicht zur Verfassungswidrigkeit der Steuerfestsetzung. Den tatsächlichen Feststellungen des FG lassen sich keine Tatsachen entnehmen, die auf das Vorliegen eines normativ bedingten strukturellen Vollzugsdefizits schließen lassen. Aus dem FG-Urteil ergeben sich insbesondere keine Feststellungen dazu, dass die für die Sportwettenbesteuerung zuständigen Landesfinanzbehörden illegale Anbieter dulden oder nicht zur Besteuerung heranziehen. Ebenso lässt sich den Feststellungen des FG nicht entnehmen, dass (Online-)Veranstalter aus anderen EU-Mitgliedstaaten die Sportwettensteuer nicht termingerecht anmelden und abführen und es dadurch zu Steuerausfällen aufgrund eines defizitären Gesetzesvollzugs kommt.
Es liegt auch keine europa- oder völkerrechtswidrige Doppelbesteuerung vor. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die im EU-Mitgliedstaat A geleisteten Abgaben als auch unter Berücksichtigung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL und von Art. 401 MwStSystRL.
Eine ungerechtfertigte Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs (Art. 56 AEUV) liegt ebenso wenig vor. Selbst wenn man eine mittelbare Diskriminierung der Klägerin annehmen würde, ist die darin liegende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit gerechtfertigt, weil sie der Verfolgung zwingender Gründe des Allgemeininteresses dient. Dazu zählen der Verbraucherschutz, die Betrugsvermeidung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für Glücksspiele. Zur Erreichung dieser Ziele ist die Sportwettensteuer geeignet, weil sie die Teilnahme verteuert. Aufgrund ihrer moderaten Höhe ist sie aber gleichzeitig geeignet, den Weg in die glücksspielrechtliche Legalität nicht zu versperren und den Spielern ein legales und staatlich überwachtes Angebot zur Verfügung zu stellen.
Wie das FG ausgeführt hat, liegt auch kein Verstoß gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht aus der EGRL 98/34 vor.
Da sich weder europarechtliche Zweifel auftun noch der Senat von der Verfassungswidrigkeit der streitigen Regelungen des RennwLottG überzeugt ist, erübrigen sich sowohl eine Vorlage an den EuGH als auch an das BVerfG.
Anmerkung von Dr. Nils Trossen, Richter im IX. Senat des BFH:
Die Frage der Vereinbarkeit der Besteuerung von Sportwetten mit Verfassungs- und Europarecht war seit Inkrafttreten der Sportwettenbesteuerung zum umstritten. Seinerzeit hatte der Gesetzgeber die Beschränkung von Sportwetten im Inland auf öffentliche Anbieter ("Oddset") aufgegeben und (erstmals) private Anbieter auf dem Sportwettenmarkt zugelassen. Im Gegenzug wurde eine Sportwettenbesteuerung in Höhe von 5 % des Wetteinsatzes eingeführt.
Mit der Entscheidung klärt der BFH, dass die Sportwettenbesteuerung formell und materiell verfassungsgemäß ist. Eine Verletzung der europarechtichen Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV liegt nicht vor. Auch gegen die Pflicht zur Notifizierung von Regelungen bei der EU-Kommission aufgrund der Notifizierungsrichtlinie war nicht verstoßen worden.
Mittlerweile hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem die Glückspielbesteuerung erneut neu gefasst (Gesetz zur Änderung des Rennwett- und Lotteriegesetzes und der Ausführungsbestimmungen zum Rennwett- und Lotteriegesetz vom , BGBl I 2021, 2065). Neben Pferderennwetten, Lotterien und Sportwetten sind jetzt auch Online-Poker und Online-Casinos von der Besteuerung umfasst.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
KAAAH-93044